SCCHN und Urothelkarzinom: Indikationsspektrum von Nivolumab wird noch breiter

Die Immunonkologie revolutioniert derzeit die Tumortherapie. Für immer mehr solide Tumoren kann der Nachweis der Wirksamkeit erbracht werden. Auch die Zulassungsliste des PD-1-Immun-Checkpoint-Inhibitors Nivolumab wurde kürzlich von der Europäischen Kommission um zwei zusätzliche Indikationen erweitert. Das bedeutet aktuell: acht Zulassungen in sechs verschiedenen Tumorentitäten.

Die Entwicklung von Therapiestrategien, die das körpereigene Immunsystem gegen Tumorzellen aktivieren, ist eine Erfolgsgeschichte, deren Ende noch nicht absehbar ist. Aktuell wurde die europäische Zulassung des PD-1-Inhibitors Nivolumab (Opdivo®) um folgende zwei Indikationen erweitert: als Monotherapie zur Behandlung von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs (SCCHN) bei Erwachsenen mit Progression während oder nach einer platinbasierten Therapie (28. April 2017) sowie, ebenfalls als Monotherapie, zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierten Urothelkarzinoms bei Erwachsenen nach Versagen einer vorherigen platinhaltigen Therapie (2. Juni 2017).

Effektiv im First-line-Setting

Die Zulassung für die Therapie des SCCHN basiert auf den Ergebnissen der globalen, offenen, randomisierten Pha­-
se-III-Studie CheckMate-141 (n = 361). Sie verglich Nivolumab mit einer Therapie nach Wahl des Prüfarztes (Methotrexat, Docetaxel oder Cetuximab) bei Patienten mit rezidivierendem oder metastasiertem SCCHN, bei denen es während oder innerhalb von sechs Monaten nach einer adjuvanten, neoadjuvanten, primären oder aufgrund einer Metastasierung durchgeführten platinbasierten Therapie zu einer Tumorprogression gekommen war. „Dabei handelt es sich um ein Hochrisiko-Kollektiv“, betonte Professor
Dr. Peter Brossart vom Universitätsklinikum Bonn. Nivolumab reduzierte laut einer Interimsanalyse das Mortalitäts­risiko signifikant um etwa 30% mit einem medianen Gesamtüberleben von 7,7 Monaten gegenüber 5,1 Monaten. Die 18-Monats-Überlebensrate lag in der Gesamtpopulation bei 21,5% gegenüber 8,3%. Noch bessere Ergebnisse werden im Erstlinien-Setting erzielt, wie eine Subgruppenanalyse von Checkmate-141 zeigte: Von den 78 Patienten (21,6% der gesamten Studienpopulation) waren 52 mit Nivolumab, die übrigen mit der Therapie nach Wahl des Prüfarztes behandelt worden. Das Gesamtüberleben lag hier bei 7,7 gegenüber 3,3 Monaten, die Zwölf-Monats-Überlebensrate bei 39,2% versus 15,4%.

„No lunch for free“

Aber mit den Worten „There´s no lunch for free“ lenkte Brossart den Blick auf die Nebenwirkungen von Nivolumab, die allerdings nicht mit denen einer Chemotherapie vergleichbar seien. Behandlungsbedingte unerwünschte Nebenwirkungen vom Grad 3 und 4, die mindestens bei 5% der Patienten auftraten, traten im Gesamtkollektiv unter Nivolumab bei 13,1% der Patienten auf, im Kontrollarm bei 35,1%. Die hohe Effektivität und die gute Verträglichkeit schlagen sich auch bei der Lebensqualität nieder, so Brossart. Unter Nivolumab wiesen die Patienten stabile PROs (patient reported outcomes) auf, während es unter der Therapie nach Wahl des Prüfarztes zu einer signifikanten Verschlechterung körperlicher, sozialer und beruflicher Funktionen kam.

Frühes Ansprechen beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom

Die Zulassung von Nivolumab beim Urothelkarzinom, dem weltweit achthäufigsten malignen Tumor, bedeutet einen Fortschritt für die Uroonkologie. Die Zulassung basiert auf der einarmigen, unverblindeten und multizentrischen Phase-II-Studie CheckMate-275. Sie untersuchte Nivolumab bei 270 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder meta­stasiertem Urothelkarzinom, bei denen es während oder nach einer platinhaltigen Erstlinientherapie oder binnen zwölf Monaten nach einer neoadjuvanten oder adjuvanten platinhaltigen Chemotherapie zum Progress gekommen war. Die objektive Ansprechrate – primärer Endpunkt der Studie – lag bei 20%, eine komplette Remission erreichten 2,3% der Patienten, erläuterte Professor Dr. Marc-Oliver Grimm, Universitätsklinikum Jena. Die Gesamtüberlebenszeit lag bei median
8,7 Monaten. Das sei insgesamt besser als chemotherapeutische Maßnahmen, und wenn die Patienten ansprechen, sei das in den ersten acht Wochen zu erkennen; eine spätere Response sei eher selten. Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥ 1% zeigten ein numerisch, aber nicht signifikant besseres Ansprechen (25% vs. 15,8%).

Beate Fessler

 

Pressegespräch „Immunonkologisches Update von Bristol-Myers Squibb: Potenziale der Immun­onkologie – neue Perspektiven für Patienten“ am 22.06.2017 in München, veranstaltet von Brostol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München.