Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämie-Form überhaupt. Die Patienten sind meist älter: Das mediane Alter bei Diagnose liegt bei 72 Jahren, d. h. nach Daten des SEER-Registers des National Cancer Institute sind 42,5% der Patienten mindestens 75 Jahre und weitere 30,9% zwischen 65 und 75 Jahre alt. Mit knapp drei Viertel über 65-Jährigen verwundert es daher nicht, so Stephan Stilgenbauer, Ulm, dass die CLL-Therapie sich am Allgemeinzustand der Patienten orientiert: Wirklich fitte Patienten (in der Terminologie der Deutschen CLL-Studiengruppe sogenannte „Go-go“-Patienten), die nur einen relativ kleinen Anteil ausmachen, können eine intensive Therapie erhalten, während die Mehrzahl der Patienten in die „Slow-go“-Gruppe fällt, wo Komorbiditäten, eingeschränkte Organfunktion und ein reduzierter Allgemeinzustand auch zur Reduktion der Therapieintensität zwingen. Gebrechliche Patienten schließlich („No-go“) können lediglich palliativ behandelt werden.

CD20-Antikörper haben die Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen und der CLL in den letzten Jahren stark vorangebracht. Neben Rituximab hat sich auch Ofatumumab (Arzerra®) mittlerweile etabliert, ein voll humaner Antikörper, der in vitro auch Rituximab-resistente Zellen abtöten kann [1]. Die Zulassung zur Erstlinientherapie in Kombination mit Chlorambucil basiert auf der Phase-III-Studie COMPLEMENT-1, in die 447 nicht vorbehandelte Patienten mit CLL eingeschlossen wurden, die für eine Fludarabin-basierte Therapie nicht geeignet waren, aber einen ECOG-Performancestatus von höchstens 2 aufwiesen [2]. Vorgesehen waren maximal zwölf Zyklen Ofatumumab/Chlorambucil, 82% der Patienten konnten mindestens sechs Zyklen erhalten.
Die Kombination war mit 82% Remissionen der Chlorambucil-Monotherapie mit 69% signifikant überlegen (p < 0,001), bei 12% vs. 1% klinischen Komplettremissionen, so Stilgenbauer. Besonders bemerkenswert war ein Anteil von 37% der Patienten in Komplettremission, die unter Ofatumumab und Chlorambucil auch negativ bezüglich der minimalen Resterkrankung wurden. Das progressionsfreie Überleben wurde durch die Kombination von 13,1 auf 22,4 Monate signifikant verlängert (Hazard Ratio 0,57; p < 0,001), die Zeit bis zur nächsten CLL-Therapie von 24,7 auf 39,8 Monate (HR 0,49; p < 0,001). An Grad-3/4-Nebenwirkungen, die unter der Kombination häufiger auftraten, waren lediglich Neutropenien (26% vs. 14%) und natürlich Infusionsreaktionen (10% vs. 0%) zu verzeichnen. Zu Therapieabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen kam es in beiden Armen bei 13% der Patienten.

Hochwirksame Kombination mit Bendamustin

Eine Zulassung hat Ofatumumab in der Erstlinientherapie auch in der Kombination mit Bendamustin, einem sehr wirksamen, aber dennoch gut verträglichen Chemotherapeutikum, das aus eben diesen Gründen in den letzten Jahren vor allem bei indolenten Non-Hodgkin-Lymphomen „Karriere“ gemacht hat und sich auch bei „Slow-go“-Patienten mit CLL anbietet. In der Phase-II-Studie, die dieser Zulassung zugrunde liegt [3], wurden 44 Patienten mit neu diagnostizierter CLL, die sich wiederum nicht für eine Fludarabin-basierte Therapie eigneten, mit maximal sechs Zyklen Bendamustin und Ofatumumab behandelt; 89% von ihnen konnten alle sechs Zyklen bekommen. Die Ansprechrate lag hier mit 95% noch einmal deutlich höher als in der COMPLEMENT-1-Studie; 43% der Patienten erreichten eine komplette Remission, weitere 5% eine Komplettremission mit unvollständiger Erholung des Blutbilds. Mit 56% konnte mehr als die Hälfte der Patienten mit Komplettremission auch MRD-Negativität erzielen. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 14 Monaten waren 98% der Patienten progressionsfrei. Die Behandlung war auch hier gut verträglich, an Grad-3/4-Nebenwirkungen wurden Neutropenien (36%), Infektionen (11%), Infusionsreaktionen (11%) und Hautausschläge (5%) registriert.

 

Nächster Schritt: Erhaltungstherapie?

Ofatumumab hat auch eine Zulassung als Monotherapie bei Patienten, die refraktär gegenüber Fludarabin und Alemtuzumab sind. Beim ASH-Kongress in San Francisco im Dezember 2014, so Stilgenbauer, wurden auch erste Ergebnisse einer Studie vorgestellt, in der Patienten, die nach einer Zweit- oder Drittlinientherapie mindestens in einer partiellen Remission waren, randomisiert entweder eine Ofatumumab-Erhaltungstherapie erhielten oder nur beo­bachtet wurden [4]. Die vorläufige Auswertung ergab beinahe eine Verdoppelung des progressionsfreien Überlebens (von 15,2 auf 28,6 Monate; HR 0,48; p < 0,0001) und eine deutliche Verlängerung der Zeit bis zur nächsten CLL-Therapie (von 27,4 auf 38,0 Monate; HR 0,63; p = 0,0076). Beim Gesamtüberleben zeigt sich bis jetzt noch kein signifikanter Unterschied.

Josef Gulden


Literatur
1. Teeling JL et al. Characterization of new human CD20 monoclonal antibodies with potent cytolytic activity against non-Hodgkin lymphomas. Blood 2004; 104: 1793-800.
2. Hillmen P et al. Ofatumumab + chlorambucil versus chlor­ambucil alone in patients with untreated chronic lymphocytic leukemia (CLL): Results of the phase III study Complement 1 (OMB110911). ASH 2013, Abstract #528.
3. Offner F et al. Ofatumumab and bendamustin combination therapy in patients with untreated and relapsed chronic lymphocytic leukemia: Initial results of the phase II study OMB115991. iwCLL-Kongress 2013, Abstract 4.29.
4. van Oers MHJ et al. Ofatumumab (OFA) maintenance prolongs PFS in relapsed CLL: Prolong study interim analysis results. ASH 2014, Abstract #21.

Fachpresse-Workshop der POMME-med  GmbH am 18. Dezember 2014 in München.