Testvarianten verbessern Aussagekraft

Diagnostik in der Onkologie

Kaum ein Tumormarker wird so intensiv und kontrovers diskutiert wie das Prostata-spezifische Antigen (PSA). Das mag zum einen schlicht daran liegen, dass das Prostatakarzinom das häufigste Malignom des Mannes ist. Zum anderen aber ist der derzeitige diagnostische Goldstandard – die serielle Biopsie – eingreifend und bei kleinen Tumoren auch nicht immer aussagekräftig. Da liegt der Wunsch nahe, mit einem einfachen Bluttest Klarheit zu schaffen, und zwar nach Möglichkeit für die Früherkennung (Screening), als Unterstützung der Differenzialdiagnose, zur Abschätzung der Prognose, zum Monitoring des Ansprechens auf eine Therapie sowie zur frühzeitigen Erkennung eines Rezidivs im weiteren Krankheitsverlauf.
Nach verschiedenen Leitlinien [1] ist das PSA für diese ganze Palette an Einsatzmöglichkeiten geeignet, da es als einer der wenigen „Tumormarker“ tatsächlich organ-spezifisch ist, d. h. fast ausschließlich vom Prostatagewebe freigesetzt wird. Allerdings muss man, was die Früherkennung betrifft, einschränken, dass PSA auch bei nicht-malignen Erkrankungen der Prostata wie etwa der benignen Prostatahyperplasie (BPH) oder einer Prostatitis verstärkt freigesetzt wird. Auch Manipulationen wie die digital rektale Untersuchung, Fahrrad- und Motorradfahren erhöhen die Blutwerte.
Zudem hängen die absolut gemessenen PSA-Werte nach wie vor von der eingesetzten Messmethode im Labor und deren Kalibrations-Standard ab. Die Basiswerte von gesunden Männern können interindividuell variieren und auch leicht erhöht sein. Umgekehrt liegt die PSA-Konzentration bei kleinen Tumoren im Frühstadium oft unterhalb der häufig verwendeten „Referenzbereichs-Obergrenze“ von 4 ng/ml. Einmalige Messungen haben deshalb eine eingeschränkte Aussagekraft; nur sehr stark erhöhte Werte machen das Vorliegen eines Prostatakarzinoms wahrscheinlich.

PSA-Kinetik und freies PSA

Dagegen liefern wiederholte PSA-Messungen im Abstand von ein oder mehreren Jahren auch in niedrigen Konzentrationsbereichen wertvolle Zusatzinformationen, denn ein rascher Anstieg des Blutwerts spricht für rasches Wachstum der Drüse. Eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von mehr als 0,75 ng/ml und Jahr gilt als verdächtig und sollte weiter abgeklärt werden [2]. Voraussetzung ist, dass für die Verlaufsbewertung immer dieselbe Messmethode beibehalten wird und die Werte qualitätskontrolliert in einem Labor bestimmt wurden. Bei Schnelltests ist mit größeren Ungenauigkeiten und einer geringeren Empfindlichkeit zu rechnen.
Im Blut liegen rund 80% des PSA an Antichymotrypsin und andere Proteine gebunden vor; der ungebundene Anteil kann bei Prostataerkrankungen variieren und ist bei benigner Prostatahyperplasie eher erhöht, beim Prostatakarzinom (und der Prostatitis) häufig erniedrigt. Deshalb kann vor allem im Graubereich zwischen 2 und 10 ng/ml das freie PSA (fPSA) die diagnostische Einschätzung verbessern: Ein Wert unter 15% sollte Anlass für eine gezielte Abklärung mittels Bildgebung und/oder Biopsie sein [2].

Neuere Marker

Als weiterer leicht zu bestimmender Blutmarker ist das -2proPSA zu nennen, das mit dem freien und gesamten PSA im „Prostate Health Index“ (PHI) verrechnet wird: PHI = (-2proPSA / fPSA) x √PSA [3]. Bei Patienten mit unauffälligem Tastbefund und PSA im Graubereich sprechen niedrige PHI-Werte eher gegen, erhöhte Werte eher für ein Malignom [3].
Außer den verschiedenen Isoformen des PSA wurden auch andere Biomarker als Indikatoren für ein Prostatakarzinom erkannt. Zu nennen wären hier das PCA3, eine nicht-kodierende mRNA, sowie die RNA des Androgen-regulierten Fusionsgens TMPRSS2:ERG. Beide RNAs erscheinen bei malignem Wachstum vermehrt im Urin. Das Spektrum geeigneter Biomarker, die sich derzeit noch in klinischen Studien befinden, wird sich in nächster Zeit noch deutlich ausweiten (z. B. Signaturen von methylierter DNA oder miRNA sowie zirkulierende Tumorzellen) und somit hoffentlich einen Beitrag zur Verbesserung der Krebsvorsorge, Diagnostik und Verlaufsbeobachtung beim Prostata-CA leisten.

Literatur
1. Sturgeon CM et al. National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 2008; 54: e11-79.
2. Semjonow A, Lamerz R. PSA. In: Labor und Diagnose von L Thomas. 8. Auflage; 2012; TH-Books-Verlag, S. 1684-95.
3. Loeb S, Catalona W. The prostate health index: A new test for the detection of prostate cancer. Therap Adv Urol 2014; 6: 74-7.

Prof. Dr. med. Stefan Holdenrieder
Deutsches Herzzentrum München
Institut für Laboratoriumsmedizin