Kongressbericht

Beim multiplen Myelom sowie bei B-Zell-Lymphomen haben sich die therapeutischen Möglichkeiten in den letzten Jahren stark verbessert, aber für die nächste Zukunft ist mit neuen Medikamenten zu rechnen, die vermutlich zu einer weiteren Optimierung der Behandlung führen werden – darunter monoklonale Antikörper gegen Myelom-Zellen und Inhibitoren des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs bei Lymphomen.

Seit 2004 ist Bortezomib (Velcade®) als erster Vertreter der Proteasominhibitoren verfügbar. Die Zugabe zum alten Standard Melphalan/Prednison (VMP) erzielte bei bislang unbehandelten älteren Myelom-Patienten, die für eine autologe Stammzelltransplantation nicht infrage kommen, gute Erfolge. Studien bestätigen die Vorteile der Bortezomib-Behandlung sowohl als Monotherapie wie auch in Kombination (De­xamethason) in Hinblick auf Überlebensrate, Progression der Erkrankung, Sicherheit und Lebensqualität.
Bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2013 in New Orleans wurde ein retrospektiver Vergleich der Kombination von Bortezomib/Dexamethason mit Bortezomib alleine vorgestellt, so Priv.-Doz. Dr. Martin Vogel, Neuss:
Die Gesamtansprechrate lag unter der Kombination signifikant höher (75% vs. 41 %; p < 0,001).
Medianes progressionsfreies Überleben (11,9 vs. 6,4 Monate, p = 0,051) und mediane Zeit bis zur Progression (13,6 vs. 7,0 Monate; p = 0,003) waren unter der Kombination länger als mit der Monotherapie.
Beim Gesamtüberleben ist in beiden Gruppen der Medianwert noch nicht erreicht; nach ein und zwei Jahren war die Kombination aus Bortezomib und Dexamethason überlegen.
Beide Gruppen hatten ein ähnliches Sicherheitsprofil inclusive Thrombozytopenien, Infektionen sowie periphere Neuropathien vom Grad ≥ 3.
Myelom-Patienten sind aufgrund ihrer Erkrankung, aber auch des höheren Lebensalters gefährdet für kardiale Ereignisse. Eine Therapie-assoziierte Kardiotoxizität ist für Anthrazykline, Proteasominhibitoren und Hochdosistherapie beschrieben. Eine retrospektive Auswertung von über 2.500 Patienten, die Bortezomib in Studien erhalten hatten, ergab eine niedrige Rate an Herzinsuffizienzen vom Grad ≥ 3 (2,2% bei Patienten mit neu diagnostiziertem, 2,0% bei solchen mit rezidiviertem Myelom).

Ibrutinib

Neue Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit des BTK-Inhibitors Ibrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), dem kleinzelligen B-Zell-Lymphom (SLL) und dem Mantelzell-Lymphom (MCL) stellte Priv.-Doz. Georg Heß, Mainz, vor: 85 Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL oder SLL erhielten in einer multizentrischen Phase-Ib/II-Studie 420 mg (n = 51) oder 840 mg (n = 34) Ibrutinib einmal täglich oral.
Die Ansprechrate lag in beiden Gruppen bei 71%, weitere 20% bzw. 15% (420 mg bzw. 840 mg) der Patienten erreichten eine partielle Remission mit Lymphozytose. Dieses Ansprechen war unabhängig von klinischen und genetischen Risikofaktoren vor Behandlung, einschließlich Erkrankungsstadium, Anzahl der vorangegangenen Therapien und der 17p-Deletion. Nach 26 Monaten waren 75% der Patienten in beiden Gruppen progressionsfrei am Leben, die Gesamtüberlebensrate betrug 83%.
In einer monozentrischen Phase-II-Studie wurden 53 Patienten mit (n = 29) bzw. ohne (n = 24) 17p-Deletion mit Ibrutinib behandelt. Nach median 14 Monaten erreichten 53% der Patienten mit und 82% ohne 17p-Deletion eine partielle Remission. Das unterschiedliche Ansprechen war auf den langsameren Rückgang der Lymphozytose bei Patienten mit 17p-Deletion zurückzuführen. Progressionsfrei am Leben waren nach 22 Monaten in der Gruppe ohne 17p-Deletion 100%, in der Gruppe mit 17p-Deletion 85% der Patienten.
In einer Phase-II-Studie wurde die Aktivität von Ibrutinib (560 mg einmal täglich) bei 111 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom untersucht. Die Ansprechrate lag bei 68% (47% partielle, 21% komplette Remissionen). Die Zeit bis zum Ansprechen betrug im Median 1,9, die bis zu einer kompletten Remission 5,5 Monate. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 13,9 Monaten, 58% der Patienten lebten nach 18 Monaten noch.
Die Nebenwirkungen des BTK-Inhibitors waren meist mild: vorübergehende Diarrhö (41%), Fatigue (20%) und Übelkeit. Pneumonien waren mit 7% die häufigste NW vom Grad ≥ 3, an hämatologischen NW (Grad 3/4) traten Neutropenien (16%), Thrombozytopenien (11%) und Anämien (10%) auf. Die Substanz ist noch nicht zugelassen.

Siltuximab

Morbus Castleman (MCD) ist eine äußerst seltene lymphoproliferative Erkrankung, verursacht durch fehlregulierte Produktion von Interleukin 6 (IL-6). Zunächst ist Prednisolon hilfreich, so Prof. Hartmut Goldschmidt, Heidelberg. In der einzigen randomisierten Studie wurde der chimäre monoklonale IgG1κ-Antikörper Siltuximab untersucht, der spezifisch und hochaffin humanes IL-6 bindet sowie die Interaktion zwischen ihm und seinem Rezeptor unterbindet. Die Wirksamkeit von Siltuximab konnte gezeigt werden durch
dauerhaftes Ansprechen von Tumoren und Symptomen,
signifikante Verbesserung der Zeit bis zum Therapieversagen,
Verbesserung von MCD-assoziierten Symptomen, Hb-Spiegel und Entzündungsmarkern.
Siltuximab scheint gut verträglich zu sein: Trotz längerer Behandlung wurden keine vermehrten Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 im Vergleich zu Placebo beobachtet. Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Siltuximab als neue Behandlung der MCD, für die es bislang keine zugelassenen Therapiemöglichkeiten gab, so Goldschmidt.

Helga Vollmer

Presseworkshop „Zukunftsarbeit in der Onkologie: Die hämatologische Forschung und Entwicklung von Janssen“, am 14. Januar 2014 in Frankfurt; Veranstalter: Janssen, Neuss.