Fortgeschrittenes Mammakarzinom: PARP-Inhibitor als neue Behandlungsoption
Die Europäische Kommission hat Olaparib (Lynparza®) als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit einem HER2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom mit BRCA1/2-Keimbahnmutation (gBRCA) zugelassen. Zuvor hatte das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der EMA eine positive Empfehlung für die Zulassungserweiterung von Olaparib Filmtabletten zur Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms abgegeben, die auf den Daten der Phase-III-Studie OlympiAD basiert [1, 2].
Der erste PARP-Inhibitor mit einer Indikation, die über das Ovarialkarzinom hinausgeht, bietet einer Gruppe von Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom eine neue Behandlungsoption [3] und hebt die Bestimmung des BRCA-Status zusätzlich zum Hormonrezeptor- und zum HER2-Expressionsstatus als weitere diagnostische Voraussetzung zur Behandlung dieser Krankheit hervor.
Risiko für Krankheitsprogression oder Tod signifikant reduziert
„Für Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs, die sich ja in einer palliativen Situation befinden, ist es von großer Bedeutung, so lang und so gut wie möglich mit der Erkrankung zu leben“, sagte Dr. Rachel Würstlein, München. Die Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität stellte auf der Zulassungspressekonferenz in Berlin die Ergebnisse der randomisierten, offenen Phase-III-Studie OlympiAD vor, die die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Olaparib-Filmtabletten im Vergleich zu einer von drei Chemotherapien nach Wahl des Prüfarztes (Capecitabin, Eribulin oder Vinorelbin) untersuchte. Danach reduzierte sich das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod signifikant um 42% (Abb. 1):

Olaparib erzielte eine statistisch signifikante Verbesserung des medianen progressionsfreien Überlebens (mPFS, primärer Endpunkt) im Vergleich zur Chemotherapie (7,0 vs. 4,2 Monate). Die objektive Ansprechrate (ORR) war unter Olaparib-Filmtabletten mit 59,9% mehr als doppelt so hoch wie unter Chemotherapie, auf die 28,8% der Patientinnen ansprachen. Unerwünschte Ereignisse vom CTCAE-Grad ≥ 3 traten unter Olaparib weniger häufig auf als unter der Behandlung mit Chemotherapie (36,6% vs. 50%). Weniger Patienten brachen darüber hinaus im Olaparib-Arm toxizitätsbedingt die Behandlung ab (4,9% vs. 7,7%). Die am häufigsten unter dem PARP-Inhibitor aufgetretenen unerwünschten Ereignisse waren Übelkeit/Erbrechen, Anämie sowie Fatigue und entsprachen damit dem bekannten Sicherheitsprofil vorangegangener Monotherapiestudien. Darüber hinaus verbesserte Olaparib im Vergleich zur Standard-Chemotherapie die Lebensqualität statistisch signifikant (Abb. 2; [1]). „Wir können unseren Patientinnen damit mehr Chemotherapie-freie Zeit schenken als bisher, was sich positiv auf ihre Lebensqualität auswirken kann“, so Würstlein.
BRCA-Keimbahntestung aufgrund der aktuellen Datenlage ein Muss
Die klinische Relevanz der BRCA-Testung beim Mammakarzinom erläuterte Prof. Dr. Diana Lüftner, Berlin. So liege die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von BRCA-Mutationen bei Patientinnen mit einem Mammakarzinom bei durchschnittlich 5%. Insgesamt sei somit von einer großen Gruppe von Patientinnen zu sprechen. „Dies ist für mich ein Grund, bei allen Frauen mit Mammakarzinom einen Gentest anzustreben“, so die Oberärztin an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie an der Charité. „Gerade bei den Patientinnen, die für eine Therapie mit Olaparib-Filmtabletten infrage kämen, d. h. für solche, die HER2-negativ und adäquat vorbehandelt sind, ist die BRCA-Testung in der Keimbahn aufgrund der aktuellen Datenlage ein Muss. Wichtig zu wissen: Jeder Arzt kann eine solche Testung veranlassen.“ Nach Ansicht von Lüftner sollte diese Testung zur Therapieplanung spätestens beim Auftreten eines Rezidivs oder im lokal fortgeschrittenen Stadium erfolgen.
Bisher werden Olaparib-Filmtabletten bei Patientinnen zur Erhaltungstherapie des Platin-sensitiven high-grade epithelialen, rezidivierten Ovarialkarzinoms, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie ansprechen, eingesetzt. Die unter die Zulassungserweiterung fallenden Patientinnen mit gBRCA-Mutationen sollten zuvor mit einem Anthrazyklin und einem Taxan im (neo-)adjuvanten oder metastasierten Krankheitsstadium behandelt worden sein – es sei denn, die Patientinnen waren für diese Therapie nicht geeignet –, und sie sollten nicht mehr als zwei Chemotherapie-Regimes für die metastasierte Erkrankung erhalten haben. Bei Patientinnen mit einem Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom sollte die Erkrankung während oder nach einer vorherigen endokrinen Therapie fortgeschritten sein, es sei denn, sie wurden als nicht geeignet für die endokrine Therapie eingestuft [3].
Bettina Baierl
Launch-Pressekonferenz „Neue Chancen eröffnen: Olaparib beim fortgeschrittenen Mamma-Ca mit gBRCA-Mutationen“ am 02.05.2019 in Berlin, veranstaltet von AstraZeneca und MSD SHARP & DOHME.