Cannabinoid-Therapie: Änderung des BtMG in Kraft

Am 10. März 2017 trat das vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (BtMG) in Kraft. Damit haben Schwerkranke ein Recht auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität. 

Was sich konkret verändert hat, erläuterte PD Dr. Michael Überall, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V. (DGS). Danach wurden Medizinalhanf-Produkte in Anlage III des BtMG aufgenommen, wodurch Cannabis-Arzneien in Form von Extrakten in standardisierter Qualität und getrocknete Blüten verkehrs- und verschreibungsfähig werden. Zudem ermöglichen Neuregelungen im Sozialgesetzbuch V die Kostenerstattung durch die Kassen. Voraussetzung dafür seien allerdings weiterhin eine entsprechende ärztliche Diagnose sowie fehlende therapeutische Alternativen [1]. Die bisher nötige Beantragung einer Ausnahmegenehmigung für Medizinalhanf bei der Bundesopiumstelle des BfArM entfällt [2, 3].

Überall nahm gleichzeitig Stellung zur Position der Fachgesellschaften, v. a. der DGS: „Die Fachgesellschaften begrüßen die Gesetzesänderung und die zugrundeliegende Intention der Bundesregierung für eine bessere Versorgung Schwerkranker sowie die nun gesetzlich geregelte Kostenerstattung von Cannabis-Blüten, -Extrakten und Cannabinoid-haltigen Fertigarzneimitteln.“ Zudem distanzierten sich die Fachgesellschaften von einer bedenkenlosen Abgabe von getrocknetem Medizinalhanf: „Wir sprechen uns klar für den bevorzugten Einsatz von Cannabinoid-basierten Fertigarzneimitteln mit einem standardisierten Wirkstoffgehalt und definierten Dosierungen aus, um die Arzneimitteltherapie-Sicherheit zu gewährleisten.“

So wiesen Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis Vorteile gegenüber Medizinalhanf oder anderen Cannabis-Zubereitungen auf. „Im Praxisalltag sollte der behandelnde Arzt die Vorteile von Fertigarzneimitteln in standardisierter pharmazeutischer Qualität bei seiner Entscheidung für einen Therapieansatz berücksichtigen“, erläuterte Prof. Dr. Thomas Henze, Neurologe und Psychiater und Ärztlicher Direktor des Reha-Zentrums Nittenau. So stelle beispielsweise das zur Therapie von Spastik bei Multipler Sklerose zugelassene Sativex® eine sichere, wirksame und verträgliche Option dar.

In einem gemeinsamen Positionspapier zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs vom 28.06.2016 hatten Vertreter der Fachgesellschaften konkretisierende Interpretationshinweise und Handlungsempfehlungen angeregt. Gleichzeitig soll damit „behandelnden Ärzten eine Art Leitfaden bezüglich einer rationalen differenzialtherapeutischen Verordnung gegeben werden“, so Überall in Berlin.

Bettina Baierl

Literatur

1. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 18/8965 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften; abzurufen unter: dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810902.pdf

2. Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 4. Mai 2016; abzurufen unter: www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Pressemitteilungen/2016/2016_2/160504-19_PM_Cannabis_als_Medizin_final.pdf

3. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit; Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften; abzurufen unter: www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/160108_GE_Cannabis_als_Medizin_mit_Cannabisagentur.pdf

Pressegespräch „Cannabinoid-Therapie nach aktueller Gesetzesänderung: Optionen und Ausblick“ am 16.03.2017 in Berlin, veranstaltet von Almirall, Reinbek.