Chemotherapie-Indikation beim metastasierten Prostatakarzinom

Das Prostatakarzinom ist eine heterogene Erkrankung mit Androgen­rezeptor (AR)-abhängigen und AR-unabhängigen Zellen, weshalb nicht jeder Patient von jeder Therapie gleich gut profitiert. Für die individuelle Therapieentscheidung wird es daher immer wichtiger, das Prostatakarzinom biologisch zu charakterisieren. Je mehr AR-unabhängige Zellen vorliegen, umso wichtiger ist der frühzeitige Einsatz einer Chemotherapie, die ein essentielle Therapiebaustein bei der Behandlung des Prostatakarzinom ist.

Angesichts der klonalen Heterogenität des Prostatakarzinoms wäre es wichtig, den Tumor biologisch zu charakterisieren, um Therapieresistenzen frühzeitig zu erkennen, erläuterte Prof. Peter Albers, Düsseldorf. Nicht nur der Primärtumor, auch die Metastasen bestehen aus heterogenen Zellverbänden, die unterschiedlich gut auf die verschiedenen Therapieoptionen ansprechen. So nimmt die Wirksamkeit endokriner Therapien ab, je weniger hormon-sensible (AR-abhängige) Zellen vorhanden sind. Diese Patienten benötigen eine Chemotherapie.

Chemotherapie-Indikation prüfen

Etwa ein Drittel der Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom hat eine primäre Resistenz gegen AR-gerichtete Substanzen, ergänzte PD Dr. med. Frank König, niedergelassener Urologe aus Berlin. Diese kann durch die Expression eines trunkierten und dadurch konstitutiv aktiven AR induziert sein, wie zum Beispiel die Splice-Variante AR-V7. Bereits die initiale Dia­gnostik ist daher wichtig, um frühzeitig zu erkennen, ob eine Chemotherapie-Indikation besteht, so König. Andernfalls geht möglicherweise eine wichtige Therapie­option verloren oder wird zu spät eingesetzt, sodass der Patient Lebenszeit verliert.

Taxan-Sequenz – eine effektive Option

Auch unter der Behandlung können sich sich durch adaptive Mechanismen und klonale Selektion Resistenzen entwickeln. Dies erklärt unter anderem Kreuzresistenzen zwischen den AR-gerichteten Substanzen. Nach Versagen einer gegen den AR gerichteten Substanz wird daher der Wechsel auf die Chemotherapie empfohlen. Das gilt laut König nicht für die Chemotherapie-Sequenz, da das Taxan Cabazitaxel speziell für Patienten nach Docetaxel-Versagen entwickelt wurde.
In der Zulassungsstudie TROPIC [1] reduzierte die Second-line-Behandlung mit Cabazitaxel bei Patienten mit meta­stasiertem kastrationsresistentem Pro­statakarzinom (CRPC) und vorausgegangener Docetaxel-Behandlung das relative Sterberisiko um 30% (HR 0,70; p < 0,0001). Auch Patienten mit schnellem Progress unter Docetaxel profitieren von der Weiterbehandlung mit Cabazitaxel [2].
Bei Chemotherapie-Indikation ist es daher konsequent, nach Docetaxel-Ver­sagen mit Cabazitaxel weiterzubehandeln, so König. Retrospektive Studiendaten untermauern dies bei fast 1.000 Patienten mit metastasiertem CRPC [3]. Nach Docetaxel-Versagen überlebten die Patienten, die mit Cabazitaxel weiterbehandelt wurden, deutlich länger als jene, die auf gegen AR gerichtete Substanzen umgestellt wurden und Cabazitaxel gar nicht oder erst später im Verlauf erhalten hatten.

Wann besteht eine Chemotherapie-Indikation?

Bis valide molekulare Marker vorliegen, müssen klinische Faktoren Hinweise liefern, welche Patienten eine Chemotherapie benötigen, erläuterte Dr. med. Stefan Machtens, Bergisch Gladbach. Ein wichtiger klinischer Hinweis für eine endokrine Resistenz ist laut Machtens ein nur kurzes Ansprechen auf eine primäre Androgendeprivation (ADT). Diese Patienten sollten im kastrationsresistenten Stadium primär eine Chemotherapie erhalten. Unabhängig davon besteht laut Machtens eine Chemotherapie-Indikation für Docetaxel bzw. Cabazitaxel (nach Docetaxel-Vorbehandlung) bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand, wenn tumorbedingte Beschwerden, eine hohe Tumorlast, eine aggressive Tumorbiologie oder viszerale Metastasen, insbesondere Lebermetastasen, vorliegen.


Birgit-Kristin Pohlmann


Literatur
1. De Bono JS et al. Lancet 2010; 376: 1147-54.
2. Oudard S et al. Future Oncol 2011; 7: 497-506.
3. Maines F et al. Crit Rev Oncol Hematol 2015; 96: 498-506.

Satellitensymposium und Pressegespräch „What’s hot in mCRPC“ anlässlich der DGU-Jahrestagung am 29.09.2016 in Leipzig, unterstützt von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt/Main.