Trends in Medical Mycology 2015 – Internationales Mykologen-Treffen in Lissabon

Ein Gespräch am Rande der Tagung mit Professor Dr. med. Dieter Buchheidt, Mannheim.

Mykosen, insbesondere systemische, lebensbedrohliche Pilzinfektionen, beschäftigen Wissenschaftler weltweit, und so trafen sich rund 1.200 Infektiologen, Mikrobiologen und Grundlagenforscher im Oktober 2015 auf dem 7th Trends in Medical Mycology (TIMM) in Lissabon. Der Kongress findet alle zwei Jahre in unterschiedlichen europäischen Hauptstädten statt. Als Tagung der European Confederation of Medical Mycology hat er sich längst über die europäische Ebene hinaus entwickelt, hin zu einer Veranstaltung mit internationaler Beteiligung und globaler Bedeutung.
Wie sieht ein Hämatologe, Onkologe, Infektiologe und Vorstandsmitglied der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMykG) die Trends dieser Tagung und was nimmt er mit? Das fragten wir Professor Dr. med. Dieter Buchheidt, stellvertretender Vorsitzender der DMykG e. V. und Oberarzt am Universitätsklinikum Mannheim. Aus hämatologischer Sicht liegt sein besonderes Interesse in den Möglichkeiten der Diagnostik invasiver Mykosen, speziell hervorgerufen durch Aspergillus fumigatus, einschließlich der molekularbiologischen Charakterisierung des Erregers auf die Entwicklung von Resistenzen. Dies ist ein relativ neues und klinisch bedeutendes Thema, weil es zumindest an einzelnen Zentren zunehmend Probleme bereitet und gerade auch für hämatologische Hochrisiko-Patienten von großem Belang sein kann. „Die Tagung verbindet Grundlagenforschung, Mikrobiologie und mit den klinisch tätigen Infektiologen auch die praktische Anwendung in der Klinik. So werden alle Fragestellungen miteinander gewinnbringend verknüpft.“ Die TIMM sei mittlerweile erfreulicherweise sehr groß geworden, ergänzt Buchheidt und schätzt das breite Spektrum der Themen und Referenten. Zahlreiche Nachwuchswissenschaftler sind vertreten. „Offensichtlich interessieren sich auch wieder sehr viele junge Kollegen für die Thematik“. Dies zeige auch die Präsenz bei den Vorträgen und den Posterpräsentationen – „ein wichtiges und sehr gutes Si­gnal für die Zukunft der Mykologie“, unterstreicht Buchheidt.
Für seine klinische und wissenschaftliche Arbeit steht die Diagnostik invasiver Aspergillus-Infektionen im Vordergrund. „Es gab dazu eine ganze Reihe sehr guter Übersichts- und Grundlagenforschungs-Vorträge“. Ein zunehmend wichtiges neues Thema, das viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, seien die seltenen Mykosen, weil sie in ihren Verläufen oftmals dramatisch sind und hinsichtlich der Diagnostik und Therapie viele Fragen aufwerfen. „Erfahrungswerte und Studien sowie der klinische und wissenschaftliche Austausch geben einige Antworten; bestehen bleibt aber eine Herausforderung an die mikrobiologische Kultur-basierte und molekularbiologische Diagnostik, die durch eine rasche und im Krankheitsverlauf frühzeitige Erreger-Differenzierung erst eine zielgerichtete Therapie möglich macht.“ Zusätzlich sei die Entwicklung neuer Substanzen und die Etablierung von Therapie-Algorithmen unverändert sehr wichtig, da die Sterblichkeit gerade bei diesen Infektionen sehr hoch ist.

Nehmen Mykosen zu?

Die Frage nach einer steigenden Inzidenz von Mykosen bei hämatologischen und onkologischen Risiko-Patienten sei – im Hinblick auf Zahlen – nicht eindeutig zu beantworten, sagt Buchheidt. Tatsache sei aber, dass immer mehr Patienten mit intensiver Immunsuppression therapiert werden können, insbesondere ältere Menschen, bedingt durch eine weitere Verbesserung supportiver Therapiemaßnahmen. Damit steige vermutlich auch die Inzidenz der Mykosen. Awareness sei daher immer wichtig, daneben Prophylaxe für Hochrisiko-Patienten sowie Diagnostik und Therapie in einem möglichst frühen Stadium einer systemischen Mykose. „Nicht zuletzt die Daten von A. Kumar zeigen, dass bei der Therapie einer invasiven Pilzinfektion jede Stunde hinsichtlich Überleben zählt: Je früher die Therapie beginnt, desto höher sind die Erfolgschancen.“

Erreichtes verbessern und Erfahrung weitertragen

Jetzt gehe es darum, die klinischen und wissenschaftlichen Erfahrungen der letzten Jahre weiterzutragen, für Weiterentwicklung zu sorgen und die junge Generation der Mikrobiologen und Infektiologen für das Thema Mykosen zu sensibilisieren. Dies sei seit vielen Jahren eines der wichtigsten Anliegen der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft. Sie und die angegliederte Myk-Stiftung fördern mit großem Erfolg den mykologischen Nachwuchs mit Preisen, Stipendien, Auszeichnungen und Wettbewerben.
Als jetziger stellvertretender Vorsitzender wird Buchheidt ab 2017 an der Spitze der Gesellschaft stehen und wie viele seiner Vorgänger Ideen verwirklichen und Impulse setzen. Die DMykG versteht er als Plattform für den interdisziplinären wissenschaftlichen und klinischen Austausch zwischen Grundlagenforschern und Klinikern. Darin liege die Chance, die Probleme aus beiden Richtungen aufzuzeigen und beispielsweise im Rahmen von Studien zu hinterfragen und zu lösen. Darüber hinaus bewege sich die Gesellschaft mit deutlichen Schritten weiter in Richtung europäische und auch internationale Zusammenarbeit, ergänzt Buchheidt. „Ich kenne in Deutschland keine Gesellschaft, die ein vergleichbares Spek­trum dieser Thematik abbildet.“ Präsentiert werden die Ergebnisse jeweils auf der wissenschaftlichen Jahrestagung MYK, die 2016 ihr 50. Jubiläum in Essen feiert (www.dmykg.de und www.dmykg-kongress.de).

ghw


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