Für Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) steht seit Kurzem mit Ceritinib ein ALK-Inhibitor der zweiten Generation zur Verfügung. Die Substanz kann Patienten, bei denen unter dem ALK-Inhibitor der ersten Generation Crizotinib eine Progredienz eingetreten ist, eine weitere Phase guter Tumorkontrolle und Lebensqualität verschaffen. Ceritinib weist insbesondere eine ausgeprägte Wirkung gegen Hirnmetastasen auf.

Bei etwa 5% der Patienten mit NSCLC ist die anaplastische Lymphomkinase (ALK) aufgrund einer Translokation unter Einschluss des ALK-Gens aktiviert. Dies geht mit einem besonders aggressiven Tumorwachstum einher. Für diese Minderheit von Patienten – häufiger jünger und Nie-Raucher – steht mit dem ALK-Inhibitor Crizotinib seit 2012 eine sehr effektive zielgerichtete Therapie zur Verfügung. „Sie macht aus den Patienten im Vergleich zur Chemotherapie ganz andere Menschen, die kaum unter Nebenwirkungen leiden, arbeiten können und sportlich aktiv sein können“, betonte Prof. Dr. Jürgen Wolf, Köln. „Doch meist dauert es nicht lange, bis es zur Progression kommt, und für die Patienten die Welt zusammenbricht“, so Wolf. Bei der Hälfte der Patienten, die mit Crizotinib behandelt werden, sind bei der ersten Progression Hirnmetastasen beteiligt, weil Crizotinib gegen diese eingeschränkt effektiv ist.
Aus dieser verzweifelten Situation der Crizotinib-Resistenz kann man die Patienten nun mit dem neuen ALK-Inhibitor Ceritinib (Zykadia®) für eine beträchtliche Zeitspanne befreien. Die Substanz ist seit dem 6. Mai 2015 in der EU zur Therapie des ALK-positiven NSCLC nach Vorbehandlung mit Crizotinib zugelassen und seit dem 1. Juli 2015 auch verfügbar. Dass das Prinzip der ALK-Inhibition ein zweites Mal funktioniert, liegt daran, dass sich unter dem onkogenen Druck der ALK-Mutation beim Rezidiv häufig wiederum ein hoher Anteil ALK-positiver Zellen bildet, erläuterte Prof. Dr. Michael Thomas, Heidelberg.

Ceritinib wiederholt den Crizotinib-Effekt

Zur Zulassung von Ceritinib führten die Ergebnisse der Studien ASCEND-1 [1] und ASCEND-2 [2], beides offene einarmige multizentrische Studien mit Patienten, die an einem fortgeschrittenen ALK-positiven NSCLC litten. In der initialen Dosis-Eskalationsphase von ASCEND-1 wurde eine Dosis von 750 mg einmal täglich als optimal ermittelt und in der Expansionsphase an 246 Patienten evaluiert. Von diesen waren 163 mit einem anderen ALK-Inhibitor vorbehandelt und 83 nicht. Die Responserate bei allen Patienten betrug 61,8%, bei den vorbehandelten 56,4%. Die Wirkung trat erstaunlich schnell ein. „Auch in der Praxis beobachten wir, dass die Leitsymptome Schmerz, Husten und Atemnot schon ab der zweiten Woche der Therapie mit Ceritinib spürbar weniger werden“, berichtete Wolf. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug bei Patienten ohne Vorbehandlung neun Monate, bei den vorbehandelten 6,9 Monate. „Das liegt in dem Bereich, den wir auch bei Crizotinib in der Erstlinie beobachten“, so Wolf.
Die Studie ASCEND-2 schloss 140 Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem ALK-positivem NSCLC ein, die nach einer Standard-Chemotherapie (bis zu drei Linien) und Crizotinib-Vortherapie wiederum progredient geworden waren. Sie erhielten nun 750 mg Ceritinib pro Tag. Nach dem Urteil der Prüfärzte erreichten sie eine Responserate von 38,6%, ein medianes progressionsfreies Überleben von 5,7 Monaten und eine Krankheitskontrollrate von 77,1%.

Hirnmetastasen sprechen gut an

 ASCEND-1 und ASCEND-2 lagen zu Beginn der Therapie Hirnmetastasen vor. Präklinische Studien hatten gezeigt, dass Ceritinib sehr gut ins Gehirn penetriert. Bei ALK-vorbehandelten Patienten mit Hirnmetastasierung zeigte Ceritinib eine intrakranielle Responserate von 65% in ASCEND-1 und von 80% in ASCEND-2. „Durch die ZNS-Wirksamkeit von Ceritinib haben Hirnmetastasen ihre Bedeutung als entscheidender negativer prognostischer Faktor verloren“, so Wolf.
Das Sicherheitsprofil von Ceritinib entspricht dem, was von ALK-Inhibitoren bekannt ist. In den klinischen Studien traten erhöhte Leberwerte, Fatigue, Diarrhö, Übelkeit und Hyper­glykämie als unerwünschte Ereignisse der Schweregrade 3 oder 4 mit einer Inzidenz von ≥ 5% auf. Drei Viertel der Patienten brauchten mindestens einmal eine Dosisreduktion oder Unterbrechung der Therapie, am häufigsten wegen gastrointestinaler Nebeneffekte. Aber nur 10% mussten das Medikament wegen solcher Effekte absetzen, erklärte Thomas. Da sich diese Nebenwirkungen vor allem in den ersten ein bis zwei Wochen zeigen, sind am Anfang der Therapie besonders engmaschige Kontrollen erforderlich, und der Patient muss genau informiert werden, welche Probleme auftreten können und was dann zu tun ist.

Angelika Bischoff

Literatur
1. Shaw AT et al. N Engl J Med 2014; 370: 1189-97.
2. Mok T et al. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): 436s (ASCO 2015, Abstract #8059).

Zulassungs-Pressekonferenz „Zykadia® – die neue Therapieoption für vorbehandelte ALK-positive Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC)“ in Frankfurt/Main, 1.7.2015, veranstaltet von Novartis Oncology, Nürnberg.