Unser Verständnis des Immunsystems hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, wobei eine ganze Reihe neuer Zielstrukturen für Krebstherapien identifiziert wurde. So haben Immuntherapien, die das Immunsystem des Patienten ertüchtigen sollen, um Krebserkrankungen wirksamer zu bekämpfen, bereits die Art und Weise verändert, in der Patienten mit Melanom behandelt werden, so Winald Gerritsen, Nijmegen. Für einen Teil der Patienten scheinen diese Medikamente – wie z. B. der Anti-CTLA-4-Antikörper Ipilimumab – ein Langzeit-Überleben zu ermöglichen.
Auch Lungenkarzinome, die wichtigsten tödlichen Krebserkrankungen weltweit, so Peter Brossart, Bonn, sind grundsätzlich zugänglich für Angriffe des Immunsystems. Allerdings haben Tumoren zahlreiche Mechanismen entwickelt, wie sie sich diesen Nachstellungen entziehen können. Unter anderem nutzen sie Checkpoint-Mechanismen: Diese kontrollieren im Normalfall Immunreaktionen, um Schäden an normalen Geweben zu verhindern. Zwei der wichtigsten Immuncheckpoint-Moleküle sind CTLA-4 (der CTLA-4-Antikörper Ipilimumab ist bereits zur Therapie des Melanoms zugelassen) und PD-1, das auf T-Zellen exprimiert wird. Bindet es an seinen Liganden PD-L1, der sich auf vielen Tumorzellen findet, werden die T-Zellen inaktiviert und können die Krebszellen nicht mehr zerstören.
Der PD-1-Antikörper Nivolumab hat in einer Phase-I-Studie bei vorbehandelten Patienten mit NSCLC zu einer 3-Jahres-Überlebensrate von 27% geführt, ohne Unterschied zwischen Plattenepithel- und Nicht-Plattenepithelkarzinomen. In einer Phase-II-Studie erreichte die wirksamste Dosierung von
3 mg/kg alle zwei Wochen bei Patienten mit therapierefraktärem Plattenepithelkarzinom eine mediane Überlebenszeit von 8,2 Monaten und eine 1-Jahres-Überlebensrate von 41%. Derzeit laufen zwei große Phase-III-Studien zum Plattenepithel- bzw. zum Nicht-Plattenepithelkarzinom, in denen Nivolumab bei mit Platin vorbehandelten Patienten randomisiert gegen eine Standardchemotherapie mit Docetaxel getestet wird. Der in einer Interimsanalyse nachweisbare Überlebensvorteil war Anlass für die Zulassung von Nivolumab zur Therapie des vorbehandelten metastasierten Plattenepithelkarzinoms in den USA.
Die Expression des Liganden PD-L1 im Tumorgewebe, so Brossart, ist zwar signifikant mit einem besseren Ansprechen und Überleben assoziiert, aber auch Patienten mit PD-L1-negativen Tumoren können auf diese Therapie ansprechen. Die nächsten Schritte in der Weiterentwicklung der Immunonkologie wird die Testung diverser Kombinationstherapien sein, mit denen sich hoffentlich das Plateau der Überlebenskurven bei onkologischen Patienten weiter anheben lässt.
jfg
Satellitensymposium „Broadening the horizon of immuno-oncology in 2015: Melanoma, lung cancer and beyond“ bei der 2nd Immunotherapy of Cancer Conference am 26.3.2015 in München, unterstützt von Bristol-Myers Squibb.