Ph+ ALL: Tyrosinkinaseinhibitor auch bei Resistenzentwicklung

Die Einführung von Tyrosinkinase­inhibitoren (TKI) hat die Überlebensraten von Patienten mit Philadelphia-Chromosom-positiver akuter lymphatischer Leukämie (Ph+ ALL) deutlich von 20% auf über 50% verbessert. Mit der Zulassung des Drittgenerations-TKI Ponatinib steht für erwachsene Patienten mit Resistenzen in späteren Therapielinien eine weitere effektive Substanz zur Verfügung, die derzeit auch in früheren Therapielinien untersucht wird. 

Etwa 90% der Patienten mit Ph+ ALL erreichen heute unter Initialtherapie mit einem TKI der ersten oder zweiten Generation, zum Teil in Kombination mit Chemotherapie, eine hämatologische Komplettremission [1]. Wie Dr. Fabian Lang, Frankfurt, erläuterte, rezidivieren aber trotz des initial guten Therapieansprechens 45–75% dieser Patienten mit dann deutlich schlechterer Prognose [2, 3]. Für das Therapieversagen unter der Erstlinientherapie sind oft Mutationen in der BCR-ABL-Kinasedomäne verantwortlich, darunter häufig die Punktmutation T315I [3, 4], die ausschließlich auf Ponatinib (Iclusig®), einen pan-BCR-ABL-Inhibitor der dritten Generation, anspricht. Ponatinib inhibiert außerdem alle weiteren klinisch relevanten Einzelmutationen der BCR-ABL-Kinase [5, 6]. 

Wirksamkeitsnachweis in der Zulassungsstudie PACE 

Die Zulassung von Ponatinib für die rezidivierte oder refraktäre chronische myeloische Leukämie (CML) und die Ph+ ALL basiert auf der Phase-II-Studie PACE. Darin waren 32 stark vorbehandelte Patienten mit Ph+ ALL eingeschlossen worden: 81% von ihnen hatten mindestens zwei, 41% mindestens drei TKI, 28% eine allogene Stammzelltransplantation erhalten, 88% wiesen eine Resistenzmutation auf. Unter Ponatinib erreichten 41% dieser Patienten binnen sechs Monaten eine gute hämatologische Remission (MaHR), 47% eine gute zytogenetische Remission (MCyR), 38% eine komplette zytogenetische Remission (CCyR) und 10% eine tiefe molekulare Remission (CMR; [6]). Den relativ hohen Ansprechraten unter Ponatinib steht bei Einsatz in späteren Therapielinien nur eine oftmals begrenzte Remissionsdauer gegenüber, was durch das Auftreten weiterer Mutationen im bereits mutierten BCR-ABL-Gen verursacht sein könnte. 

In einer Phase-II-Studie erreichten 37 unbehandelte Patienten mit dem Hyper-CVAD-Regime in Kombination mit Ponatinib sehr gute Ergebnisse, die in einem indirekten Vergleich besser ausfielen als in einer Studie, in der Hyper-CVAD mit Dasatinib kombiniert worden war [7]. Bevor Ponatinib in frühen Therapielinien eingesetzt werden kann, müsse das aber in einer prospektiven Vergleichsstudie bestätigt werden, so Lang. 

Dosisanpassung unter Ponatinib 

Er wies auch darauf hin, dass in einer Post-Hoc-Analyse der PACE-Studie die Ponatinib-Dosis mit den darunter auftretenden vaskulären Verschlussereignissen korrelierte [8]. Nach einer Dosisanpassung, bei der die Anfangsdosis von 45 mg/d nur 14 Tage lang im ersten von acht Behandlungszyklen gegeben und ab dem zweiten Zyklus auf 30 mg/d sowie nach Erreichen der CMR auf 15 mg/d reduziert wurde, blieben die vaskulären Verschlussereignisse aus [7]. Außerdem sind eine sorgfältige kardiovaskuläre Anamnese, ein engmaschiges Monitoring und die Behandlung kardiovaskulärer Risikofaktoren obligat.

Josef Gulden

Literatur

1. Gökbuget N. Internist 2015; 56: 344-53.

2. Malagola M et al. Ann Hematol 2016; 95: 681-93.

3. Rousselot P et al. Blood 2016; 128: 774-82.

4. Daver N et al. Haematologica 2015; 100: 653-61.

5. Gozgit JM et al. Blood 2013; 122: 3992.

6. Cortes JE et al. N Engl J Med 2013; 369: 1783-96.

7. Jabbour E et al. Lancet Oncol 2015; 16: 1547-55.

8. Dorer DJ et al. Leuk Res 2016; 48: 84-91.