Wichtigstes Therapieziel in der Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) ist, das Potenzial der verfügbaren Therapien in allen Linien vollständig auszuschöpfen, um den Patienten so lange wie möglich in der Therapie halten zu können. Aktuelle Erkenntnisse deuten in der Erstlinien-Behandlung mit Sunitinib (Sutent®) darauf hin, dass eine Umstellung des 4/2-Schemas auf ein alternatives Regime, wie z. B. das 2/1-Schema, bei gleichbleibender Dosierungsstärke eine effektive Therapie-Maßnahme sein kann, um möglichst lange in der Erstlinie zu behandeln – bei besserer Verträglichkeit und ohne die Wirksamkeit zu beeinflussen [1, 2].

Die Einführung der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) erbrachte einen Durchbruch in der Behandlung des mRCC, erklärte Prof. Markus Kuczyk, Hannover. Inzwischen stellt der Wirkstoff Sunitinib eine etablierte Therapie für die Erstlinie dar, die aufgrund der überzeugenden Datenlage sowohl in den ESMO- als auch in den EAU-Leitlinien mit der höchsten Evidenz empfohlen wird [3, 4]. Um das Wirksamkeitspotenzial von Sunitinib voll auszuschöpfen, ist ein individuelles Therapie­management inklusive einer adäquaten Dosierung für eine möglichst lang andauernde Behandlung relevant [5, 6].

Vor Dosisreduktion alternative Dosierungsoptionen erwägen

Doch auch wenn eine Therapie sehr gut anschlägt, kann es vorkommen, dass der Patient die Therapie nicht optimal verträgt. In diesem Fall hat der Arzt verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel ein proaktives Management der Nebenwirkungen oder die Anpassung der Dosierung. „Damit der Patient die Therapie bei guter Lebensqualität weiterführen kann, gibt es inzwischen zahlreiche Maßnahmen, um Nebenwirkungen präventiv zu begegnen oder diese während der Therapie gut in den Griff zu bekommen“, so Kuczyk. Neue Studiendaten weisen darauf hin, dass das 2/1-Therapieschema von Sunitinib eine weitere praktikable Alternative für Patienten ist, die das 4/2-Schema nicht vertragen. Dies könne die Verträglichkeit des Wirkstoffs verbessern, ohne die Wirksamkeit zu beeinträchtigen.
Eine Dosisreduktion sollte erst bei anhaltender Unverträglichkeit als weitere Option in Erwägung gezogen werden, erklärte Prof. Axel Merseburger, Hannover. So konnte unter dem 2/1-Therapieschema unter anderem die Häufigkeit von Fatigue und Hand-Fuß-Syndrom
(p = 0,0003 bzw. 0,0004) sowie auch das Vorkommen von Mukositis signifikant gesenkt werden (p = 0,03; [1]). Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) nach Therapiebeginn mit Sunitinib im 4/2-Schema und darauf folgendem Wechsel auf das 2/1-Schema wird auf 43,9 Monate geschätzt (retrospektive Analyse; [1]).
„Neben der Reduktion von Nebenwirkungen kann die Umstellung des Schemas in einer längeren medianen Therapiedauer resultieren“, so Merseburger. Dies ist vor allem deshalb wichtig, da die Ansprechraten im Verlauf der Therapie ansteigen, wie in der Sunitinib-Zulassungsstudie gezeigt werden konnte [7, 8].

Auch in der Zweitlinie Therapie­potenziale ausschöpfen

Für die Zweitlinien-Therapie nach Versagen von Sunitinib oder einem Zytokin steht bereits seit über zwei Jahren der potente und hochselektive TKI Axitinib (Inlyta®) zur Verfügung [9] und wird in den ESMO- und EAU-Leitlinien empfohlen [3, 4]. Wie in der Erstlinien-Behandlung gilt auch in der Zweitlinie, dass eine Therapie so lange wie möglich gegeben werden sollte, wenn der Patient von ihr profitiert [6]. Wichtige Optionen, um dies zu erreichen, sind neben der Aufklärung des Patienten vor Therapiebeginn prophylaktische Maßnahmen, die er selbst durchführen kann, und ein adäquates Nebenwirkungsmanagement, v. a. auch eine individuelle Dosierung. „Aktuelle Daten vom
ASCO-GU-Kongress 2015 weisen da­rauf hin, dass eine auf den Patienten individuell abgestimmte Dosierung die Therapiedauer verlängern könnte“, so Prof. Viktor Grünwald, Hannover [10]. So lässt sich die Dosierung von Axitinib je nach Patient, ausgehend von der empfohlenen Dosierung von 2 x 5 mg/d, stufenweise erhöhen oder reduzieren [9] und liefert dem behandelnden Arzt reichlich Gestaltungsspielraum.
Auch für Berit Eberhardt, Das Lebenshaus e. V., ist klar: „Patienten möchten so lange wie möglich von einer Therapie profitieren, unter der bestmöglichen Lebensqualität“. In der Patientenorganisation bespricht die Gruppenleiterin mit den Klienten, wie Probleme frühzeitig erkannt werden können und rät in diesem Zusammenhang zum Führen eines Tagebuches. Da das mRCC eine seltene Erkrankung ist, hat sich Frau Eberhardt außerdem zum Ziel gesetzt, Betroffene auch über größere Distanzen hinweg zu vernetzen.

Bettina Baierl


Literatur
1. Najjar YG et al. Eur J Cancer 2014; 50: 1084-89.
2. Kalra S et al. Ann Oncol. 2015; Jan 26. (Epub ahead of print).
3. Escudier B et al. Ann Oncol 2014; 25 (3): iii49-iii56.
4. Ljungberg B et al. 2015; uroweb.org/guideline/renal-cell-carcinoma.
5. Houk BE et al. Cancer Chemother Pharmacol 2010; 66: 357-71.
6. Négrier S. Oncology 2012; March 21.
7. Motzer RJ et al. N Engl J Med 2007; 356: 115-24.
8. Motzer RJ et al. J Clin Oncol 2009; 27: 3584-90.
9. Fachinformation Inlyta®, Stand: Mai 2014.
10. Venur VA et al. Genitourinary Cancers Symposium 2015; Poster #444.
Fachjournalisten-Workshop „Potenziale von Sunitinib, Axitinib und Temsirolimus voll ausschöpfen: Therapiemanagement beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC)“ am 26. Mai 2015, Hannover, veranstaltet von Pfizer Oncology, Berlin.