Immundefekte erkennen und adäquat behandeln

Immundefekte sind Störungen der normalen Immunität des Organismus. Man unterscheidet zwischen primären (angeborenen) und sekundären (erworbenen) Immundefekten. Beide Formen sind heute durch die Substitution mit Immunglobulinen behandelbar. Doch das Erkennen der Krankheitsbilder mit den recht unspezifischen Symptomen kann differenzialdiagnostisch herausfordernd sein.

Die meisten Patienten mit primärem Immundefekt (PID) sind noch immer unerkannt, berichtete Dr. Leif Hanitsch, Berlin. Genetisch bedingte Störungen des Immunsystems würden häufig spät oder gar nicht erkannt. Vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose vergingen im Mittel fünf Jahre. Führendes Symptom ist meist eine pathologische Anfälligkeit für Infekte. Immundefekte können sich aber auch durch Immun-Dysregulation oder Autoimmunität äußern, erklärte Hanitsch: „Bei einem Viertel der Patienten sehen wir begleitend zur vermehrten Infekt­anfälligkeit oder primär Zeichen der Immun-Dysregulation oder Autoimmunität – zum Beispiel eine immun-thrombozytopenische Purpura (ITP) oder eine autoimmun-hämolytische Anämie“. 

ELVIS als Eselsbrücke

Als Merkwörter, welche auf das Vorliegen von Immundefekten hindeuten, haben sich die Akronyme ELVIS (Erreger, Lokalisation, Verlauf, Intensität, Summe) im Hinblick auf Infektionen und GARFIELD (Granulome, Autoimmunität, rezidivierendes Fieber, ekzematöse Hautveränderungen, Lymphoproliferation, Darmentzündungen) in Bezug auf Autoimmunität und Immun-Dysregulation bewährt. Die Jeffrey Modell Foundation listet Warnsignale bei Kindern für primäre Immundefekte, z. B. eine positive Familienanamnese, Gedeihstörungen sowie wiederkehrende (Antibiotika-pflichtige) Infektionen (Otitis, Sinusitis, Pneumonie, Soor, Haut- und Organabszesse, Sepsis). Im Zweifel ist ein Differenzialblutbild hilfreich. Als Basisdia­gnostik dient auch die Bestimmung der Immunglobuline (IgA, IgM, IgG, IgE), sowie ein Nachweis der Impf-Antikörper gegen Tetanus und Pneumokokken. Bei positiver Diagnose sollten die Patienten an eines der Immundefekt-Zentren überwiesen werden, die beim Ärztenetzwerk FIND-ID (www.find-id.net) gelistet sind. 

Ist das Immunsystem z. B. durch onkologische Grunderkrankungen oder immunsuppressive Therapien (z. B. Organtransplantation, Chemotherapie) geschwächt, können sekundäre Immundefekte (SID) auftreten. „Bei einigen Krebsarten wie der chronischen lymphatischen Leukämie und dem Multiplen Myelom kann man das Immunsystem durch Immunglobuline unterstützen“, so Hanitsch.

„Heute können PID- und SID-Patienten mithilfe der Immunglobulin-Substitution ein weitgehend normales Leben führen, da ihnen Antikörper verabreicht werden, die durch ihre Grunderkrankung fehlen. Eine Möglichkeit zur Substitution ist das HyQvia. Dieses Präparat – bestehend aus 10%iger Immunglobulin-Lösung vom Menschen und rekombinanter humaner Hyaluronidase – kann sich der Patient selbst verabreichen, wenn er im Vorfeld durch medizinisches Fachpersonal geschult wurde“, so Dr. Maria Faßhauer, Leipzig.

Susanne Pickl

 

Pressekonferenz „5 Jahre HyQvia: Innovative Therapie für Patienten mit primären und sekundären Immundefekten“ am 29.05.2018 in Berlin, veranstaltet von Shire Deutschland GmbH, Berlin.