Palliative Chemotherapie des Pankreaskarzinoms

Stephan Kruger, Michael Haas, Stefan Böck, Volker Heinemann

In Deutschland erkranken ca. 16.000 Patienten jährlich an einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas. Dies entspricht in etwa der Zahl an Todesfällen (15.500), welche durch das Pankreaskarzinom pro Jahr verursacht werden [1]. Es stellt somit deutschlandweit die vierthäufigste Krebstodesursache dar [1]. Insgesamt ist mit einer deutlichen Zunahme der Todesfälle durch diese Erkrankung zu rechnen. So zeigen Hochrechnungen aus den USA, dass die Zahl der Todesfälle dort von 37.888 im Jahr 2010 auf 43.000 (2020) beziehungsweise 63.000 (2030) steigen könnte [2]. Das Pankreaskarzinom würde somit zur zweithäufigsten Krebstodesursache nach dem Lungenkarzinom aufsteigen [2]. Neben demografischen Faktoren ist die genannte Entwicklung durch die weiterhin ungünstige Pro­gnose dieses Tumors bedingt. Trotz jüngster Fortschritte in der Therapie liegt die durchschnittliche Überlebensrate nach fünf Jahren weiterhin bei unter 5% [3].
Die einzige kurative Behandlungsmöglichkeit des Pankreaskarzinoms ist die Resektion. Diese kann aber nur bei einem geringen Teil der Patienten durchgeführt werden. Bei Erstdiagnose liegt bei über 80% der Patienten ein fortgeschrittenes, irresektables Krankheitsstadium (lokal fortgeschritten, irresektabel: 15–20%; metastasiert: 60–70% aller Patienten) vor [3]. Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Pankreaskarzinom stellen prognostisch und möglicherweise auch biologisch unterschiedliche Tumorentitäten dar. So haben Patienten mit einer lokal fortgeschrittenen Erkrankung eine mediane Überlebenszeit von 9–11 Monaten, während die meisten Studien im Stadium der metastasierten Erkrankung von einer medianen Überlebenszeit zwischen 6–8 Monaten berichten [4]. Es liegt daher nahe, diese Entitäten nach jeweils spezifischen Protokollen zu behandeln.
Aufgrund einer fehlenden Differenzierung dieser Populationen in der Mehrzahl der durchgeführten Studien ist eine genaue Aussage zu Unterschieden in der Behandlung jedoch erschwert [4]. In den meisten Studien zur palliativen Chemotherapie des Pankreaskarzinoms lag bei über 80% der behandelten Patienten ein metastasiertes Stadium vor. Die Ergebnisse dieser Studien gelten somit insbesondere für Patienten mit metastasiertem Pankreas­karzinom.

Rationale für eine palliative Chemotherapie

In einer Vielzahl von Studien konnte gezeigt werden, dass eine palliative Chemotherapie beim Pankreaskarzinom zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens und einer Verbesserung der Lebensqualität führt [5–7]. So randomisierten Glimelius et al. 90 Patienten mit Pankreaskarzinom (n = 53) oder biliären (n = 37) Tumoren zwischen einer 5-Fluorouracil(5-FU)-haltigen Chemotherapie oder „Best Supportive Care“. Bei diesen Patienten, welche im Zeitraum zwischen 1991 und 1995 behandelt wurden, konnte durch eine Chemotherapie eine Verlängerung des Gesamtüberlebens von 2,5 auf sechs Monate erreicht werden (p < 0,01). Ebenso berichteten die Autoren von einer Verlängerung der Zeit mit guter Lebensqualität bei Patienten, welche Chemotherapie erhalten hatten (vier vs. ein Monat, p < 0,01; [5]). Diese Befunde konnten in einer Metaanalyse der Cochrane Collaboration bestätigt werden. In diese Analyse gingen 50 Studien mit insgesamt 7.053 Patienten ein, welche zwischen 1966 und 2005 behandelt worden waren. Dabei konnte sowohl für die 5-FU- oder Gemcitabin-Monotherapie als auch für 5-FU- und Gemcitabin-haltige Kombinationschemotherapien eine Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber „Best Supportive Care“ gezeigt werden. Auf Grundlage dieser Daten sollten alle Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG-Performancestatus 0–2) einer palliativen Chemotherapie zugeführt werden [8].

Indikationsstellung für eine palliative Chemotherapie

Vor Beginn einer palliativen Chemotherapie muss in jedem Fall eine histologische oder zytologische Sicherung der Diagnose durch eine Biopsie von Metastasen oder Primärtumor erfolgen [9]. Im lokal begrenzten Stadium gibt es unterschiedliche Standards hinsichtlich Einteilung in resektable und irresektable Erkrankung. Vor definitiver Diagnosestellung eines irresektablen Stadiums sollte daher in jedem Fall eine interdisziplinäre Vorstellung in einem tertiären Referenzzentrum mit Schwerpunkt Pankreaschirurgie bezüglich Resektabilität erfolgen [8].

Palliative Chemotherapie – Erstlinientherapie

Gemcitabin Monotherapie

Die Monotherapie mit Gemcitabin war vor Einführung des intensivierten Therapieprotokolls FOLFIRNOX und der Kombination aus Gemcitabin und dem Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib oder dem modifizierten Taxan nab-Pabclitaxel der alleinige Standard in der Therapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Pankreaskarzinoms. Als Grundlage für den Einsatz von Gemcitabin dient dabei die Studie von Burris et al., in welcher Gemcitabin mit einer Bolus-Gabe von 5-FU verglichen wurde [10]. Die wöchentliche Gabe von Gemcitabin (1.000 mg/m²) über einen initialen Zeitraum von sieben Wochen, gefolgt von einer einwöchigen Therapiepause mit anschließenden dreiwöchigen Therapieintervallen, jeweils gefolgt von einer einwöchigen Pause, zeigte sich dabei der wöchentlichen Bolusgabe von 5-FU (600 mg/m²) überlegen. So hatten Patienten, welche mit Gemcitabin behandelt worden waren, neben einem signifikant verlängerten medianen Überleben (5,65 versus 4,41 Monate, p = 0,0025) auch einen deutlichen klinischen Vorteil (gemessen als Punktzahl aus verschiedenen Parametern wie zum Beispiel Schmerzintensität und Lebensqualität). Dieser Punktwert verbesserte sich bei 23,8% der Patienten, welche mit Gemcitabin behandelt worden waren, wohingegen nur 4,8 % der mit 5-FU behandelten Patienten klinisch profitierten (p = 0,0022).
Das Gesamtüberleben im Gemcitabin-Arm lag nach einem Jahr bei 18%. Dieser Wert bestätigte sich auch in folgenden Studien. Poplin et al. untersuchten, ob eine verlängerte Infusionsdauer (100 oder 150 anstelle von 30 Minuten wie initial von Burris et al. beschrieben) oder eine Erhöhung der Dosis von Gemcitabin (1.500 mg/m²) das Therapieansprechen weiter verbessert [11]. Weder die Verlängerung der Infusionsdauer noch die Erhöhung der Dosis waren dabei von Vorteil. Neben den weiter unten beschriebenen Therapie­optionen gilt damit weiterhin das von Burris et al. beschriebene Protokoll als Standardtherapie in der palliativen Therapie des Pankreaskarzinoms.

Gemcitabin + Erlotinib

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib führte als erste zielgerichtete Sub­stanz in Kombination mit Gemcitabin zu einer statistisch signifikanten, klinisch allerdings moderaten Verlängerung des Gesamtüberlebens. Im medianen Überleben betrug der Unterschied gerade einmal zwei Wochen, das 1-Jahres-Überleben lag bei 24% für die Kombination vs. 19% bei nur mit Gemcitabin behandelten Personen [12].
In Subgruppenanalysen mehrerer großer Studien zur palliativen Therapie des Pankreaskarzinoms zeigte sich allerdings, dass diejenigen Patienten, die unter Erlotinib einen Hautausschlag mit papulo-pustulösen, akneiformen Effloreszenzen (Rash) entwickelten, eine deutlich bessere Wirksamkeit von Erlotinib zu erwarten hatten [12, 13]. Für die circa 30% der Patienten, die innerhalb der ersten acht Wochen unter der Kombination mit Gemcitabin und Erlotinib keinen relevanten Hautausschlag bekommen, scheint Erlotinib dagegen keinen Nutzen zu bringen, weshalb die aktuelle S3-Leitlinie bei diesen Patienten zum Absetzen von Erlotinib rät [8].

Gemcitabin + nab-Paclitaxel

Konventionelles Paclitaxel ist eine lipophile Verbindung und muss daher mittels Lösungsmitteln wie Cremophor in eine applizierbare Form überführt werden [14]. Cremophor kann eine Reihe von zum Teil schweren Nebenwirkungen hervorrufen [15]. Um diese toxischen Wirkungen zu vermeiden, wurde nab-Paclitaxel entwickelt [16]. Der Einschluss von Paclitaxel in 130 nm große Albumin-Nanopartikel macht dabei die Verwendung von Lösungsmitteln wie Cremophor überflüssig. Weiterhin ermöglicht nab-Paclitaxel eine kürzere Infusionszeit und erleichtert die Anreicherung von Paclitaxel in Tumorzellen [16, 17].
Beim metastasierten Pankreaskarzinom wurde die Wirksamkeit von nab-Paclitaxel in Kombination mit Gemcitabin durch von Hoff und Mitarbeiter untersucht. Im experimentellen Arm wurde dabei nab-Paclitaxel (125 mg/m²) in Kombination mit Gemcitabin (1.000 mg/m²) an Tag 1, 8 und 15 verabreicht. Patienten im Standardarm erhielten Gemcitabin nach dem von Burris und Mitarbeitern beschriebenen Schema. Einschlusskriterien waren unter anderem ein Karnofsky-Index von ≥ 70% sowie normwertige Bilirubin-Konzen­trationen. Patienten im experimentellen Arm hatten ein deutlich verlängertes progressionsfreies Überleben (5,5 versus 3,7 Monate; p < 0,001) und Gesamtüberleben (8,5 vs. 6,7 Monate; p < 0,001; [18]). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Neutropenie (38% der Patienten im experimentellen versus 27% im Standardarm), Fatigue (17% versus 7%) und Neuropathie (17% versus 1%). Eine febrile Neutropenie trat bei 3% (experimenteller Arm) beziehungsweise 1% (Standardarm) der Patienten auf. Nab-Paclitaxel in Kombination mit Gemcitabin stellt somit eine neue palliative Behandlungsmöglichkeit für Patienten in gutem Allgemeinzustand dar.

Gemcitabin in Kombination mit anderen konventionellen Zytostatika

Bereits vor der Entwicklung von nab-Paclitaxel wurde in einer Vielzahl von Studien untersucht, ob die Kombination von anderen konventionellen Chemotherapeutika mit Gemcitabin die Therapie des Pankreaskarzinoms weiter verbessern kann. Während die meisten dieser Studien für sich genommen keinen statistisch signifikanten Vorteil nachweisen konnten, wurde in einer Meta-Analyse von Heinemann und Mitarbeitern gezeigt, dass die Kombination aus Gemcitabin und einem weiteren Zytostatikum eine Verbesserung des Überlebens erbringen kann [19]. Hierzu wurden 15 verschiedene Studien analysiert, in denen Gemcitabin mit einem weiteren Zytostatikum (Gemcitabin + X) kombiniert wurde. Es zeigte sich, dass Gemcitabin + X zu einem signifikanten Überlebensvorteil führt. Die Hazard Ratio (HR) für Gemcitabin + X gegenüber Gemcitabin alleine betrug 0,91 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,85–0,97, p = 0,004; [19]). Dieser Überlebensvorteil zeigte sich insbesondere für die Kombination von Gemcitabin mit platinhaltigen Zytostatika (HR 0,85; 95%-KI 0,76–0,96, p = 0,010) oder Fluoropyrimidinen (HR 0,90; 95%-KI 0,81–0,99; p = 0,030). Hingegen führte die Hinzunahme von Irinotecan, Exatecan oder Pemetrexed nicht zu einer Verbesserung des Gesamtüberlebens (HR 0,99; [19]).
Ähnliche Ergebnisse erbrachte auch die Meta-Analyse von Sultana und Mitarbeitern (HR für Kombinations­chemotherapie mit Gemcitabin gegenüber einer Gemcitabin-Monotherapie 0,91; 95%-KI 0,85–0,97; [20]). Allerdings muss einschränkend festgehalten werden, dass sich dieser positive Effekt vor allem für die Subgruppe der Patienten in gutem Allgemeinzustand zeigte. Patienten in schlechtem Allgemeinzustand hingegen profitierten nicht von einer intensivierten Gemcitabin-haltigen Chemotherapie [19].
Mit FOLFIRINOX sowie Gemcitabin + nab-Paclitaxel stehen für Patienten in gutem Allgemeinzustand aber mittlerweile deutlich effektivere Therapien zur Verfügung [21]. Im klinischen Alltag haben somit lediglich Erlotinib und nab-Paclitaxel einen Stellenwert als Kombinationspartner von Gemcitabin in der Erstlinientherapie des metastasierten Pankreaskarzinoms. Eine entsprechende Zulassung (FDA und EMA) existiert für beide Substanzen.

FOLFIRINOX

Verschiedene präklinische Modellen legen für die Gabe von 5-FU/Leukovorin in Kombination mit Irinotecan sowie für die Kombination aus 5-FU/Leukovorin und Oxaliplatin einen Synergismus nahe [22–24]. In den Toxizitätsprofilen dieser Substanzen gibt es außerdem nur wenige Überschneidungen. Diese theoretischen Überlegungen führten zur Entwicklung der Kombinationschemotherapie FOLFIRINOX (Fluorouracil 400 mg/m² als Bolus, gefolgt von 2.400 mg/m² als kontinuierliche Dauerinfusion über 46 Stunden, Leukovorin 400 mg/m², Oxaliplatin 85 mg/m² und Irinotecan 180 mg/m²; Wiederholung an Tag 15). Bestärkt durch positive Phase-I- und Phase-II-Daten verglichen Conroy und Mitarbeiter dieses intensive Chemotherapieprotokoll gegenüber einer Monotherapie mit Gemcitabin bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom. Eingeschlossen wurden Patienten bis 75 Jahre in sehr gutem Allgemeinzustand (ECOG 0-1). Ausschlusskriterien waren u. a. eine Erhöhung des Bilirubins (> 1,5-fach der Norm) und eine ischämische Herzerkrankung. Es zeigte sich ein signifikant verlängertes medianes Gesamtüberleben (11,1 versus 6,8 Monate, p < 0,001) in der FOLFIRINOX-Gruppe [25].
Wie zu erwarten, führte die intensive Behandlung mit dem FOLFIRINOX-Schema auch zu einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen. Dies waren insbesondere febrile Neutropenie, sensorische Neuropathie und Diarrhö. Leberwert-Erhöhungen wurden hingegen signifikant häufiger unter der Monotherapie mit Gemcitabin beobachtet. Interessanterweise berichteten Patienten unter FOLFIRINOX trotz dieser vermehrten toxischen Wirkungen von einer deutlich besseren Lebensqualität im Vergleich zu Patienten in der Gemcitabin-Gruppe [25]. FOLFIRINOX stellt somit für Patienten unter 75 Jahren in gutem Allgemeinzustand ohne Cholestase eine effektive Behandlungsmöglichkeit dar.


Palliative Chemotherapie – Zweitlinienchemotherapie

Rationale für eine palliative Chemotherapie nach Versagen der Erstlinientherapie

Bis zu 50% der Patienten kommen nach Versagen der Erstlinientherapie für eine weitere chemotherapeutische Behandlung in Frage [26]. Die deutsche S3-Leitline empfiehlt bei Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0–2) bei Progress unter Behandlung mit Gemcitabin die Weiterbehandlung mit der Kombination aus Oxaliplatin und 5-FU/Leukovorin [8]. Grundlage dieser Empfehlung ist eine Phase-III-Studie der deutschen CONKO-Studiengruppe, welche einen signifikanten Überlebensvorteil für die mit Oxaliplatin, Folinsäure und 5-FU (OFF-Schema) behandelten Patienten gegenüber alleiniger bester supportiver Therapie gezeigt hatte (4,82 vs. 2,30 Monate, p = 0,008; [27]). Allerdings kam es u. a. wegen mangelnder Bereitschaft seitens der Patienten, eine reine supportive Behandlung zu akzeptieren, zu einem vorzeitigen Abbruch der Studie. Das Studienkonzept wurde daher wie im nächsten Abschnitt beschrieben erweitert.

Zweitlinientherapie nach einer Gemcitabin-Monotherapie

Aufgrund der geringen Bereitschaft der Patienten, sich im Rahmen der CONKO-003 Studie auf eine beste supportive Behandlung zu beschränken, musste das Studiendesign angepasst werden. Zusätzlich zum Vergleich zwischen bester supportiver Behandlung und dem OFF-Schema wurde in einem weiteren Studienarm eine Monotherapie mit infusionalem 5-FU untersucht. Die endgültigen Ergebnisse dieser Untersuchung wurden erst kürzlich publiziert und zeigten einen signifikanten Überlebensvorteil für OFF versus FF (5,9 versus 3,3 Monate, p = 0,010) sowie eine längere Zeit bis zur Tumorprogression (2,9 versus 2,0 Monate, p = 0,019; [28]). Hauptnebenwirkungen neben hämatologischer Toxizität waren Übelkeit/Erbrechen, Diarrhö und Polyneuropathie, insbesondere unter Behandlung mit Oxaliplatin. Der Überlebensvorteil für das OFF-Regime zeigte sich auch für die Subgruppe von Patienten mit lokal fortgeschrittenen, nicht metastasierten Tumoren, wobei der Anteil in beiden Therapiearmen nur ca. 10% ausmachte.
Sowohl das FF- als auch das OFF-Schema sehen die wöchentliche Verabreichung von Chemotherapeutika vor (Folinsäure 200 mg/m² i. v. gefolgt von 5-FU 2.000 mg/m² an den Tagen 1, 8, 15 und 22 (FF) bzw. + Oxaliplatin an den Tagen 8 und 22 (OFF)). Das vom kolorektalen Karzinom bekannte FOLFOX-Schema sieht hingegen nur alle zwei Wochen eine Gabe von Zytostatika vor. Eine Studie von Zaanan et al. untersuchte FOLFOX als Zweitlinientherapie im Rahmen der Phase-II-Studie FIRGEM (Erstlinientherapie mit Gemcitabin alleine vs. Gemcitabin und FOLFIRI im Wechsel). Hierbei wurde von einem medianen Gesamtüberleben von 4,3 Monaten für die Gesamtpopulation der Studie beziehungsweise 5,9 Monaten für Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG 1–2) berichtet [29]. Bei eingeschränkter Vergleichbarkeit (aufgrund des fehlenden direkten Vergleichs mit dem OFF-Schema) legen diese Daten nahe, dass FOLFOX in der Zweitlinientherapie des Pankreaskarzinoms eine dem OFF-Schema vergleichbare Aktivität aufweist.
Im Gegensatz dazu stehen jedoch Daten, welche Gill et al. auf dem Jahreskongress 2014 der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorstellten: In der randomisierten Studie PANCREOX verglichen sie eine Monotherapie mit infusionalem 5-FU mit einem modifizierten FOLFOX-Regime (mFOLFOX6). Während das progressionsfreie Überleben in beiden Gruppen vergleichbar war (2,9 [5-FU] vs. 3,1 Monate [mFOLFOX6]), zeigte sich mFOLFOX6 einer Monotherapie hinsichtlich des Gesamtüberlebens signifikant unterlegen (6,6 versus 9,9 Monate; p = 0,02; [30]). Im Gegensatz zu den Schlüssen aus der CONKO-003-Studie sprechen sich die Autoren der PANCREOX-Studie daher gegen eine generelle Gabe von Oxaliplatin in der Zweitlinientherapie des Pankreaskarzinoms aus. Um zu klären, welche Patienten von einer Oxaliplatin-haltigen Zweitlinientherapie wie dem OFF- oder FOLFOX-Regime profitieren, sind weitere Studien nötig.

Zweitlinientherapie nach einer intensiven Kombinationschemotherapie

Zwischenzeitlich existieren mit dem FOLFIRINOX-Regime und der Kombination aus Gemcitabin + nab-Paclitaxel neuere, wirkungsvollere Behandlungsoptionen in der Erstlinientherapie, sodass die Ergebnisse aus der CONKO-003 Studie für mit Gemcitabin-Monotherapie vorbehandelte Patienten in vielen Fällen nicht mehr der Behandlungsrealität entsprechen dürften. Eine gewisse Evidenz für eine Weiterbehandlung mit Gemcitabin nach Progress unter FOLFIRINOX kann aus der Publikation von Conroy et al. gezogen werden, wo 47% der Patienten diese Zweitlinienbehandlung erhielten [25]. Bei mit Gemcitabin + nab-Paclitaxel vorbehandelten Patienten scheint der Einsatz von Oxaliplatin, Folinsäure/5-FU prinzipiell sinnvoll, jedoch ist angesichts der möglichen Neurotoxizität unter nab-Paclitaxel im Rahmen der MPACT-Studie (17% der Patienten mit Polyneuropathie mit mindestens Grad III) mit überlappenden Nebenwirkungen zu rechnen, auch wenn die Neurotoxizität unter nab-Paclitaxel als rasch reversibel beschrieben wird [18].
Da sich v.a. FOLFIRINOX und auch Gemcitabin + nab-Paclitaxel eher an Patienten in gutem Allgemeinzustand richten, ist durchaus zu diskutieren, ob man bei Progress unter einer der beiden Therapien auf das jeweils andere Regime umstellen kann. Zur Entscheidung der Frage, welches die optimale Sequenz aus Erst- und Zweitlinientherapie mit FOLFIRINOX bzw. Gemcitabin + nab-Paclitaxel ist, gibt es bislang jedoch keine Evidenz [31].

Neue Substanzen in der Zweitlinienbehandlung

In verschiedenen kleinen Phase-II-Studien wurde für eine ganze Reihe weiterer konventioneller Zytostatika (darunter Capecitabin, Pemetrexed oder nab-Paclitaxel als Mono- oder Kombinationschemotherapie) eine mäßige Aktivität berichtet [32]. Einen innovativen Therapieansatz stellt aktuell die Modulation des lokalen und systemischen inflammatorischen Milieus beim Pankreaskarzinom dar. So kann eine Behandlung mit dem oralen JAK1/2 Inhibitor Ruxolitinib vor allem in der Subgruppe der Patienten mit einem erhöhten C-reaktiven Protein (CRP) im Serum möglicherweise zu einer Verbesserung des progressions-freien und des Gesamtüberlebens führen. Verglichen wurde in der randomisierten Phase-II-Studie RECAP Ruxolitinib (nach Versagen einer Erstlinientherapie mit Gemcitabin) mit einer Monotherapie aus Capecitabin. Die Autoren dieser bisher nur als Abstract vorliegenden Publikation (ASCO Kongress 2014) führen die Wirkung von Ruxolitinib dabei auf die Beeinflussung inflammatorischer Signalwege durch eine Inhibition von JAK1/2-Kinasen zurück [33].

Fazit

Eine palliative Chemotherapie beim metastasierten Pankreaskarzinom führt nicht nur zu einer Verlängerung des medianen Überlebens, sondern auch zu einer Reduktion der krankheitsassoziierten Symptome und somit zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Patienten ohne deutliche Einschränkung des Allgemeinzustandes (ECOG 0–2) sollten daher einer palliativen Chemotherapie zugeführt werden. Bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand (ECOG 0–1) und normwertigem Bilirubin ist dabei die Kombinationschemo­therapie FOLFIRINOX oder die Kombination aus nab-Paclitaxel und Gemcitabin einer Monotherapie mit Gemcitabin in der Erstlinientherapie überlegen.
Patienten, welche nach Versagen der Erstlinienbehandlung weiterhin einen guten Allgemeinzustand aufweisen (ECOG 0–2), können von einer Fortsetzung der chemotherapeutischen Behandlung profitieren. Nach Gemcitabin-basierter Erstlinientherapie kann dies eine Kombination aus Folsäure/5-FU und Oxaliplatin sein, nach einer Fluoropyrimidin-basierten Behandlung kann dies Gemcitabin sein.
Trotz oben genannter Fortschritte in der Therapie des Pankreaskarzinoms liegt die 5-Jahres-Überlebensrate weiter bei unter 5%. Weitere Studien zur Therapieoptimierung sind daher dringend erforderlich.


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Dr. med. Stephan Kruger
Medizinische Klinik III, Klinikum Großhadern
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