PV: Hämatokrit kontrollieren, Thrombo­embolien vermeiden

Thromboembolische Ereignisse sind eine häufige Ursache von Morbidität und Mortalität bei Polycythaemia vera (PV). Sie zu verhindern ist daher das vorrangige Therapieziel. 

Arterielle und venöse Thrombosen zählen zu den Hauptkomplikationen einer PV und führen oft überhaupt erst zur Diagnose. Doch auch danach treten thromboembolische Komplikationen häufig auf, erläuterte Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Dresden, anhand von Daten aus dem Register für Myeloproliferative Neoplasien der Studienallianz Leukämie (SAL-MPN-Register; [1]). Dabei sind tiefe Venenthrombosen (DVT), akutes Koronarsyndrom (ACS) und Schlaganfall etwa gleich häufig; solche Ereignisse sind für rund 40% der Morbidität und Mortalität von Patienten mit PV verantwortlich, ergänzte er. Wesentliche Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse sind ein höheres Alter, Thromboembolien in der Vorgeschichte, ein Hämatokrit-Wert von über 45% [2] und hohe Leukozytenzahlen bei Diagnosestellung 

(> 10 x 106/l; [3, 4]).

Hämatokrit: Zielwert < 45%

Die besondere Bedeutung des Hämatokrits wurde durch die CYTO-PV-Studie etabliert [2]: „Sie hat einen neuen Standard gesetzt, an den wir uns in der Klinik halten“, betonte Platzbecker. In der Studie ging die Reduktion des Hämatokrits bei PV auf unter 45% mit einer Reduktion der kardiovaskulären Mortalität auf ein Viertel im Vergleich zu Patienten mit höherem Hämatokrit einher. 

Der JAK-1/2-Inhibitor Ruxolitinib (Jakavi®) kann den Hämatokrit bei Patienten mit PV und Splenomegalie, die auf Hy­droxyurea (HU) refraktär sind oder diese Therapie nicht vertragen, unter einem Wert von 45% stabilisieren. In der 

RESPONSE-Studie führte die Therapie mit dem Januskinase-Inhibitor nach 

32 Wochen bei 60% der Patienten zu einer Hämatokrit-Kontrolle (Hämatokrit < 45%), im Kontrollarm bei bester verfüg barer sonstiger Therapie (BAT) nur bei 18% der Patienten [5]. Der JAK-Inhibitor hatte in der Studie aber auch einen modifizierenden Effekt auf die Leukozyten, betonte Platzbecker. 

Die Kontrolle der Blutwerte schlug sich in der Studie auch in weniger thromboembolischen Ereignissen im Vergleich zur BAT nieder. 1,8 von hundert Patienten in der Ruxolitinibgruppe und 8,2 von hundert Patienten in der Vergleichsgruppe erlitten thromboembolische Ereignisse jedes Schweregrads, bei 0,9/100 Patienten mit Ruxolitinib- und bei 2,7/100 Patienten unter BAT waren sie vom Grad 3 oder 4. 

Auch in der RESPONSE-2-Studie, an der Patienten mit PV ohne ausgeprägte Splenomegalie teilnahmen, die HU nicht vertrugen oder nicht genügend darauf ansprachen, konnte Ruxolitinib den Hämatokrit deutlich besser kontrollieren als eine BAT [6]. Die Mehrzahl der Patienten erreichte einen Hämatokrit-Wert < 45% ohne weitere Phlebotomien. Die Auswertungen zu thromboembolischen Ereignissen in dieser Studie werden erst nach längerer Nachbeobachtung zur Verfügung stehen, erläuterte Platzbecker. 

In der Praxis riet er auch, einen weiteren Risikofaktor nicht zu übersehen: Rauchen ist ein extrem potenzierender Faktor für Thromboembolien. Das sollte bei all den kostspieligen Therapien auch immer wieder in der Beratung der Patienten berücksichtigt werden.

Friederike Klein

Literatur

1. Kaifie A et al. J Hematol Oncol 2016; 9: 18.

2. Marchioli R et al. N Engl J Med 2013; 368: 22-33.

3. Landolfi R et al. Blood 2007; 109: 2446-52.

4. Barbui T et al. Blood 2015; 126: 560-1.

5. Verstovsek S et al. Haematologica 2016; 101: 821-9.

6. Passamonti F et al. Lancet Oncology 2017; 18: 88-99.

Satellitensymposium „Herausforderungen bei der Therapie der Polycythaemia vera“ im Rahmen des ersten GSG-MPN-Studientreffens am 05.04.2017 in Aachen, unterstützt von Novartis Oncology, Nürnberg.