mCRPC: Sequenztherapie starten – mit Abirateron oder Enzalutamid?

In den letzten Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen beim Prostatakarzinom stetig gestiegen, das damit inzwischen als eine der wichtigsten Erkrankungen des männlichen Geschlechtes gilt. Nach zunächst lokaler Therapie, gefolgt von Androgen-Deprivation, haben sich in der Therapiesequenz nach LHRH-Analoga und Antiandrogenen seit einiger Zeit Abirateronacetat (Zytiga®) und Enzalutamid als sogenannte Next Generation-Hormontherapien ihren Platz noch vor der Chemotherapie mit Docetaxel erobern können. Der Androgen-Biosyntheseinhibitor Abirateron blockiert – im Gegensatz zu LHRH-Agonisten/Antagonisten (LHRHa) – die Biosynthese der Androgene nicht nur in den Hoden, sondern auch in den Nebennieren und im Tumorgewebe selbst, indem er selektiv das Enzym 17-α-Hydroxylase/C17,20-lyase (CYP17) inhibiert. Enzalutamid ist demgegenüber ein starker Inhibitor des Androgenrezeptor-Signalwegs, der – anders als die konventionellen Androgenrezeptor-Blocker – nicht nur die Bindung von Androgenen an den Rezeptor, sondern auch zwei nachgeschaltete Schritte in dieser Signalkaskade unterdrückt. Die Wirksamkeit der beiden antihormonellen Wirkstoffe der nächsten Generation war in den Zulassungsstudien laut Prof. Dr. Jürgen Gschwend, München, vergleichbar:
Abirateron erzielte gegenüber Placebo (jeweils kombiniert mit Prednison/Prednisolon) in der COU-AA-302-Studie eine Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens um 4,4 Monate (34,7 vs. 30,3 Monate; Hazard Ratio 0,81; p = 0,0033; [1]). Enzalutamid verlängerte in der Studie PREVAIL das mediane Gesamtüberleben im Vergleich zu Placebo um 4,0 Monate (35,3 vs. 31,3 Monate; HR 0,77; p = 0,0002; [2]).

Anpassungs- und Resistenzmechanismen

Beide Therapien lösen im malignen Gewebe verschiedene Anpassungsmechanismen aus. Mutationen auf der DNA-Ebene scheinen bevorzugt unter Androgenrezeptor-Blockern aufzutreten. Sie persistieren nach Absetzen der Therapie, wobei sich nach Absetzen des Androgen-Biosyntheseinhibitors die Anpassungen aufgrund des nachlassenden Selektionsdrucks zurückzubilden scheinen. Das könnte bei der Wahl einer Therapie­sequenz dafür sprechen, nach einer Androgen-Deprivation mit LHRHa die Therapie mit dem Biosyntheseinhibitor Abirateron fortzusetzen und erst dann den Wirkmechanismus zu wechseln. Einige retrospektive Analysen, die während des ASCO-GU-Kongresses 2016 vorgestellt wurden, widmeten sich dem Thema der Sequenz dieser beiden Wirkstoffe. In einer retrospektiven Studie mit 71 Patienten zeigte sich ein längeres medianes kombiniertes PFS (16,3 vs. 12,5 Monate; HR 0,53; p = 0,04) bei den Patienten mit der Sequenz Abirateron → Enzalutamid, im Vergleich zu denen, die zuerst Enzalutamid und dann Abirateron bekommen hatten [3]. Zwar wird dadurch bestätigt, was aufgrund der oben dargestellten Resistenzmechanismen zu vermuten war, aber es handle sich eben, so Gschwend, nur um retrospektive Analysen mit geringen Patientenzahlen. Insofern würden die Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten Phase-II-Studie mit Spannung erwartet, in der bei Patienten nach Versagen der chirurgischen oder medikamentösen Kastration mit LHRHa im Cross-over-Design das Ansprechen der Sequenz Abirateronacetat gefolgt von Enzalutamid – sowie umgekehrt – untersucht wird. Diese Studie wird von der British Columbia Cancer Agency durchgeführt und rekrutiert zurzeit noch [4].

Annette Junker


Literatur
1. Ryan CJ et al. Abiraterone acetate plus prednisone versus placebo plus prednisone in chemotherapy-naive men with metastatic castration-resistant prostate cancer (COU-AA-302): Final overall survival analysis of a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 study. Lancet Oncol 2015; 16: 152-60.
2. Beer TM et al. Enzalutamide (ENZA) in men with chemotherapy-naïve metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC): Final analysis of the phase 3 PREVAIL study. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): 277s (ASCO 2015, Abstract #5036).
3. Maughan BL et al. Optimal sequencing of enzalutamide and abiraterone in men with metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC). J Clin Oncol 2016; 34 (2S) (ASCO-GU 2016, Abstract #308).
4. clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02125357.
Fachpressekonferenz während des 32. Deutschen Krebskongresses am 26.2.2016 in Berlin, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.