ROS1- und ALK-positives NSCLC: zielgerichtete Therapie mit ALK-Inhibitor

Die klassische Chemotherapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms
(NSCLC) war sehr toxisch und vergleichsweise wenig wirksam: Die Lebensverlängerung betrug kaum mehr als zwei Monate, so Jürgen Wolf, Köln. Ungefähr drei von vier Patienten hatten keinen Nutzen davon, aber reichlich Nebenwirkungen. Ein stark verbessertes Wissen über die Pathogenese hat hier wie bei vielen anderen Tumorerkrankungen neue, direkt auf die Biologie des Tumors zielende Therapieoptionen hervorgebracht - beispielsweise Substanzen, die sich direkt gegen die Treibermutationen in Genen bzw. Proteinen wie dem Rezeptor für epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) oder gegen Fusionsproteine wie ROS1 und ALK (anaplastische Lymphom-Kinase) richten.

Bei jedem Adenokarzinom der Lunge, so Wolf, muss heute ein molekularer Test, entweder mittels FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung; [1]) oder Immunhistochemie (IHC) durchgeführt werden – schon bevor man sich für eine Erstlinien-Therapie entscheidet. Damit lässt sich herausfinden, ob Mutationen von EGFR, ALK und ROS1 vorliegen, und das ist für das weitere Vorgehen entscheidend, weil gegen diese mutierten Proteine zielgerichtete Therapien zur Verfügung stehen.
Gegen ROS1 und ALK ist der orale Tyrosinkinaseinhibitor Crizotinib (Xalkori®) wirksam, der kompetitiv die ATP-Bindungsstelle der Tyrosinkinase-Domäne von ALK und ROS1 inhibiert und damit die Funktion dieser Kinasen unterbindet, die für das Wachstum der Tumorzellen entscheidende Impulse geben. Als erste dieser Substanzen wurde Crizotinib zur Erstlinientherapie des fortgeschrittenen ROS1- ebenso wie des ALK-positiven
NSCLC zugelassen. Pfizer und Merck vertreiben das Medikament im Co-Marketing.
Die Erweiterung der Zulassung auf das ROS1-positive NSCLC basiert auf den Resultaten der Phase-I-Studie 1001 mit 50 überwiegend (zu 86%) vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem ROS1-positivem NSCLC. Crizotinib, das hier ebenso wie beim ALK-positiven NSCLC mit 250 mg zweimal täglich dosiert wurde, zeigte eine deutliche Antitumorwirkung [2].
Etwa 3–5% aller NSCLC-Tumoren weisen ein Gen-Rearrangement auf, bei dem das ALK-Gen betroffen ist, bei rund 1–2% ist es das ROS1-Gen. Das entspricht in Deutschland rund 1.000–1.300 ALK-positiven bzw. etwa 400 Patienten ROS1-positiven Tumoren, die pro Jahr diagnostiziert werden. Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 unter Crizotinib sind selten. Berichtet wurden Einzelfälle von Beeinträchtigungen beim Hell-Dunkel-Sehen, gastrointestinale Beschwerden, Laborwert-Veränderungen und periphere Ödeme.

Josef Gulden


Literatur
1. Bubendorf L et al. Testing for ROS1 in non-small cell lung cancer: A review with recommendations. Virchows Arch 2016; 469: 489-503.
2. Shaw AT et al. Crizotinib in ROS1-rearranged non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2014; 371: 1963-71.

Fachpresseveranstaltung „Meilenstein in der personalisierten Lungenkrebstherapie: Crizotinib in der Therapie des fortgeschrittenen ROS1- und ALK-positiven nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC)“ anlässlich der DGHO-Jahrestagung am 15.10.2016 in Leipzig, veranstaltet von Pfizer Oncology, Berlin, und Merck, Darmstadt.