Aktuelle Entwicklungen in der Chirurgie beim kolorektalen Karzinom

Im Mittelpunkt der Chirurgie des kolorektalen Karzinoms stehen das onkologische Langzeitergebnis sowie die Lebensqualität des Patienten. Bei der operativen Therapie des Kolonkarzinoms gilt gegenwärtig die sogenannte komplette mesokolische Exzision (CME) zunehmend als Standard. Die totale mesorektale Exzision (TME) ist die Grundlage für das korrekte onkologisch-operative Vorgehen beim Rektumkarzinom. Diese onkologischen Grundprinzipien sollten unabhängig von der angewandten chirurgischen Technik immer eingehalten werden.
Als wesentliche Entwicklung in der Kolonkarzinom-Chirurgie ist in erster Linie die mittlerweile technisch sichere Durchführung der Resektionen in laparoskopischer Technik zu nennen. Am häufigsten wird die onkologische Sigma-Resektion durchgeführt, gefolgt von der Hemikolektomie rechts. Fall-Kontroll-Serien zeigen die Vergleichbarkeit der laparoskopischen gegenüber der offenen Operation. In wenigen Zentren werden die genannten Operationen auch in sogenannter „Single Port“-Technik und robotisch durchgeführt. Onkologische Langzeitdaten sind hier noch unzureichend.
Auch im Bereich der Rektumkarzinom-Chirurgie gilt das sichere, minimal-invasive, laparoskopische Vorgehen als die wichtigste Entwicklung in den letzten Jahren. Die onkologische Gleichwertigkeit gegenüber der offenen Chirurgie ist belegt. Die TME in robotischer Technik wird in zunehmender Fallzahl durchgeführt, kann jedoch gegenwärtig nicht abschließend beurteilt werden.

Schlüsselwörter: Kolorektales Karzinom, Rektumkarzinom, komplette mesokolische Exzision, totale mesorektale Exzision, Sigma-Resektion, Hemikolektomie, minimal-invasive Chirurgie, laparoskopische Chirurgie, Roboter-assistierte Chirurgie

Grundprinzipien der onkologischen Chirurgie des Kolon- und Rektumkarzinoms
Im Mittelpunkt der Behandlung des kolorektalen Karzinoms steht zum einen das Erreichen des bestmöglichen onkologischen Ergebnisses für den Patienten, welches sich im langfristigen Ausbleiben von Lokalrezidiven und Metastasen äußert. Zum anderen soll für den Patienten eine adäquate Lebensqualität erhalten werden. Für die chirurgische Therapie sowohl des Kolon- wie auch des Rektumkarzinoms gilt, dass die Prognose des Patienten in erster Linie durch die R-Klassifikation, also durch das Erreichen einer kurativen R0-Resektion bestimmt wird [1]. Die Prognose von Patienten nach kurativer Rektum-Resektion ist unterschiedlich und wird im Wesentlichen durch die zwei bereits erwähnten Faktoren – Lokalrezidiv und Entwicklung von Fernmetastasen – geprägt [1]. Schon in den 90er-Jahren wurde in einer Studie der Deutschen Studiengruppe „Kolorektales Karzinom“ gezeigt, dass chirurgisch-technische Faktoren zu einer signifikanten Reduktion der Lokalrezidivrate und damit zu einer Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Rektumkarzinom führen. Zu diesen Faktoren gehören der distale Sicherheitsabstand des Tumors zum Resektionsrand, die Anzahl der mitentfernten Lymphknoten und die Anwendung der totalen mesorektalen Exzision (TME) als chirurgische Technik. Daten der Universitätsklinik Erlangen zeigten, dass nach Einführung der totalen mesorektalen Exzision nach Heald in die klinische Routine die Lokalrezidivrate von Patienten mit Rektumkarzinom von 39% auf 18% gesenkt und zugleich das Langzeitüberleben von 50% auf 67% verbessert werden konnte [2–7]. Mittlerweile sind bei verbesserter Technik und unter Anwendung neoadjuvanter Therapiekonzepte Lokalrezidivraten von deutlich unter 10% auch bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom erreichbar [8, 9].

Wesentlich für die Technik der bereits erwähnten totalen mesorektalen Exzision ist es, nach Absetzung von Arteria und Vena mesenterica inferior und der Mobilisation des linken Hemikolons (in der Regel auch der linken Flexur bis zu den Media-Gefäßen) die dorsale Verschiebeschicht (TME-Schicht) zwischen Mesorektum und Waldeyer-Faszie präzise zu präparieren. Ziel ist es, das Mesorektum mit den darin liegenden Lymphbahnen und -knoten bei der Resektion zu schonen und Einrisse unbedingt zu vermeiden (das entspricht dann einem sogenannten MERCURY-I-Status; Abb. 1). Denn es ist bewiesen, dass die Intaktheit des Mesorektums am entfernten Präparat einen wesentlichen Pro­gnosefaktor v. a. für die Rezidivrate darstellt [10]. Außerdem wird bei der schichtgerechten Präparation in der TME-Schicht prinzipiell auch der Plexus hypogastricus geschont, welcher für die Blasen-und Sexualfunktion von großer Bedeutung ist. Ventral wird in die Verschiebeschicht zwischen Mesorektum und der Denonvilliers-Faszie bzw. der Vagina eingegangen. Hierbei ist auf die Samenblasen und die Prostata bzw. auf die Vagina zu achten [1]. Bei ventral-seitig fortgeschrittenen Tumoren muss allerdings die Denonvillier´sche Faszie mitentfernt werden, was dann doch häufig zu funktionellen Einschränkungen führt.
Patienten mit einem Lokalrezidiv eines Rektumkarzinoms nach der onkologischen Primäroperation haben im Langzeitverlauf häufiger Fernmetastasen, sodass das korrekte chirurgische Vorgehen diese Metastasierung wohl indirekt positiv beeinflussen kann. Die Qualität der Chirurgie hat jedoch keine Auswirkung auf die Häufigkeit von initialen, metachronen Fernmetastasen, da diese zum Zeitpunkt der Primärtumoroperationen als minimale Residualerkrankung bereits vorhanden und damit letztlich als nicht entdeckte synchrone Metastasen zu interpretieren sind [1].
Analog zum Rektumkarzinom ist das primäre Ziel der onkologischen Chirurgie beim Kolonkarzinom die Vermeidung eines Lokalrezidivs. Ein Grundprinzip dabei ist wiederum die Entfernung des regionären Lymphabflussgebietes des Tumors. Da sich der lymphatische Abfluss am Verlauf der arteriellen Gefäße ausrichtet, wird eine zentrale Ligatur und Durchtrennung der arteriellen Versorgung direkt am Gefäßabgang angestrebt. Gegenwärtig gilt die Kolonresektion im Sinne einer sogenannten kompletten mesokolischen Exzision (CME) als allgemein anerkannt, auch wenn wie bei der TME beim Rektumkarzinom keine randomisiert-kontrollierten Studien vorliegen. Die CME entspricht annähernd dem Konzept der Resektion in anatomischen Hüllschichten wie bei der TME beim Rektumkarzinom. Die hierdurch mögliche radikale Lymphknoten-Dissektion wird unter onkologischen Gesichtspunkten angestrebt, ist aber potenziell mit höherer Morbidität wie zum Beispiel höherer Rate an Verletzung von Nachbarorganen verbunden [11, 12]. Die zentrale Ligatur bei Tumoren in Zökum und Colon ascendens erfolgt im Bereich der A. und V. colica dextra und ileocolica. Für das mittlere Colon transversum ist die A. colica media und für das linksseitige Kolon die A. mes­enterica inferior definiert. Bei Tumoren in den Flexuren kommt es zu Überschneidungen von Lymphabflussgebieten, sodass hier eine erweiterte Lymphadenektomie von jeweils zwei Abflussgebieten erforderlich ist ([13]; Abb. 2).


Lokale Therapieverfahren bei Kolon- und Rektum­karzinomen (Endoskopie)

Bei malignen nicht-invasiven Adenomen bis zu Karzinomen mit einer Infiltration der Submukosa im Stadium pT1 (sm1, fraglich auch sm2) ist eine ausschließlich endoskopische R0-Resektion möglich. Hierzu stehen sowohl für das Kolon als auch für das Rektum die Techniken der endoskopischen Mucosa-Resektion (EMR) und der endoskopischen Submucosa-Dissektion (ESD) zur Verfügung. Die ESD-Technik, die ein Koagulationsmesser an der Endoskop-Spitze benutzt, erlaubt die En-bloc-Entfernung von Adenom-Befunden, unabhängig von deren Größe. Die EMR hingegen erlaubt bei größeren Läsionen lediglich eine „Piece meal“-Resektion (Abtragung in mehreren Stücken), die von Nachteil bei der histologischen Beurteilung von malignen Befunden sein kann. Die ESD sollte jedoch aufgrund des hohen technischen Anspruches und der Seltenheit der Fälle an spezialisierten Zentren durchgeführt werden.

Befunde dieser Art (pT1/sm1–2, bis G2) im tiefen Rektum können in den genannten Techniken auch als transanale endo­skopische Mikrochirurgie (TEM) operiert werden (Abb. 3). Die TEM-Technik erlaubt die Behandlung von Befunden im gesamten Rektum. Hierzu steht klassischerweise das TEM-Instrumentarium nach Buess zur Verfügung, welches eine starre Optik und Spezialinstrumente verwendet. In der Zwischenzeit existieren diverse alternative Systeme zur Nutzung von laparoskopischen Kameras und Instrumenten, die unter dem Begriff transanale endoskopische Operation (TEO) zusammengefasst werden. Ebenfalls kommen in den letzten Jahren weiche Analports zur Anwendung, die von der Single-Incision-Chirurgie kommen – wie zum Beispiel SILS- und LESS-Systeme in der transanalen Chirurgie [14].

Aktuelle Entwicklungen in der radikalen onkologischen Kolonchirurgie

Onkologische Kolon-Resektionen werden derzeit je nach Lokalisation des Tumors immer noch am häufigsten in offener konventioneller Technik durchgeführt. Regelhaft wird eine mediane Laparotomie vorgenommen, auch quere Bauchdecken-Inzisionen auf der entsprechenden Seite werden eingesetzt [13]. Die Gleichwertigkeit der onkologischen laparoskopischen Kolon-Resektion im Vergleich zum offen-konventionellen Vorgehen ist aber mittlerweile in großen randomisierten, kontrollierten Studien hinreichend belegt worden [15–17].
Im letzten Jahrzehnt hat sich unter den onkologischen Verfahren beim Kolonkarzinom am schnellsten die Sigma-Resektion in laparoskopischer Technik durchgesetzt. Die Operation wird regelhaft mittels vier kleinen Inzisionen durchgeführt. Es erfolgt die zentrale Ligatur der A. mesenterica inferior und der V. mesenterica inferior (am Pankreasunterrand) vor Mobilisation des Tumors, sowie die spätere schichtgerechte Präparation des Mesokolons. Das onkologisch resezierte Präparat kann dann entweder unter Erweiterung der Trokar-Inzision im linken Unterbauch oder durch eine suprapubische Mini-Laparotomie geborgen werden (Abb. 7). Die übliche End-zu-End-Descendorektostomie wird üblicherweise mit einem Zirkular-Stapler durchgeführt. Alle anderen linksseitigen Tumorlokalisationen, die einer Hemikolektomie links oder eines entsprechend erweiterten Verfahrens bedürfen, können in der Regel ebenfalls in der genannten laparoskopischen Technik vorgenommen werden.
Die laparoskopische onkologische Hemikolektomie rechts setzt sich bei rechtsseitigen Kolontumoren mittlerweile auch immer mehr durch. Standard sind hier drei Arbeits-Trokare. Die bereits beschriebenen CME-Prinzipien können bei der minimal-invasiven Operationstechnik ebenso angewendet werden; dies erscheint aber laparoskopisch technisch deutlich anspruchsvoller als bei der offenen Technik. Die verfügbaren Studien zeigen bisher keinen Nachteil des minimal-invasiven Vorgehens gegenüber der konventionellen Technik hinsichtlich des onkologischen Ergebnisses [18–20]. Die Präparate-Bergung erfolgt entweder über eine umbilikale Mini-Laparotomie oder über einen separaten Schnitt im rechten Abdomen. Üblicherweise wird die Ileotransversostomie dann extrakorporal entweder als Hand- oder Staplernaht durchgeführt. Auch erweiterte Hemikolektomien sind in der genannten Technik möglich.
In der Literatur finden sich diverse Berichte über die Durchführung von onkologischen Kolonresektionen in der sogenannten „Single Port“- oder „Single Incision“-Technik. Dieser Begriff vereint Operationen, bei denen sowohl die laparoskopische Kamera als auch alle Arbeits-Trokare durch ein – meist weiches – Portsystem über eine Öffnung in den Körper eingebracht werden („Single Incision Laparoscopic Surgery“, SILS). Hierzu wird eine kleine Inzision (Mini-Laparotomie) benötigt. Diese ist allerdings mindestens doppelt so lang wie die übliche Inzision für einen Kamera-Trokar (ca. 20 mm). Die meisten Studien zu diesen Techniken beschränken sich auf die Beschreibung der Machbarkeit oder stellen retrospektive Fallserien dar [21, 22]. Adäquat gepowerte prospektiv-randomisierte Vergleiche zu konventionellen oder laparoskopischen Verfahren fehlen bislang. Eindeutige Vorteile konnten nicht gezeigt werden. Aufgrund der Achsenpositionierung von Optik und Instrumenten durch die Portsysteme sind diese Eingriffe technisch anspruchsvoll und bedeuten damit auch mehr physischen und psychischen Stress für den Chirurgen (Abb. 4 und Abb. 5).

Eine weitere Option ist die sogenannte NOTES-Technik (Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery) unter Nutzung natürlicher Körperöffnungen (transvaginal, transgastral) für die Instrumenteneinführung. Für die Anwendung von NOTES bei Kolonkarzinomen gibt es allerdings aktuell noch keine valide Datengrundlage.
Als aktuelle Weiterentwicklung der minimal invasiven Chirurgie ist die Robotik zu sehen. In einigen Zentren für kolorektale Chirurgie wird inzwischen, vor allem bei der onkologischen Sigma-Resektion und bei der rechtsseitigen Hemikolektomie, das in Deutschland verfügbare Roboter System (Da Vinci®) der Firma Intuitive Surgical angewendet. Die meiste Erfahrung weltweit mit diesem System besteht in der onkologischen Prostatachirurgie. Andere Operationen wie zum Beispiel die Hysterektomie werden ebenfalls immer häufiger mithilfe dieser Technik durchgeführt. Wichtig anzumerken ist, dass dieses System nicht in der Lage ist, eigenständig Operationsschritte durchzuführen, sondern als Translokator der Handbewegungen des Chirurgen fungiert; daher erscheint der Begriff des Telemanipulators auch deutlich passender als der des Roboters.
Fallserien zeigen, dass robotische Chirurgie beim Kolonkarzinom sicher durchgeführt werden kann. Vorteile scheinen in der präzisen 3D-Kameraoptik (nicht roboterspezifisch), in den höheren Freiheitsgraden der Instrumente (Translokation der Handbewegung des Chirurgen), sowie in der Ergonomie des Arbeitsplatzes zu bestehen. Weitere robotische Systeme, wie zum Beispiel das Transenterix® sind gerade auf den Markt gekommen bzw. werden in absehbarer Zeit eingeführt, sodass eine weitere Ausbreitung dieser Operationstechnik in naher Zukunft zu erwarten ist. In Bezug auf die Kurz- und insbesondere die onkologischen Langzeitergebnisse sowie den Vorteil für den Patienten im Vergleich zu den oben beschriebenen „konventionellen“ minimal-invasiven Verfahren kann die roboterassistierte Chirurgie beim Kolonkarzinom aufgrund der unzureichenden Datenlage außerhalb von randomisierten kontrollierten Studien derzeit noch nicht generell als Standard empfohlen werden ([23–25]; Abb. 6).

Aktuelle Entwicklungen in der radikalen onkologischen Rektum-Chirurgie

Bei Karzinomen des tiefen und mittleren Rektums besteht in der Regel die Indikation zur Durchführung einer TME. Bei Tumoren des oberen Rektums, sowie des rekto-sigmoidalen Überganges erfolgt eine partiell mesorektale Exzision (PME). Bei dieser wird zwar das Mesorektum auch komplett zirkumferenziell präpariert, jedoch 5 cm distal des Tumors horizontal durchtrennt. Die onkologische Gleichwertigkeit der PME und TME bei Karzinomen des oberen Rektum-Drittels ist nicht endgültig belegt. Diesbezüglich stehen die Ergebnisse der GAST-Studie noch aus [26]. Funktionell und auch in Bezug auf die Komplikationsraten ist die PME aber der TME überlegen, sodass in den deutschen Leitlinien weiterhin die PME bei hohen Rektumkarzinomen als Standardvorgehen empfohlen wird.
Die bedeutsamste Weiterentwicklung der onkologischen Rektum-Chirurgie in den letzten Jahren ist die Durchführung der Eingriffe in laparoskopischer Technik. Standardmäßig werden bei dieser Technik vier Trokar-Inzisionen benötigt, eine davon (im linken Unterbauch) kann am Ende des Eingriffes zu einer Berge-Inzision erweitert werden, eine zweite als Ausleitungsstelle für ein protektives Ileostoma genutzt werden. Alternativ kann das Präparat – nach Absetzen des Rektums – über einen queren, suprapubischen Zugang geborgen werden. Die Anastomose wird regelhaft mit einem Zirkularstapler (Ausnahme sind intra-sphinktäre Resektionen, die einer äußeren Handnaht bedürfen) durchgeführt (Abb. 7).

Prinzipiell gilt noch immer das offene Vorgehen in der onkologischen Rektum-Chirurgie als Standard, jedoch wird dieses in größeren Zentren zunehmend von der laparoskopischen Rektum-Resektion (TME oder PME) verdrängt. Sowohl die perioperativen als auch die onkologischen Langzeitergebnisse nach laparoskopischer Operation sind im Vergleich zum offenen Verfahren mindestens gleichwertig. Die Lebensqualität im ersten Jahr nach der Operation ist tendenziell besser [15, 16, 27].
Eine multizentrische Analyse aus dem Jahr 2006 zeigte, dass die Team-Expertise in der laparoskopischen Rektum-Chirurgie von zentraler Bedeutung ist, da an Zentren mit weniger als 10 Operationen/Jahr nicht nur die Konversionsrate (20,4%) und die Gesamtmorbidität (54,3%), sondern auch das spätere Auftreten von Lokalrezidiven (16%) deutlich höher ist.
Single-Port- und NOTES-Techniken spielen in der Chirurgie von Rektumkarzinomen derzeit praktisch keine Rolle.
Die DaVinci®-Robotik hat in den letzten Jahren als Weiterentwicklung der minimal-invasiven Techniken auch in die onkologische Rektum-Chirurgie Einzug gehalten. Ähnlich wie in der Kolon-Chirurgie beschrieben, fehlt noch die Langzeit­erfahrung mit dem System. Die Machbarkeit von TME und PME mit dieser Technik ist jedoch bereits in vielen Studien gezeigt worden [28, 29]. Postulierte Vorteile sind eine bessere Nervenschonung durch die bessere Visualisierung und den größeren Bewegungsumfang der Instrumente. Zudem zeigen die verfügbaren Studien eine niedrigere Konversionsrate bei den robotisch versus konventionell laparoskopisch operierten Patienten, wobei die Qualität dieser Studien mäßig ist. Das Aufkommen weiterer robotischer Systeme auf dem Markt in den nächsten Jahren wird die Ausbreitung dieser Operationstechnik beim Rektumkarzinom wahrscheinlich weiter vorantreiben.
Seit einigen Jahren wird ein Hybridverfahren aus laparoskopischer und transanaler videoendoskopisch gestützter Operation propagiert – die sogenannte taTME (transanale totale Mesorektum-Exzision). Hierbei handelt es sich um einen technisch aufwendigen Eingriff mit simultaner oder konsekutiver Präparation der TME von transabdominell (laparoskopisch) und transanal (in TEM-Technik). Die onkologischen Kriterien, die bereits beschrieben wurden, bleiben unverändert. Als Rationale für diese Technik gelten eine potenziell bessere Visualisierung und auch eine mit den starren Laparoskopie-Instrumenten bessere Erreichbarkeit des Operationsfelds im unteren Rektumdrittel. In der Tat kann es gerade bei adipösen Männern mit engem Becken schwierig sein, die adäquate mesorektale Schicht im distalen Drittel von abdominell her zu präparieren. Die verfügbaren Studien zeigen allerdings auch, dass die taTME-Technik mit ganz spezifischen Komplikationen assoziiert ist (z. B. Ure­thra-Verletzung beim Mann). Die Lernkurve ist aufgrund der ungewohnten Perspektive flach. Eine definitive onkologische Bewertung der taTME ist aufgrund der limitierten Studiendaten und Langzeitergebnisse bislang nicht möglich [30–32]. In der COLOR-II-Studie wird diese Fragestellung gerade randomisiert kontrolliert untersucht.

Summary

Surgery of colorectal carcinoma is dominated by oncological long-term results and quality of life of the patient. Complete mesocolic excision (CME) is currently accepted as the general stand­ard of surgical management of colon cancer. Total mesorectal excision (TME) is the basis of oncologically correct sur­gery of rectal cancer. These oncological principles inevitably have to be attended to – independently from the surgical technique used.
One of the most substantial recent developments in the surgery of colon cancer is the technically safe execution of laparoscopic operations. The most common application is the oncological resection of the sigmoid colon, followed by right-sided hemicolectomy. Case-control series demonstrate comparability of laparoscopic versus open surgery. In a limited number of centers these interventions are also performed by single-port as well as robotic techniques. However, there are no oncological long-term data yet.
Concerning the surgery of rectal cancer, the safe, minimally invasive, laparoscopic performance has also been the most important development during the last years. Oncological comparability with open surgery has already been proven. TME with robotic technique is performed in a growing number of cases, but final evaluation is pending.
Keywords: colorectal cancer, rectal cancer, complete mesocolic excision, total mesorectal excision, sigmoid resection, hemicolectomy, minimally invasive surgery, laparoscopic surgery, robot-assisted surgery

 

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Dr. med. Georgi Vassilev
Koordination Darmkrebszentrum UMM

Prof. Dr. med. Peter Kienle
Stv. Direktor der Chirurgischen Klinik,
Leitender Oberarzt
Chirurgische Klinik
Unversitätsklinikum Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3
68167 Mannheim