Kopf-Hals-Tumoren: Wirkung von EGFR-Blockade unabhängig vom HPV-Status

Die Inzidenz von Kopf-Hals-Tumoren, die mit humanen Papillomviren (HPV) assoziiert sind, steigt. Die Therapiestrategie muss deshalb aber wahrscheinlich nicht geändert werden.

Die Inzidenz oropharyngealer Platten­epithelkarzinome bei HPV-Infektion ist in den USA in den letzten Jahren deutlich angestiegen [1]. „Indizien für solch eine Entwicklung gibt es auch in Deutschland“, berichtete Prof. Dr. Jens-Peter Klußmann, Gießen. HPV-assoziierte Kopf-Hals-Tumoren unterschieden sich von nicht mit HPV-Infektionen assoziierten: Die Patienten sind jünger, in einem guten Allgemeinzustand und weisen weniger klassische Risikofaktoren wie Rauchen auf. Häufig betroffen sind die Tonsillen oder der Zungengrund. Trotz häufigeren Lymphknotenbefalls bei Diagnosestellung ist die Prognose der Patienten insgesamt besser als bei nicht HPV-assoziierten Tumoren.
Wirkung unabhängig vom HPV-Status
Therapeutisch unterscheiden sich die Tumoren hinsichtlich des Ansprechens auf eine gegen den Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) gerichtete Therapie mit dem Antikörper Cetuximab (Erbitux®) aber nicht, wie retrospektive Auswertungen zeigen. In der Bonner-Studie hatte die Gabe von Cetuximab zusätzlich zur Hochdosis-Strahlentherapie bei lokoregionär fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen die lokale Kontrolle verbessert und die Mortalität reduziert, ohne dass die Toxizität der Behandlung dadurch deutlich angestiegen wäre [2]. Die retrospektive Analyse, stratifiziert nach dem immunhistochemisch als p16 nachgewiesenen HPV-Status, zeigte, dass die Verlängerung des Gesamtüberlebens und die bessere lokoregionäre Kontrolle durch Cetuximab zusätzlich zur Bestrahlung gleichermaßen bei Patienten mit und ohne HPV-Infektion zu beobachten war [3]. Dabei ließ sich für die p16-positiven Patienten wie erwartet ein längeres Überleben zeigen als für die p16-negativen.
Bei Patienten mit rezidivierten oder metastasierten Kopf-Hals-Tumoren
(r/mSCCHN) führte in der EXTREME-Studie (ErbituX in the 1st line Treatment of REcurrent or MEtastatic head & neck cancer) die zusätzliche Gabe von Cetuximab zur Chemotherapie mit Cis- oder Carboplatin und 5-FU zu einem verlängerten progressionsfreien Überleben (5,6 vs. 3,3 Monate, p < 0,001) und vor allem zu einem um 2,7 Monate verlängerten Gesamtüberleben (10,2 vs. 7,4 Monate; p = 0,04; [4]). Auch hier wurde retrospektiv eine Auswertung hinsichtlich des p16-Status durchgeführt, allerdings waren nur 10% der 416 auswertbaren Patienten p16-positiv, was die statistische Aussagekraft in dieser Gruppe einschränkte [5]. Wiederum erwies sich die p16-Expression als günstiger prognostischer Faktor, auf der anderen Seite schienen aber alle Patienten unabhängig vom p16-Status von der Hinzunahme von Cetuximab zur platinbasierten Chemotherapie zu profitieren. So lag das mediane Gesamtüberleben bei p16-positiven Patienten mit Cetuximab bei 12,6 Monaten und ohne Cetuximab bei 9,6 Monaten, bei p16-negativen Patienten lagen die entsprechenden Werte bei 9,7 und 7,3 Monaten.

Friederike Klein

Literatur
1. Gillison ML et al. J Clin Oncol 2015; 33: 3235-42.
2. Bonner JA et al. N Engl J Med 2006; 354: 567-78.
3. Rosenthal DI et al. J Clin Oncol 2015, Dec 28 [Epub ahead of print].
4. Vermorken JB et al. N Engl J Med 2008; 359: 1116–27.
5. Vermorken JB et al. Ann Oncol 2014; 25: 801-7.

 

Symposium „10 Jahre zielgerichtete Therapie bei Kopf-Hals-Tumoren – Bedeutung und Erfahrung aus der Klinik“ im Rahmen des Deutschen Krebskongresses Berlin 2016 am 25.2.2016 in Berlin, veranstaltet von Merck Serono, Darmstadt.