Metastasiertes CRC: Auch bei älteren Patienten auf Wirksamkeit achten

Die Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mCRC) wird immer individueller: Die Behandlungsoptionen richten sich vor allem nach Patientenfaktoren wie dem Performancestatus, der Lebenserwartung, den Komorbiditäten, Biomarkern, dem Therapieziel und nicht zuletzt natürlich nach den persönlichen Wünschen des Patienten. Da mit jeder weiteren Therapielinie etwa 30% der Patienten „verlorengehen“ und überdies deren Allgemeinzustand sich mit längerer Krankheitsdauer auch verschlechtert, kommt es darauf an, bereits in der Erstlinie nach Möglichkeit die wirksamste Therapieoption einzusetzen. Auch bei älteren Patienten sind dabei im Prinzip noch alle Optionen offen.

Fast jeder zweite Patient mit CRC ist bei Diagnose mindestens 70 Jahre alt, und bei mehr als der Hälfte dieser Patienten findet sich dabei bereits ein metastasiertes Stadium. Das kalendarische Alter alleine ist aber weniger denn je ein Kriterium für oder gegen eine Therapieentscheidung: Immerhin jeder zweite Patient im Alter von 75 Jahren oder mehr kann noch eine Chemotherapie erhalten. Daher finden sich auch in den Leitlinien von ESMO und NCCN keine speziellen Therapieempfehlungen für ältere Patienten. Man sollte sie vielmehr entsprechend Organfunktionen, funktionellem Status, Lebenserwartung, Komorbiditäten und Toxizitätsrisiko in drei Gruppen einteilen – „fit“, „beeinträchtigt“ und „gebrechlich“, so Prof. Carsten Bokemeyer, Hamburg.
Eine jüngst vorgestellte Subgruppenanalyse der CRYSTAL-Studie zeigt denn auch, dass über 65-jährige Patienten mit RAS-Wildtyp weder unter der alleinigen Erstlinien-Chemotherapie mit FOLFIRI (5-Fluorouracil, Folinsäure, Irinotecan) noch unter der Chemoimmuntherapie mit FOLFIRI und Cetuximab (Erbitux®), einem Antikörper gegen den Rezeptor für epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR), schlechter abschnitten als die jüngeren (Tab. 1; [1]). Auch das Sicherheitsprofil war in den Alterskohorten vergleichbar.

Allerdings sind ältere Patienten im Mittel kränker: In der nicht-interventionellen ERBITAG-Studie hatten insbesondere über 75-Jährige, die FOLFOX plus Cetuximab erhielten, mehr Komorbiditäten, und diese komorbiden Patienten (Charlson Comorbidity Index ≥ 1) erhielten auch signifikant weniger Infusionen sowohl der Chemotherapie als auch von Cetuximab. Auch in anderen Studien mit EGFR-Antikörpern (FIRE-3, PEAK) war bei den älteren Patienten zumindest ein Trend zu einem längeren Überleben bzw. progressionsfreien Überleben mit Cetuximab gegenüber dem VEGF-Antikörper Bevacizumab zu sehen, auch wenn er wegen der niedrigeren Patientenzahlen nicht mehr signifikant ausfiel [2, 3].
Bei älteren Patienten haben patientenspezifische gegenüber tumorbiologischen Faktoren einen wichtigen Stellenwert für die Therapiewahl. Die Leitlinien der International Society of Geriatric Oncology (SIOG) zur Behandlung des mCRC geben substanzspezifische Empfehlungen, wobei keine Restriktion bei der Gabe von EGFR-Antikörpern in Abhängigkeit von Komorbiditäten empfohlen wird [4]. Zu Bevacizumab wird auf spezifische Nebenwirkungen hingewiesen, die man bei der Behandlung älterer Patienten beachten sollte; dazu zählen insbesondere Bluthochdruck und Thromboembolien, die in einer Metaanalyse von vier Studien bei Zugabe von Bevacizumab zu einer Chemotherapie häufiger auftraten [5].


Josef Gulden


Literatur
1. van Cutsem E et al. ASCO-GI 2016, Abstract #647P.
2. Heinemann V et al. Lancet Oncol 2014; 15: 1065-75.
3. Schwartzberg LS et al. J Clin Oncol 2014; 32: 2240-7.
4. Papamichael D et al. Ann Oncol 2015; 26: 463-76.
5. Cassidy J et al. J Cancer Res Clin Oncol 2010; 130: 737-43.

Symposium „Behandlung des mCRC heute – mehr als nur 08/15“ beim 32. Deutschen Krebskongress in Berlin, 26.2.2016, unterstützt von Merck Serono GmbH, Darmstadt.