Bei der Behandlung von Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom bleibt es eine Herausforderung, den Frauen eine möglichst lange Überlebenszeit bei gleichzeitig guter Lebensqualität zu geben. Mit den neuen zielgerichteten Substanzen gelingt dies zum Beispiel beim HER2-positiven Mammakarzinom immer zuverlässiger.

Für Patientinnen mit metastasierter HER2-positiver Erkrankung stehen mit Pertuzumab (Perjeta®) und Trastuzumab Emtansin (T-DM1, Kadcyla®) zwei hocheffektive neue, gegen den HER2-Rezeptor gerichtete Substanzen für die First- bzw. Second-Line-Behandlung zur Verfügung. Beide Medikamente bieten den Patientinnen die Chance auf einen signifikanten Überlebensvorteil. Die hohe Wirksamkeit des HER2-Dimerisierungshemmers Pertuzumab, der in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel für die First-Line-Behandlung von Patientinnen mit HER2-positivem, metastasiertem Mammakarzinom zugelassen ist, bestätigt sich laut Achim Rody, Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Lübeck, auch im klinischen Alltag. Die meisten Patientinnen, so Rody, sprechen gut und lange auf das Pertuzumab-Regime an.

Mit Pertuzumab länger überleben

Der entscheidende klinische Vorteil ist jedoch die Chance auf einen deutlichen Überlebensvorteil. Rody verwies auf die Zulassungsstudie CLEOPATRA: Hier hatte die doppelte Antikörper-Blockade mit Pertuzumab/Trastuzumab plus Docetaxel die mediane Überlebenszeit der Patientinnen im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Trastuzumab plus Docetaxel statistisch signifikant um fast 15,7 Monate verlängert (Hazard Ratio 0,68; p < 0,001). Die mediane Gesamtüberlebenszeit von fast fünf Jahren (56,5 Monate) ist bislang einmalig für Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem Mammakarzinom, so Rody.

Wie schon in der Zulassungsstudie zeigt auch die klinische Erfahrung, dass die Patientinnen unabhängig vom Alter (</≥ 65 Jahre), der (neo-)adjuvanten Vorbehandlung und unabhängig vom Hormonrezeptor-Status von der zusätzlichen Pertuzumab-Gabe profitieren.

T-DM1: Second-Line-Standard

Neuer Standard für die Second-Line-Behandlung von Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem Mammakarzinom ist das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab Emtansin, erläuterte Andreas Schneeweiss, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg. In der Zulassungsstudie EMILIA verlängerte die Substanz in der Zulassungsstudie die mediane Gesamtüberlebenszeit statistisch signifikant (p < 0,001). Im Vergleich zu den mit Capecitabin/Lapatinib behandelten Patientinnen im Kontrollarm überlebten die T-DM1-Patientinnen median fast sechs Monate länger (30,9 vs. 25,1 Monate, HR 0,68). Das, so Schneeweiss, ist genau das, was die Patientinnen wollen.

Trastuzumab SC – die anwenderfreundliche Option

Mit der subkutanen Trastuzumab-Galenik (Herceptin® SC) steht des Weiteren eine innovative Möglichkeit der Applikation von Trastuzumab zur Verfügung, die nicht nur für die Patientinnen, sondern auch für die Organisation des Klinikalltags wichtige Vorteile hat, erläuterte Christian Jackisch, Städtisches Klinikum Offenbach. Subkutanes Trastuzumab wird in fixer Dosierung von 600 mg in 5 ml Lösung mit einer Einmalspritze in das Unterhaut-Fettgewebe injiziert. Diese Injektion dauert drei bis maximal fünf Minuten.

Trastuzumab SC ist genauso wirksam wie die klassische intravenöse Gabe von Trastuzumab, betonte Jackisch. Dies hat die neoadjuvante Zulassungsstudie HannaH eindrucksvoll gezeigt. Die mittlerweile präsentierten 3-Jahres-Überlebensraten liegen unabhängig von der Applikationsform ≥ 90% und sind fast identisch.

Die klinische Erfahrung bestätigt für die subkutane Gabe laut Jackisch eine hohe Akzeptanz bei den Patientinnen. Entscheidend sei für die meisten Patientinnen die Zeitersparnis. Zudem lassen sich im Klinikalltag die Arbeitsprozesse effizienter organisieren und die Arbeit im Team flexibler gestalten. Die Zahl der Arbeitsschritte ist deutlich reduziert, da die Dosisberechnung entfällt und keine Infusion vorbereitet werden muss. Damit entfallen auch potenzielle Fehlerquellen.

HER2-negatives Mammakarzinom im Fokus

Auch die Prognose von Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom hat sich in den letzten Jahren verbessert, erläuterte Sherko Kümmel, Interdisziplinäres Brustkrebszentrum, Kliniken Essen-Mitte. So konnte der monoklonale Antikörper Bevacizumab (Avastin®) in Kombination mit der First-Line-Chemotherapie, speziell in Kombination mit Paclitaxel, im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie die Ansprechraten und die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) verdoppeln.

Für Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom und erhöhtem Behandlungsdruck ist daher die Kombination Bevacizumab/Paclitaxel eine Standardoption für die First-Line-Therapie. Die Wirksamkeit entspricht der einer Kombinationschemotherapie bei gleichzeitig guter Verträglichkeit, betonte Kümmel. Er wies darauf hin, dass immer mehr Studiendaten zeigen, dass die Patientinnen nach Beendigung der First-Line-Chemotherapie von der fortgesetzten Bevacizumab-Gabe bis zum Progress profitieren.

Birgit-Kristin Pohlmann

 

Lunch-Symposium „Mammakarzinom – zeitgemäße Therapien unter der Lupe“ bei der 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie am 25.6.2015, unterstützt von Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.