2nd Immunotherapy of Cancer Conference (ITOC-2)

Natürlich arbeiten die Immunologen schon seit Langem – wenn man so will, bereits seit den Zeiten Paul Ehrlichs – daran, Krebs mithilfe des Immunsystems zu bekämpfen. So richtig in Gang gekommen ist das Gebiet aber klinisch erst in den 1990er-Jahren mit der Einführung der ersten monoklonalen Antikörper gegen Tumor-Antigene. Was sich aber in den letzten Jahren entwickelt hat, ruft vielfach eine regelrechte Goldgräberstimmung hervor und lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass die Immunologen mittlerweile wichtige Mechanismen entschlüsseln konnten, über die das Immunsystem die Abwehr von Tumorzellen reguliert. Ein internationaler Kongress (Immunotherapy of Cancer Conference) soll künftig jedes Jahr Kliniker und vor allem Grundlagenforscher zusammenbringen, um die translationale Forschung auf dem Gebiet zu fördern und zu beschleunigen.

Die Entdeckung und Charakterisierung der Immuncheckpoint-Mechanismen, mit deren Hilfe T-Lymphozyten von der Auslösung von Autoimmunreaktionen abgehalten werden sollen, gleichzeitig aber auch an der Bekämpfung von Tumorzellen gehindert werden, war ein Meilenstein in der Immunonkologie. Ipilimumab, ein Antikörper gegen das Checkpoint-Molekül CTLA-4, das bereits die Rekrutierung von T-Zellen behindert, hat die Therapie des malignen Melanoms verändert: Zum einen kann es die medianen Überlebenszeiten der Patienten verlängern, vor allem aber scheint ein Anteil von etwa einem Fünftel langfristig krankheitsfrei zu werden – mit dem Begriff Heilung gehen die Dermatoonkologen zu Recht noch vorsichtig um.
Mittlerweile ist die zweite Generation der Checkpoint-Inhibitoren auf dem Weg in die Klinik: Antikörper, die die PD-1-/PD-L1-Achse der Immunregulation hemmen, durch die die T-Zellen in der Peripherie, also auch im Tumorgewebe direkt in ihrer Aktivität eingeschränkt werden. Diese Substanzen werden von Anfang an an einem breiten Spektrum von soliden, aber auch hämatologischen Tumoren getestet, weil sich gezeigt hat, dass sie vor allem bei Malignomen mit hoher Mutationsfrequenz ihre Wirkung entfalten. Noch befinden sie sich größtenteils erst im Zulassungsverfahren für die ersten Indikationen, aber es gibt bereits erste Ergebnisse zur Kombination verschiedener Checkpoint-Inhibitoren miteinander, über die Paolo Ascierto, Neapel, einen Überblick gab.
So wurde in einer Studie der anti-PD-1-Antikörper Nivolumab mit Ipilimumab (anti-CTLA-4) bei Patienten mit metastasiertem Melanom kombiniert, und die Kombination erwies sich als deutlich wirksamer als beide Sub­stanzen in Monotherapie. Gar nicht trivial, so Ascierto, ist die Frage, ob man mehrere immuntherapeutische Ansätze, wenn man sie beim gleichen Patienten kombiniert, besser simultan oder sequenziell gibt. In dieser Studie war die simultane Gabe mit einer 2-Jahres-Überlebensrate von über 80% der sequenziellen Gabe mit weniger als 50% deutlich überlegen. Man kann die Checkpoint-Inhibitoren auch mit Vakzinen kombinieren: Ipilimumab wurde in einer Phase-Ib-Studie nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Melanom mit Laherparepvec (T-VEC) gegeben, und das führte zu einer Ansprechrate von 56%; 33% dieser Remissionen waren komplett.
Auch die Radiotherapie ist offenbar ein Kandidat, der sich mit den neuen Immuntherapien gut kombinieren lässt: Dabei werden nämlich offenbar in benachbarten Lymphknoten den­dritische und CD8-positive T-Zellen aktiviert, worauf sie über das Gefäßsystem ins Tumorgewebe eindringen können. Dabei beobachtet man einen „abskopalen“ Effekt: Bei ungefähr jedem zweiten Patienten kommt es zur Rückbildung auch von nicht bestrahlten Tumoren und Metastasen – beispielsweise bei Melanom-Patienten, die nach der Gabe von Ipilimumab bestrahlt wurden. Beim Prostatakarzinom wurde dieser Effekt in einer großen Phase-III-Studie mit beinahe 800 Patienten systematisch getestet: Die Patienten waren wegen ihrer Knochenmetastasen bestrahlt worden und hatten danach Ipilimumab erhalten. Auch wenn der Effekt nur grenzwertig signifikant war, schien damit ein Überlebensvorteil assoziiert zu sein, so Ascierto. Wo man bei metastasierter Erkrankung am besten bestrahlt, bleibt ebenso noch herauszufinden wie die optimale Dosis und Fraktionierung oder welche Subgruppen von Patienten besonders profitieren.
Natürlich bietet sich auch die Erforschung von Kombinationen aus Checkpoint-Inhibitoren und zielgerichteten Therapien an, die etwa bei Melanomen mit Ipilimumab und BRAF-Inhibitoren beinahe gleichzeitig eingeführt worden waren. Mehrere Studien belegen eine zumindest additive Wirkung, so Ascierto. Wichtig ist vor allem die vollständige Gabe der vier Dosen der Induktionstherapie mit Ipilimumab. Die Frage der Sequenz von BRAF- plus MEK-Inhibitor einerseits und Immuntherapie (Ipilimumab plus Nivolumab) andererseits in diesen Kombinationen soll systematisch und randomisiert in der dreiarmigen Phase-II-Studie SECOMBIT (Sequential Combo Immuno and Target Therapy) untersucht werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Studien zu Kombinationen von Immuntherapien mit anderen Modalitäten – immer mit dem, Ziel, das Plateau der Überlebenskurven, das bereits mit Ipilimumab bei etwa 20% erreicht wurde, noch stärker anzuheben, so Ascierto.