Lungen- und Kopf-Hals-Tumoren: Immun-Checkpoint-Inhibition verlängert Überleben

Die Immuntherapie könnte künftig für Patienten mit verschiedenen onkologischen Erkrankungen von Vorteil sein, erläuterten Experten anlässlich der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) 2015. Die Effektivität der Behandlung scheint bei manchen Entitäten von der Expression von PD-L1 (Programmed cell Death Ligand 1) abhängig zu sein, wie eine Untersuchung zum nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) zeigte [1].

Biomarker werden in der Immun­onkologie zunehmend relevant, denn sie könnten helfen, diejenigen Patienten zu identifizieren, die besonders gut auf eine Immuntherapie ansprechen, berichtete Prof. Hans-Georg Kopp, Tübingen. Ein Beispiel dafür sei die Behandlung des fortgeschrittenen NSCLC mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab (Keytruda). So konnte nachgewiesen werden, dass der Immun-Checkpoint-Inhibitor umso effektiver wirkt, je stärker die Expression von PD-L1 im Tumor ist [1]. Betrug die Expressionsrate (Tumor Proportion Score, TPS) mindestens 50%, so sprach die Hälfte der therapienaiven Patienten auf die Therapie an – in der Gesamtpopulation waren es 19,4%. Patienten mit einer geringeren PD-L1-Expression profitierten hinsichtlich des Gesamtüberlebens (OS) mehr als komplett PD-L1-negative Patienten.
Die internationale, unverblindete, randomisierte Keynote-010-Studie untersuchte Pembrolizumab in zwei Dosierungen (2 mg/kg bzw. 10 mg/kg alle drei Wochen) im Vergleich zu Docetaxel (75 mg/m2 alle drei Wochen) bei 1.034 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC, die bereits eine systemische Platin-basierte Chemotherapie erhalten hatten und deren Tumoren eine PD-L1-Expressionsrate von mindestens 1% aufwiesen. Erste Ergebnisse zeigten, dass Patienten der Pembrolizumab-Gruppe im Vergleich zu Docetaxel länger lebten und beide Dosierungen ähnlich wirksam waren; bei Patienten mit PD-L1-Expressionsraten von mindestens 50% verlängerte sich auch das progressionsfreie Überleben. Kopp riet, NSCLC-Patienten mit Plattenepithelkarzinom in zweiter Behandlungslinie sowie Patienten, die keine plattenepitheliale Histologie haben und PD-L1 positiv sind, ab der zweiten Behandlungslinie mit dem PD-1-Antikörper zu behandeln.

Kopf- und Halstumoren schrumpfen

Auch bei Kopf- und Halstumoren gebe die Immun-Checkpoint-Inhibition enormen Anlass zur Hoffnung, sagte Prof. Andreas Dietz, Leipzig: „Pembrolizumab erzielte als Monotherapeutikum (2 mg alle drei Wochen) in der Second-line-Therapie bei Patienten mit rezidivierten/metastasierten Kopf-Hals-Tumoren eine bemerkenswerte Ansprechrate (ORR) von 25%“, zitierte er aus den Ergebnissen der beim ASCO-Kongress 2015 präsentierten Keynote-012-Studie [2]. Bisher habe Cetuximab in der Second-line-Therapie den Maßstab mit einer ORR von 13% gesetzt. Bei 56% der 132 Studienteilnehmer schrumpfte die Target-Läsion; der HPV-Status spielte dabei keine Rolle. Bereits in den ersten Wochen zeichnete sich ab, wer von der Therapie profitierte. Neu sei laut Dietz auch, dass das Ansprechen relativ lange stabil bleibe – so sprachen 86% der Responder während des Beobachtungszeitraums auch weiterhin an; die mediane Dauer des Ansprechens sei noch nicht erreicht (7,3 bis mehr als 25,1 Wochen). „Möglicherweise kommen wir irgendwann so weit, dass aus fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren mit Dauermedikation eine chronische Erkrankung wird – dies impliziert dann ganz neue Behandlungsoptionen“, blickte er voraus.


Susanne Pickl


Literatur
1. Garon EB et al: Pembrolizumab for the treatment of non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2015; 372: 2018-28.
2. Seiwert TY et al: Antitumor activity of the anti-PD-1 antibody pembrolizumab in biomarker-unselected patients with R/M head and neck cancer: Preliminary results from KEYNOTE-012 expansion cohort. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): 322s (ASCO 2015, Abstract #LBA6008).

Symposium „Perspektive Immunonkologie“ im Rahmen des 12. Herbstkongresses der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) am 21.11.2015 in Berlin, unterstützt von MSD, München.