Frühes Mammakarzinom: Typisierung ist ausschlag­gebend für die Therapie

Mit einem im Juni 2015 eingeführten molekularen Test lässt sich Tumorgewebe von Patientinnen mit neu diagnostiziertem, invasivem Mammakarzinom innerhalb weniger Stunden mit außergewöhnlich hoher Präzision evaluieren. Besonders durch die Bestimmung des Proliferationsmarkers Ki-67 hat der MammaTyper® das Potenzial, die Diagnostik von Brustkrebs deutlich zu verbessern und gezieltere Hinweise auf Notwendigkeit oder Nutzen einer Chemotherapie zu geben.

Da jedes Karzinom eine eigene Signatur hat, so Prof. Michael Untch, Berlin, sollte es jeweils individuell behandelt werden. Vor allem dank dieser Erkenntnis sei es heute möglich, eine Heilungsrate von etwa 80% bei Brustkrebs im Frühstadium zu verzeichnen. Grundsätzlich wird das Mammakarzinom derzeit nach den 2013 festgelegten St.-Gallen-Kriterien in folgende molekulare Subtypen differenziert:

• Luminal A-like,

• Luminal B-Iike (HER2-negativ),

• Luminal B-like (HER2-positiv),

• HER2-positiv (nicht-luminal),

• triple-negativ (duktal).

Diese molekularen Subtypen sollten bei der Wahl der Systemtherapie beim frühen Mammakarzinom neben Alter, Menopausenstatus und Komorbiditäten der Patientin berücksichtigt werden. Die Unterteilung basiert auf der Analyse der vier Biomarker Estrogen-Rezeptor (ESR1), Progesteron-Rezeptor (PGR), HER2 (ERBB2) und Ki-67 (MKI67).

Der Proliferationsmarker Ki-67 – der sich teilende Zellen markiert – hat eine Schlüsselfunktion in der Therapieentscheidung, weil auf ihm die Unterscheidung zwischen Luminal A-like- und Luminal B-like-Tumoren basiert. So gibt der Nachweis von Ki-67 (MKI67) zusammen mit weiteren klinisch-pathologischen Parametern den Ausschlag dafür, ob eine rein endokrine Therapie (bei Luminal A-like-Tumoren) genügt oder ob zusätzlich eine Chemotherapie (bei Luminal B-like-Tumoren) nötig ist. Während der Luminal A-Subtyp eine niedrige Proliferationsrate – und ein niedriges Rezidivrisiko – hat, ist sie bei Tumoren des Luminal B-Typs hoch mit entsprechend höherem Rezidivrisiko. 

Speziell bei der Bestimmung von Ki-67 mit gängigen immunhistochemischen Verfahren kam es zu den stärksten Inter- und Intra-Beobachter-Schwankungen, so die Pathologin Prof. Zsuzsanna Varga, Zürich: Es gab viele Versuche, die Bestimmung von Ki-67 analytisch zu standardisieren. Ein neuer Ansatz und eine mögliche Lösung dieses Problems sei die Bestimmung der mRNA-Expression der Biomarker mittels RT-qPCR (Reverse Transkription-quantitative-Echtzeit-Polymerasekettenreaktion) im MammaTyper®-Test. 

Varga verglich bei 40 Brustkrebsbiopsie-Gewebeproben die Ergebnisse der Bestimmung von ESR1, PGR, ERBB2 und Ki-67 durch den MammaTyper®-Test mit denen von IHC bzw. FISH. Während bei HER2-positivem und triple-negativem Subtyp die Übereinstimmung hoch war (90% bzw. 100%), lagen MammaTyper® und IHC bei der Bestimmung des Luminal A- und Luminal B-like-Subtyps deutlich auseinander (40% bzw. 70%).

Aufgrund der präzisen Bestimmung von Ki-67 in der Biopsie erreichte MammaTyper® eine 90%ige Übereinstimmung mit den tatsächlich vorliegenden Luminal A-like- und Luminal B-like-Subtypen, wenn der intrinsische Subtyp als Goldstandard aus dem Operationspräparat bestimmt wurde. Für eine Testung per MammaTyper® genügen kleine Gewebeproben, in Formalin fixiert und in Paraffin eingebettet (FFPE), aus Resektionsmaterial oder Biopsien. Sie kann in jedem pathologischen Labor durchgeführt werden, die Ergebnisse liegen innerhalb weniger Stunden vor.

Eine retrospektive Auswertung der randomisierten FinHER-Studie [1, 2] verglich bei 769 Patientinnen die quantitative Bestimmung der mRNA für ESR1, PGR, ERBB2- und MKI67 durch MammaTyper® mit den Ergebnissen der Proteinexpression von ER, PR und Ki-67 durch IHC bzw. der Amplifizierung von HER2 durch Chromogen-in-situ-Hybridisierung (CISH). Die Ergebnisse wurden korreliert mit krankheitsfreiem und Gesamtüberleben. Die quantitative Bestimmung der ESR1-, PGR- und ERBB2-mRNA durch MammaTyper® korrelierte mit den Resultaten aus IHC und ISH in den pathologischen Laboren. Patientinnen, die laut MammaTyper® wenig MKI67 exprimierten, hatten ein signifikant längeres fernmetastasenfreies und Gesamtüberleben als jene mit hoher Expression. Die Bestimmung der Ki-67-Expression mittels IHC zeigte hingegen keinen signifikanten Unterschied bezüglich des fernmetastasenfreien Überlebens.

Der „jüngste“ Genexepressions-Test ermöglicht also eine präzise und reproduzierbare Stratifizierung von Patientinnen mit Luminal A- und Luminal B-like-Mammakarzinom.

Helga Vollmer

Literatur

1. Wirtz Ralph M et al. Biological subtyping of early breast cancer: A study comparing RT-qPCR with immunhistochemistry. Breast Cancer Res Treat 2016; 157: 437-46.

2. FinHer-Studie, identifier ISRCTN76560285

Pressegespräch „MAMMATYPER® – Paradigmenwechsel in der Brustkrebstypisierung?“ am 26.01.2017 in Frankfurt, veranstaltet von BioNTech Diagnostics GmbH, Mainz.