150 Jahre Fiebertherapie – quo vadis?
Experimentelle Krebstherapien vor mehr als 100 Jahren mit injizierten, Fieber erzeugenden bakteriellen Extrakten führten in nicht wenigen Fällen zu zum Teil spektakulären Heilungen. Die molekularen Mechanismen, die für diese Remissionen verantwortlich waren, blieben allerdings lange unverstanden. Aus heutiger Sicht ist zu vermuten, dass pathogene Gefahrensignale aus den Extrakten zu einer Aktivierung von dendritischen Zellen führen, die nicht nur eine Aktivierung von pathogenspezifischen, sondern als Nebeneffekt auch von tumorspezifischen T-Zellen bewirkt. Mit einem besseren Verständnis der immunologischen Zusammenhänge und besseren Möglichkeiten der Verlaufskontrolle sollte es nicht unmöglich sein, an die alten Erfolge anzuknüpfen.
Schlüsselwörter: PAMP, Krebsimmuntherapie, Fiebertherapie
1916 entdeckte Peyton Rous, dass Viren Krebs induzieren können. Beispielsweise ruft das später nach ihm benannte Rous-Retrovirus Sarkome bei Hühnern hervor. Über Jahrzehnte blieb Krebs jedoch biologisch ein Rätsel – bis in die 1970er-Jahre wusste man nichts Genaues über die molekularen Mechanismen, die zu Krebserkrankungen führen. Es war lediglich bekannt, dass als Onkogene bezeichnete virale Gene eine entscheidende Rolle bei der Transformation virusinfizierter Zellen spielen. 1976 zeigten Varmus und Bishop, dass es sich bei dem vSrc-Onkogen des Rous-Virus nicht um ein originär virales Gen, sondern um ein normales zelluläres Gen namens c-Src im Genom von Wirbeltieren handelt, das das Virus irgendwann im Laufe der Evolution über horizontalen Gentransfer aufgegriffen hat [1].
Diese Arbeiten, für die Varmus und Bishop 1989 den Nobelpreis erhielten, stellten das Modell des von außen (viral oder chemisch) induzierten Krebsgeschehens auf den Kopf. Mit der Entdeckung der körpereigenen Proto-Onkogene wurde Krebs zu einer Krankheit, die sich ohne Einflüsse von außen manifestieren kann. Fortan verfestigte sich das Modell des Krebses als einer genetischen Krankheit, die durch Fehler im Genom einiger Zellen entsteht.
Heute ist die Zahl der Onkogene – einschließlich der Tumorsuppressor-Gene – dreistellig. Robert Weinberg schreibt im Vorwort seiner Krebsbibel für Molekularbiologen „The Biology of Cancer“ (2. Auflage 2014): „Die Literatur zur Pathogenese von Krebs ist [seit 1975] exponentiell auf Millionen Publikationen angewachsen. So viel Information sollte ein reiner Segen sein – mehr zu wissen ist immer besser als weniger zu wissen. In Wahrheit repräsentiert [die Fülle] einen beschämenden Reichtum. Wir scheinen zu viel zu wissen und haben es schwer, die Krebsforschung in Form eines einzelnen kohärenten Wissenskörpers zu konzeptualisieren. Stattdessen handelt es sich um einen Fleckenteppich von Entdeckungen, die nur vage miteinander zu tun haben.“
Weinberg selbst hatte 2000 in einer vielzitierten Publikation versucht, mit den sechs „Hallmarks of cancer“ etwas Ordnung zu schaffen [2]. Er definierte sechs Merkmale, die sich die meisten oder alle Krebserkrankungen im Laufe ihrer Entwicklung angeeignet hätten, nämlich
• unbegrenztes Teilungspotential,
• Neurekrutierung einer unabhängigen Blutversorgung,
• Stilllegung der Apoptose,
• Unabhängigkeit von externen Wachstumsfaktoren,
• Unempfindlichkeit gegen das Wachstum bremsende Signale aus dem umliegenden Gewebe und
• Gewebeinvasion und Metastasierung.
Allen sechs Merkmalen ist gemeinsam, dass sie das Resultat genomischer Instabilität sind. Erstaunlich ist, dass das Immunsystem keine Rolle zu spielen scheint, obwohl im Verlauf von über hundert Jahren mehr als tausend Fallstudien zu Spontanremissionen bei Krebs publiziert worden waren [3].
2011, in einer Publikation mit dem Titel „Hallmarks of Cancer: The Next Generation" [4] aktualisierte Weinberg die Liste um zwei weitere Merkmale, nämlich die
• Reprogrammierung des Energie-Metabolismus (ebenfalls genetisch bedingt) sowie die
• Umgehung der Abwehr des Immunsystems.
Die durch die Arbeiten von Varmus und Bishop aufgekeimte und bis in die 1990er-Jahre anhaltende Hoffnung, dass man Krebs auf einige wenige zelluläre Schalter zurückführen könne und damit einige wenige potentielle Angriffspunkte für Medikamente gefunden wären, hat sich insbesondere mit der Entwicklung der schnellen Sequenziertechniken in der letzten Dekade zerschlagen. In einer vergleichenden genetischen Untersuchung von 566 Darmkrebs-Erkrankungen fand man nicht einen einzigen genetischen Fingerabdruck, also eine Kombination von defekten Genen, die allen Proben gemeinsam gewesen wäre [5]. In manchen Tumoren ist keines der kanonischen Onkogene oder Tumorsuppressor-Gene defekt [6]. Tumorzellen in einem Patienten können tausende somatische Mutationen tragen, die sich sowohl von Zelle zu Zelle unterscheiden als auch im zeitlichen Verlauf der Krankheit [7]. Die acht gemeinsamen Kennzeichen eines Krebses können durch eine unüberschaubar unterschiedliche Kombination von Gendefekten hervorgerufen werden. Diese Diversität und insbesondere die genetische Drift über die Zeit (Anpassungsfähigkeit, Rezidive) wird auch moderne Ansätze vor Probleme stellen, bei denen man versucht, Krebspatienten zunächst genetisch zu stratifizieren, um dann eine passende Medikamentenkombination zu bestimmen.
Unbestritten können zytotoxische Therapien Zeit kaufen. Die 5-Jahres-Überlebensraten der meisten Krebsformen haben sich in den letzten Jahrzehnten erhöht. Anders sieht es mit der Heilung aus, die man in Form der Krebsmortalität messen kann. Die Krebsmortalität in England beispielsweise nahm zwischen den frühen 1970er-Jahren und 2016 nur um 16% ab (www.cancerresearch.uk). Ein Teil dieser Verringerung der Mortalität geht noch nicht einmal auf das Konto besserer Therapien, sondern ist das Resultat von verringertem Rauchen, besserer Diagnosetechniken, die es erlauben, Neoplasmen im Frühstadium zu erkennen und zeitnah zu entfernen, sowie verbesserter chirurgischer Techniken.
Im Folgenden möchte ich das achte Weinberg’sche Krebsmerkmal, die Umgehung der Abwehr des Immunsystems, genauer betrachten, um zu begründen, dass die Immuntherapie mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht ausgelotetes Heilpotential birgt.
Coleys Fiebertherapie
Die Erfindung der Fiebertherapie wird im Allgemeinen William Coley (1862–1936) zugesprochen. Tatsächlich ist der erste in einer Zeitschrift von Rang und Verbreitung publizierte Versuch einer Fiebertherapie von Wilhelm Busch aus Bonn durchgeführt worden, der seine Beobachtung in einer Notiz in einer Ausgabe der Berliner Klinischen Wochenschrift 1868 publizierte (Originaltext s. Box 1). Auch er war nicht der erste, der einen Zusammenhang zwischen heftigen fiebrigen Infekten und der „spontanen“ Remission einer Krebserkrankung beobachtet hatte. Deidier berichtete in einer Dissertation von 1725, dass mit Syphilis infizierte Prostituierte kaum Krebs bekämen [8]. Laut Stephen Hall [9] berichtete Wenceslaus de Krzowitz 1783 das Verschwinden eines Brustkrebses durch Malaria, und Arsene Vautier schilderte 1813 mehrere Fälle des Verschwindens von Krebs nach Wundbrand. A. Didot reklamierte vor der Royal Academy in Brüssel 1851 die erfolgreiche Behandlung von Krebskranken durch Syphilis-Infektion. Der russische Arzt Anton Chekhov schrieb über die heilende Wirkung von Erysipelas bezüglich Krebs [10]. Fehleisen in Würzburg [11], Richter in Berlin [12, 13] und Bruns in Tübingen [14] versuchten, die Busch-Fiebertherapie aufzugreifen, mit gemischtem Erfolg.
Coley konnte deutsche Fachzeitschriften lesen, und es ist zu vermuten, dass ihm die betreffenden Arbeiten bekannt waren.
Coleys Verdienst war es, sich von den gefährlichen Lebendbakterien abzuwenden und stattdessen porzellanfiltrierte oder hitzesterilisierte Streptokokken-Extrakte zu verwenden. Bis zu seinem Tode 1936 behandelte er hunderte von Krebspatienten, nach Möglichkeit über Wochen und Monate mit zwei bis drei Fieberstößen pro Woche. Seine Arbeiten, die unter erheblichem Druck standen (s. Box 2), sind mehrfach in umfangreichen Übersichtsartikeln analysiert worden [15–17].
Ohne Zweifel bewirkten er und seine Zeitgenossen (s. Box 3) spektakuläre Heilungen sogar bei raumgreifenden Spätstadien: Starnes zufolge erzielte Coley eine 5-Jahres-Überlebensrate in nicht bestrahlten inoperablen Fällen von mindestens 44% (121 Sarkome, 43 Karzinome und Myelome, sechs Melanome; weitere Patienten konnten nicht die gesamten fünf Jahre verfolgt werden; [17]). Filtert man die Patienten mit inoperablen Weichgewebesarkomen heraus, bei denen die Behandlung sechs Monate oder länger dauerte, kommt man auf 5-Jahres-Überlebensraten von erstaunlichen 80% [16]. Es gab allerdings auch nicht wenige Misserfolge. Nach Coleys Tod geriet sein Verfahren weitgehend in Vergessenheit, denn der Mechanismus der Fiebertherapie blieb unverstanden, die Therapie war zeitaufwendig (s. Box 4), die Extrakte variierten in ihrer Wirksamkeit, und allgemeine Vorbehalte gegen Fieber waren verbreitet und sind es bis heute.
Eine immunologische Erklärung: PAMP
Sowohl den erfolgreichen Fiebertherapien à la Busch-Coley als auch dem häufigen zeitlichen Zusammenhang zwischen einem fiebrigen Infekt und einer Spontanremission [3, 18] sowie der Krebsprotektion durch eine Anamnese mit fiebrigen Infekten [19, 20] liegt wahrscheinlich die Wirkung einer speziellen Klasse von pathogenen Gefahrensignalen zugrunde, den PAMP-Substanzen (Pathogen-Associated Molecular Pattern; [19]) mit dem bekanntesten Vertreter Lipopolysaccharid (LPS). PAMP binden an Toll-like-Rezeptoren (TLR oder PAMP-Rezeptoren).
PAMP-Rezeptoren finden sich hauptsächlich auf professionellen Antigen-präsentierenden Zellen wie dendritischen Zellen (DC) und Makrophagen. Diese Immunzellen patrouillieren an der Schnittstelle zwischen innatem und adaptivem Immunsystem und sammeln sowohl PAMP als auch pathogene Antigene und Tumorantigene auf. PAMP-Substanzen wie LPS, Flagellin, virale DNA und RNA sowie Mistel-Lektin sind die stärksten Aktivatoren von DC. PAMP wirken synergistisch [21]: Einzelne PAMP, metronomisch im Maus-Krebsmodell appliziert, können eine Verlangsamung des Tumorwachstums bewirken, mehrere PAMP kombiniert eine vollständige Remission [20].
Nur wenn PAMP und Antigen gleichzeitig vorhanden sind, kommt es zur Reifung der DC, die sie in die Lage versetzt, T-Zellen zu aktivieren (Lizensierung). Während und nach der Reifung exprimieren DC ko-stimulatorische Rezeptoren wie CD80 und CD8, den Rezeptor CCR7, der die Migration der DC durch die Lymphbahnen in die lokalen Lymphknoten bewirkt, sowie Adhäsionsmoleküle für T-Zellen wie DC-SIGN. Antigenpräsentierende MHC-Rezeptoren auf den DC werden verstärkt produziert, Chemokine wie CCL18 ausgeschüttet. Nur im Konzert dieser dendritischen Signale ist eine Aktivierung Antigen-spezifischer T-Zellen und ihre klonale Expansion möglich. Subtypen von T-Zellen und B-Zellen erlangen, sofern sie regelrecht durch DC aktiviert sind, selbst die Fähigkeit, TLR zu exprimieren und damit die Möglichkeit, PAMP zu interpretieren. Diese TLR-Expression ist transient und wird nach wenigen Tagen herunterreguliert, es sei denn, die Stimulation durch PAMP hält an [22, 23]. Möglicherweise handelt es sich bei der TLR-Expression in T- und B-Zellen um zusätzliche Kontrollpunkte, die es ermöglichen, die Immunreaktion nach einem Infekt herunterzufahren [21]. Jedenfalls lassen diese Befunde vermuten, dass man, um einen proliferativen Infekt zu simulieren, PAMP permanent zuführen muss – genau das hat Coley intuitiv richtig praktiziert.
In vielen Krebspatienten können tumorspezifische T-Zellen nachgewiesen werden, und Neoplasmen sind demzufolge nicht unsichtbar für das Immunsystem. Diese T-Zellen sind jedoch regelmäßig anerg. Anergie kann sich bei chronischen Infekten einstellen, wenn über lange Zeiträume gleichbleibend geringe Mengen von Antigen vorhanden sind, oder wenn Antigen ohne PAMP vorhanden ist – der Regelfall bei Krebs – oder durch den Einfluss regulatorischer deaktivierender T-Zellen (Treg; [24]), die häufig von Tumoren rekrutiert werden.
T-Zell-Anergie wie auch die Suppression durch Tregs sind reversibel, wenn PAMP ins Spiel kommen [25–27]. PAMP sind im Spiel bei Spontanregressionen nach einem heftigen fiebrigen Infekt oder bei Coleys Fiebertherapie mit bakteriellen Extrakten. Sie könnten auch eine Rolle bei der Vernichtung von Krebs-Vorläuferzellen durch einen fiebrigen Infekt spielen, die – so die Vermutung – die Ursache für die prophylaktische Wirkung von Infekten ist [28]. Es ist anzunehmen, dass PAMP die molekulare Erklärung für die Erfolge der alten Fiebertherapie sind, denn sie ermöglichen die reguläre Involvierung des innaten Immunsystems für eine vollständige Immunantwort.
Zusammengefasst versuchen wir mit der PAMP-Therapie eine vorliegende, aber für sich allein zu schwache tumorspezifische Immunantwort zu verstärken. Aus theoretischen Erwägungen sind insbesondere zwei Aspekte zu unterstreichen, die bei einer PAMP-Therapie zu berücksichtigen sind: die Verabreichung eines PAMP-Cocktails, um synergistische Wirkungen zu erzielen, sowie die hoch getaktete Applikation mehrmals pro Woche.
PAMP-Immuntherapie
Bakterielle Extrakte können heute aufgrund möglicher Schwankungen der Inhaltsstoffe bei der Produktion in Fermentern kaum noch zugelassen werden. Um dieses Problem zu umgehen, haben wir vorgeschlagen, zugelassene Medikamente off-label zu verwenden, die laut Beipackzettel mit großer Wahrscheinlichkeit PAMP enthalten und bei denen Fieber als Nebenwirkung beschrieben ist [29, 30]. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Mistelextrakte mit dem PAMP Mistel-Lektin (Iscador®, Abnoba®, Helixor®), Colibiogen (metabolische Produkte von Escherichia coli laves, zur Krebstherapie zugelassen, derzeit Lieferprobleme), Picibanil (lyophilisierte Streptococcus pyogenes, zur Krebstherapie zugelassen), Strovac (inaktivierte Escherichia coli, Morganella morganii, Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae, Enterococcus faecalis), Polyvaccinum forte (Polen, inaktivierter Extrakt aus Staphylococcus aureus, Staphylococcus epidermidis, Streptococcus salivarius, Streptococcus pneumoniae, Streptococcus pyogenes, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Haemophilus influenzae, Corynebacterium pseudodiphtheriticum, Moraxella catarrhalis, derzeit Lieferprobleme). Erste Versuche zeigen, dass bakterielle Extrakte, die bis zum heutigen Tage in einigen Privatkliniken verwendet werden, bezüglich Fiebererzeugung durch eine solche Kombination ersetzt werden können [30].
Bereits Coley hatte festgestellt, dass Patienten unterschiedlich auf ein- und dieselbe Menge Bakterienextrakt reagierten. Er empfahl deshalb, durch langsam aufsteigende Dosierung über mehrere Tage für jeden Patienten individuell festzustellen, bei welcher Menge Fieber auftritt, und dann mit dieser Dosierung fortzufahren. Wir empfehlen dasselbe Vorgehen bei der PAMP-Immuntherapie.
Sicherheit
Die Sicherheit der PAMP-Immuntherapie ist bei korrekt eingehaltener Dosisfindung exzellent. Bei 523 Anwendungen an 131 Patienten wurde keine einzige schwere Nebenwirkung wie Epilepsie, Kreislaufkollaps oder Tumorlyse-Syndrom beobachtet [30]. Milde grippeähnliche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schüttelfrost, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Schwäche treten etwa bei einem Viertel der Patienten auf. Das Risiko einer Erhöhung der ärztlichen Haftpflichtversicherung sollte nach Dokumentation dieser Sachlage auszuschließen sein.
Der Fieberverlauf nach Infusion einer PAMP-Medikamentenkombination am Morgen ist bei therapienaiven Patienten ähnlich (Abb. 1), das Fieber fällt zum Abend auf normale Temperaturen. Einige, aber nicht alle Patienten empfinden die hoch getaktete PAMP-Immuntherapie nach der Dosisfindung dennoch als beschwerlich. Man kann allerdings Nebenwirkungen wie Schüttelfrost und Rückenschmerzen mit Decken und Wärmflaschen nach der Infusion deutlich mindern.
Ob tatsächlich, wie Coley annahm, hohes Fieber bei jeder Applikation notwendig ist, ist eine offene Frage. Dendritische Zellen sind zwar unter Fieber aktiver [31], aber möglicherweise reichen auch alternierende leicht febrile oder subfebrile Dosierungen aus, die für den Patienten verträglicher sind und keine aufwändige Überwachung erfordern. Glücklicherweise kann man das Ausmaß der Temperaturerhöhung über die Dosierung steuern.

Ausblick
Die Geschichte der Fiebertherapie ist geprägt durch übertriebene Skepsis auf der einen und übertriebene Hoffnungen auf der anderen Seite. Es sollte prinzipiell nicht unmöglich sein, an die unbestreitbaren Erfolge von Coley und Zeitgenossen anzuknüpfen. Histopathologische Untersuchungen zeigten, dass es nach der Applikation bakterieller Extrakte zu einem Einstrom von tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL) kommen kann [16], deren Vorhandensein der beste prognostische Marker ist [32, 33]. Durch die Überwachung beispielsweise der T-Zell-Aktivität, der Immunkompetenz sowie des Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnisses [34, 35] oder der Zahl der im Blut zirkulierenden Tumorzellen ist heute eine genauere Verlaufskontrolle möglich als zu Coleys Zeit.
Zytotoxische Therapien sind aufgrund der immunsupprimierenden Wirkung nicht mit PAMP-Immuntherapie kompatibel. Krebsformen, deren Behandlung per PAMP-Immuntherapie zeitlich einer leitliniengerechten Therapie vorgelagert werden könnte, wären beispielsweise Neoplasmen, die in der Regel durch abwartende Beobachtung behandelt werden, wie Prostatakarzinom oder operierte Melanome (Vergleich bezüglich rezidivfreier Zeit), oder solche, für die es keine standardisierte erfolgversprechende Behandlung gibt, wie z. B. Merkelzell- oder Pankreaskarzinom. Applikationen sollten aber auf jeden Fall im Mindestabstand von zwei bis vier Tagen erfolgen und einige Wochen angewendet werden, um das innate Immunsystem alarmiert zu halten. Die dauerhafte Involvierung des innaten Immunsystems in der Krebs-Immuntherapie scheint mir eine conditio sine qua non.
Summary
150 years of fever therapy – quo vadis?
More than 100 years ago, Coley and contemporaries treated cancer patients using fever inducing bacterial extracts, sometimes inducing astonishing remissions. For a long time there was no molecular explanation. Today we can presume that pathogenic danger signals are accountable for these effects, which can activate dendritic cells, which in turn can activate both pathogen- and tumour-specific T-cells. With our improved immunological understanding and better technical opportunities for monitoring it should not be impossible to repeat the old successes.
Keywords: PAMP, cancer immune therapy, fever therapy
Für weitergehende Informationen siehe www.pamp-therapie.de. Der Interessenkreis PAMP-Immuntherapie umfasst momentan etwa 50 Ärzte in fünf Ländern, darunter mehrere Kliniken. Interessierte werden gerne aufgenommen. Die PAMP-Immuntherapie wird derzeit in geeigneten Einzelfällen als individueller Heilversuch angewendet. Ein vorläufiges Behandlungsprotokoll kann angefordert werden.
Der Autor erklärt, dass keine finanziellen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag bestehen. Einige Passagen der Einführung wurden in gekürzter Form dem Buch „Heilende Hitze“ entnommen.