Neue Therapieoption für fortgeschrittenes TNBC und SCLC zugelassen
Atezolizumab hat als Kombinationspartner mit Chemotherapie die Zulassung zur Erstlinienbehandlung des triple-negativen Mammakarzinoms (TNBC) sowie des kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLS) erhalten. Damit ist der PD-L1-Inhibitor bei beiden Erkrankungen das erste Krebs-Immuntherapeutikum. Mit der Behandlung wird Patienten eine Verlängerung der Überlebenszeit ermöglicht.
Die Effektivität von Atezolizumab (Tecentriq®) bei Patientinnen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem TNBC zeigte die randomisierte Phase-III-Studie IMpassion130. In der kürzlich präsentierten zweiten Interimsanalyse [1] verlängerte der Checkpoint-Inhibitor in Kombination mit nab-Paclitaxel das Gesamtüberleben (OS) gegenüber Chemotherapie und Placebo um sieben Monate (25 vs. 18 Monate im Placeboarm). Dies entspricht einer Verringerung des Sterblichkeitsrisikos um knapp 30%.
Dieser Vorteil im medianen OS wurde in der Subgruppe beobachtet, bei der die PD-L1-Expression auf tumorinfiltrierenden Immunzellen (IC) ≥ 1% der Tumorfläche betrug. Die PD-L1-Expression ist für die Wirksamkeit von Atezolizumab beim TNBC der entscheidende prädiktive Marker, betonte Prof. Andreas Schneeweiss, Heidelberg. Zur Bestimmung der Expression sind Gewebe vom Primärtumor oder einer Metastase geeignet. Um für die Immuntherapie zu qualifizieren, muss dann eine zytoplasmatische Färbung von mindestens 1% der infiltrierenden IC (Lymphozyten, Makrophagen, Plasmazellen oder Granulozyten) nachweisbar sein.
Wie die Studie weiter zeigte, waren über die Hälfte der mit Atezolizumab behandelten PD-L1-IC-positiven Studienteilnehmerinnen nach zwei Jahren noch am Leben (51% vs. 37% im Placeboarm). In der Intention-to-treat (ITT)-Population wurde ein medianes OS von 21 Monaten unter der Kombination mit Atezolizumab dokumentiert gegenüber 18,7 Monaten unter Placebo. Auch das Progressionsrisiko konnte unter Atezolizumab positiv beeinflusst werden: Das progressionsfreie Überleben verlängerte sich bei PD-L1-IC-positiven Frauen gegenüber Placebo signifikant von median 4,96 auf 7,46 Monate (Hazard Ratio 0,62, d. h. Reduktion des Risikos für Progression oder Tod um 38%).
Wie Schneeweiss weiter ausführte, ist IMpassion130 die erste Phase-III-Studie, die einen signifikanten und klinisch bedeutsamen Vorteil einer Immuntherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor beim metastasierten TNBC belegt. Atezolizumab plus nab-Paclitaxel bilden daher einen neuen Standard für die Erstlinientherapie dieses Subtyps des Mammakarzinoms. Zwar geht die Therapie auf Kosten einer Zunahme von Nebenwirkungen, die aber in der Regel gut beherrschbar sind und die Lebensqualität nicht einschränken.
Erste Immuntherapie beim SCLC
Auch beim kleinzelligen Lungenkarzinom im fortgeschrittenen Stadium („Extensive Stage“, ES-SCLC) ist Atezolizumab das erste zugelassene Krebs-Immuntherapeutikum. Grundlage dafür lieferte die Phase-III-Studie IMpower133 [2], in der die Effektivität von Atezolizumab in Kombination mit der Standardchemotherapie aus Etoposid und Carboplatin gegenüber Placebo plus Chemotherapie untersucht wurde.
Durch die zusätzliche Gabe von Atezolizumab verringerte sich das Sterblichkeitsrisiko gegenüber der alleinigen Chemotherapie signifikant um 30%. Die mediane Gesamtüberlebenszeit (OS) erhöhte sich unter dem Checkpoint-Inhibitor von 10,3 Monaten in der Placebogruppe auf 12,3 Monate. Nach einem Jahr waren im Atezolizumab-Arm noch 51,7%, im Vergleichsarm lediglich 38,2% der Patienten am Leben.
Gegenüber der alleinigen Chemotherapie reduzierte die Kombinationsbehandlung das Risiko für Progression oder Tod signifikant um 23%. Das mediane PFS betrug 5,2 Monate im Vergleich zu 4,3 Monaten unter Placebo. In der Atezolizumab-Gruppe lag der Anteil der progressionsfreien überlebenden Patienten nach einem Jahr bei 12,6% gegenüber 5,4% im Placeboarm. Dabei erwiesen sich die objektiven Ansprechraten (ORR) in beiden Gruppen als vergleichbar: 60,2% unter Atezolizumab und 64,4 % unter alleiniger Chemotherapie.
Wie PD Dr. Niels Reinmuth, München, ausführte, wurde mit den Ergebnissen von IMpower133 der erste Durchbruch in der Erstlinientherapie des SCLC seit über 20 Jahren geschafft. Denn seit zwei Jahrzehnten habe es keine positiven Therapiestudien zum ES-SCLC mehr gegeben. Im Gegensatz zum TNBC gibt es beim SCLC bisher keine verwertbaren Biomarker. So ist die Prävalenz von SCLC-Tumoren mit PD-L1-Expression gering, ein prädiktiver Wert konnte nicht belegt werden.
Ralph Hausmann
Pressekonferenz „Zulassungserweiterung für Tecentriq: Neue Perspektiven für Patienten mit SCLC und TNBC“ am 23.08.2019 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Roche Pharma, Grenzach-Wyhlen.