Febrile Neutropenie: Prophylaxe ist effizienter

Fieber nach myelosuppressiver Chemotherapie ist das typische Zeichen einer Infektion, die sich rasch zu einer febrilen Neutropenie (FN) mit lebensbedrohlichen Auswirkungen entwickeln kann. Internationale Leitlinien [1, 2] sowie die deutsche S3-Leitlinie [3] plädieren daher für den prophylaktischen Einsatz von Granulozyten-koloniestimulierenden Faktoren (G-CSF) bereits ab einem FN-Risiko von 20% bzw. von 10%, wenn zusätzliche Risikofaktoren beim Patienten vorliegen.

Entscheidend für das FN-Risiko sind die Intensität der Chemotherapie und das Ausmaß der Knochenmarksuppression, so Prof. Hartmut Link, Kaiserslautern, aber auch individuelle Risikofaktoren wie Alter (> 65 Jahre), niedriger Performancestatus, Komorbiditäten, weit fortgeschrittene, symptomatische Tumorerkrankung, frühere Chemotherapie sowie Laborparameter – Faktoren, die Link zufolge gerade bei mittlerem Risiko von nur etwa 30% der Ärzte beachtet werden. Entsprechend werden die Patienten bezüglich des FN-Risikos in vier Risikogruppen unterteilt: 0–10%, 10–20%, 20–40%, > 40%. Dieses FN-Risiko sollte nach jedem Zyklus neu berechnet werden, und der aktuellen S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS, DGHO, DEGRO) zufolge sollte sich die G-CSF-Prophylaxe danach richten. Denn wie eine prospektive Studie zeigte [4], führt eine unzureichende und nicht leitliniengerechte G-CSF-Prophylaxe zu signifikant mehr Störungen der Chemotherapie durch Neutropenie und FN.

Die tägliche G-CSF-Prophylaxe sollte bis zur Regeneration der neutrophilen Granulozyten in den Normbereich erfolgen; wird sie, wie häufig der Fall, wesentlich kürzer durchgeführt, ist die klinische Wirksamkeit nicht gewährleistet. 

Ziel einer G-CSF-Therapie ist nicht nur die Reduktion der FN mit Vermeidung stationärer Aufenthalte und einer Antibiotika-Therapie, die Reduktion von Morbidität und Mortalität, sondern auch das Einhalten der Dosisintensität der Chemotherapie und nicht zuletzt die Erhaltung der Lebensqualität des Patienten. Dafür stehen G-CSF-Präparate wie Pegfilgrastim (Neulasta®) zur Verfügung, ein Wachstumsfaktor, der im Knochenmark spezifisch die Proliferation und Differenzierung von neutrophilen Granulozyten stimuliert, was zu einer deutlich verkürzten post-mitotischen Reifungszeit dieser Zellen führt.

Pegyliertes Filgrastim hat im Vergleich zum konventionellen Filgrastim eine verlängerte und etwas bessere Wirksamkeit. Es muss nur einmal appliziert werden. Seine Effizienz liegt signifikant höher als bei Filgrastim und Lenograstim: Mit einer konsequenten primären Prophylaxe konnten Neutropenie-bedingte Hospitalisierungen sowie Dosisreduktion der Chemotherapie um ≥ 15% vermindert werden.

Helga Vollmer

Literatur

1. Aapro MS et al. Eur J Cancer 2011; 47: 8-32.

2. Smith TJ et al. J Clin Oncol 2015; 33: 3199-212.

3. S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen Patientinnen. http:/leitlinienrogramm-onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html. Zugegriffen am 16.3.2017.

4. Bokemeyer C et al. Support Care Cancer 2017, Jan 22 [Epub ahead of print, DOI: 10.1007/s00520-017-3572-4].

37. Münchener Fachpresse-Workshop „Supportivtherapie in der Onkologie“ am 30.03.2017 in München, veranstaltet von POMME-med, München.