Nach einem beschleunigten Prüfverfahren des EU-Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) wurde mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab (Opdivo®) der erste Vertreter einer neuen Generation immunonkologischer Medikamente zur Therapie des nicht vorbehandelten fortgeschrittenen Melanoms zugelassen. Nivolumab wird außerdem in einer Reihe weiterer Indikationen geprüft, darunter das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom.

Die Häufigkeit des malignen Melanoms steigt in Europa wie auch anderswo weiter an. Bis vor Kurzem gab es für Patienten in fortgeschrittenen Stadien noch kaum therapeutische Optionen. Seit einigen Jahren stehen mit BRAF-Inhibitoren für die etwa 50% der Patienten mit BRAF-mutiertem Melanom und mit dem CTLA4-Antikörper Ipilimumab für alle Patienten effektive Medikamente zur Verfügung. Insbesondere unter Ipilimumab erreicht ein Teil der Melanom-Patienten Überlebenszeiten, die vor kurzer Zeit noch nicht vorstellbar waren.
Das immer bessere Verständnis der Mechanismen, mit deren Hilfe das Immunsystem prinzipiell imstande ist, Krebszellen effektiv zu bekämpfen, hat nun zu einer neuen Klasse von immunonkologischen Therapeutika geführt: T-Lymphozyten sind grundsätzlich in der Lage, Krebszellen abzutöten, aber es gibt sogenannte Checkpoint-Mechanismen, mit denen verhindert wird, dass die T-Zellen normale Körpergewebe angreifen und Autoimmunerkrankungen verursachen. Oberflächenmoleküle auf der T-Zelle (z. B. PD-1 = „Programmed Death 1“) und deren Liganden auf Körperzellen (z. B. PD-L1) interagieren miteinander und bremsen dabei die Vermehrung und Aktivierung der T-Zelle. Krebszellen machen sich diesen Mechanismus zunutze, indem sie selbst PD-L1 exprimieren und so die Immunabwehr ausbremsen. Um diesen Schutz der Tumorzellen zu durchbrechen, wurden Antikörper gegen PD-1 und PD-L1 entwickelt. Der erste nun zur Therapie des fortgeschrittenen Melanoms zugelassene ist der PD-1-Antikörper Nivolumab, so Dirk Schadendorf, Essen.
Nivolumab wurde in der Check­Mate-066-Studie in Monotherapie randomisiert bei mehr als 400 nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem (inoperablem oder metastasiertem) Melanom gegen Dacarbazin getestet [1]. Beim primären Endpunkt Gesamtüberleben war Nivolumab mit einer 1-Jahres-Überlebensrate von 73% der Chemotherapie mit nur 42% weit überlegen: Das Mortalitätsrisiko wurde mehr als halbiert (Hazard Ratio 0,42; p < 0,0001). Auch beim progressionsfreien Überleben (median 5,1 versus 2,2 Monate;
HR 0,43; p < 0,001) und beim Ansprechen (40% vs. 13,9%; Odds Ratio 4,06;
p < 0,001) war der Antikörper deutlich besser –und das bei wesentlich besserer Verträglichkeit: Nur 6,8% der Patienten im Nivolumab-Arm brachen die Behandlung wegen Nebenwirkungen ab gegenüber 11,7% im Dacarbazin-Arm. Bei den unerwünschten Ereignissen vom Grad 3 oder 4 war das Verhältnis mit 11,7% vs. 17,6% ähnlich gut. Die häufigsten Nebenwirkungen waren unter Nivolumab Fatigue (20%), Juckreiz (17%) und Übelkeit (16,5%), unter Dacarbazin Übelkeit (41,5%), Erbrechen (21%), Fatigue (15%), Diarrhö (15%), Neutropenie (11,2%) und Thrombozytopenie (10,2%). Behandlungsbedingte Todesfälle gab es in keinem der beiden Arme.
In einer weiteren Phase-III-Studie (CheckMate-037) wurden 405 Patienten, die bereits Ipilimumab und (bei Vorliegen einer BRAF-Mutation) einen BRAF-Inhibitor erhalten hatten, im Verhältnis 2:1 randomisiert mit Nivolumab oder mit einer Chemotherapie nach Wahl des behandelnden Arztes therapiert [2]. In einer Interimsanalyse war Nivolumab auch hier überlegen, mit einer Ansprechrate von 32% gegenüber 11% unter der Chemotherapie. Patienten, die auf Nivolumab ansprachen, konnten dieses Ansprechen zu 87% über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg halten.
„Die Einführung von Nivolumab stellt einen entscheidenden Fortschritt bei der Verbesserung des Langzeitüberlebens von Patienten mit metastasiertem Melanom dar, dessen Prognose bis vor fünf Jahren noch infaust war“, so Schadendorf. Die Zulassung ist sehr breit angelegt: Sie gilt in Monotherapie für Erwachsene mit fortgeschrittenem (nicht resezierbarem oder metastasiertem) Melanom ohne Einschränkung auf eine bestimmte Therapielinie.

Josef Gulden

Literatur

1. Robert C et al. Nivoluamb in previously untreated melanoma without BRAF mutation. N Engl J Med 2015; 372: 320-30.

2. Weber J et al. Nivolumab versus chemotherapy in patients with advanced melanoma who progressed after anti-CTLA-4- treatment (CheckMate 037): A randomized, controlled, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2015; 16: 375-84.


Pressekonferenz „Mit Opdivo® von der Vision zur Wirklichkeit. Eine neue Zeit für Patienten mit metastasiertem Melanom“ im Rahmen des

4th European Post-Chicago Melanoma Meetings am 26.6.2015 in München, veranstaltet von Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München.