Übelkeit und Erbrechen sind eine der größten Unannehmlichkeiten, die Krebspatienten im Verlauf der Therapie in Kauf nehmen müssen. Das Risiko variiert je nach Art des Tumors und der Chemotherapie, und auch psychische und physische Eigenschaften der Patienten spielen eine Rolle. In repräsentativen Erhebungen zeigt sich, dass Ärzte und Schwestern oftmals Häufigkeit und Schweregrad von Übelkeit und Erbrechen unterschätzen, insbesondere bei der verzögerten Übelkeit [1]. In den ASCO-Leitlinien von 2011 [2] wird bei Gabe einer Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie eine Dreifachkombination aus 5-HT3-Rezeptorantagonist, NK1-Rezeptor­antagonist und Dexamethason zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen empfohlen. Bei moderat emetogener Chemotherapie wird explizit der moderne 5-HT3-Rezeptorantagonist Palonosetron mit längerer Halbwertszeit und stärkerer Rezeptorbindung als Prophylaktikum benannt.

Die Dreifachkombination mit Palonosetron ist aus zwei Gründen hocheffektiv und praktisch bei Anthrazyklin-haltigen Chemotherapien, so Dr. Jörg Schilling, niedergelassener Gynäkoonkologie in Berlin: Zum einen wirkt Palonosetron auch in der verzögerten Phase, und zum anderen kann durch die Einmalgabe der gesamte Chemotherapie-Zyklus antiemetisch abgedeckt werden. Grunberg et al. zeigten in einer Studie [3], dass die Dreifachkombination bei Cyclophosphamid- oder Doxorubicin-haltigen Chemotherapien hocheffektiv ist und ein günstiges Nebenwirkungsprofil hat und damit zu einer weiteren Vereinfachung der antiemetischen Prophylaxe beitragen kann.
Der Berufsverband Niedergelassener Gynäkologischer Onkologen (BNGO) e.V.  hat in seinem Register die Gabe von Palonosetron in Zweifach- und Dreifachkombination bei Anthrazyklin-haltiger Chemotherapie bei 1.299 Patientinnen untersucht. Im Zeitraum von 2007–2011 erhielten 56% dieser Patientinnen eine Monotherapie mit Palonosetron, 15% eine Zweifachkombination und 23% eine Dreifachkombination. Auf die Zweifachkombination sprachen 70% der Patienten komplett an, auf die Dreifachkombination 82%. Insbesondere bei jüngeren Patientinnen scheint die Dreifachkombination hoch effektiv zu sein. Die Schlussfolgerung aus dieser Untersuchung ist, dass die Mehrheit der niedergelassenen gynäkologischen Onkologen bei Patientinnen mit Mammakarzinom eine leitliniengerechte Antiemese unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren der einzelnen Patientin durchführt.
In Europa, so Schilling, wird es im Verlauf des Jahres 2015 voraussichtlich eine orale Fixdosis-Kombination geben, bestehend aus dem 5-HT3-Rezeptorantagonisten Palonosetron (0,5 mg) und dem neuen, hochselektiven NK1-Rezeptorantagonisten Netupitant (300 mg). Die Zulassung durch die Food and Drug Administration der USA erfolgte bereits im Oktober 2014. Die Fixkombination wurde zur dualen antiemetischen Prophylaxe von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen (CINV) entwickelt und besticht neben ihrer hohen Effektivität vor allem auch durch eine Einmal-Gabe pro Zyklus, die durch die hohen Halbwertzeiten der beiden Substanzen möglich wird (90 Stunden für Netupitant, 40 Stunden für Palonosetron). In der randomisierten Zulassungsstudie, in der die Verumgruppe die Fixkombination vor jedem Zyklus der Cisplatin-haltigen Chemotherapie erhielt [4], waren 90% der Patienten komplett vor CINV geschützt, d. h. sie hatten kein Erbrechen und benötigten dafür auch keine Notfallmedikation.
In einer weiteren zulassungsrelevanten Studie [5] waren 88,4% der Patienten, die NEPA und Dexamethason vor einer Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie bekommen hatten, frei von akuter und 76,9% frei von verzögerter Emesis; insgesamt waren 74,3% frei von jeglicher Übelkeit und Erbrechen. Der Unterschied zu Palonosetron und Dexamethason war jeweils signifikant. In einer dritten randomisierten Studie schließlich erwies sich NEPA als gleichbleibend wirksam über sechs Zyklen einer moderat bis hoch emetogenen Chemotherapie [6]. Mit der Zulassung und Einführung von NEPA in Europa wird im im Sommer 2015 gerechnet, so Schilling.

Josef Gulden


Literatur

1. Grunberg S. Incidence of chemotherapy-induced nausea and emesis after modern antiemetics. Cancer 2004; 100: 2261-8.
2. Basch E. et al. Antiemetics: American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline update. J Clin Oncol 2011; 31: 4189-98.
3. Grunberg SM et al. Effectiveness of a single-day three-drug regimen of dexamethasone, palonosetron, and aprepitant for the prevention of acute and delayed nausea and vomiting caused by moderately emetogenic chemotherapy. Support Care Cancer 2009; 17 (5): 589-94.
4. Hesketh PJ et al. Efficacy and safety of NEPA, an oral combination of netupitant and palonosetron, for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting following highly emetogenic chemotherapy: a randomized dose-ranging pivotal study. Ann Oncol 2014; 25: 1340-6.
5. Aapro M et al. A randomized phase III study evaluating the efficacy and safety of NEPA, a fixed-dose combination of netupitant and palonosetron, for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting following moderately emetogenic chemotherapy.Annals of Oncology 2014; 25 (7): 1328-33.
6. Gralla R et al. A phase III study evaluating the safety and efficacy of NEPA, a fixed-dose combination of netupitant and palonosetron, for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting over repeated cycles of chemotherapy. Ann Oncol 2014; 25: 1333-9.

Fachpresse-Workshop der POMME-med  GmbH am 18. Dezember 2014 in München.