Lymphoide Zellen des angeborenen Immunsystems

B-Zellen und konventionelle CD4- und CD8-T-Zellen sind mit ihrer nahezu grenzenlosen Vielfalt an Antigen-Rezeptoren (Immunglobulinrezeptoren der B-Zellen, T-Zellrezeptoren der αβ-T-Zellen) in der Lage, mit größter Spezifität Myriaden von Antigenen zu erkennen und eine „spezifische“ Immunantwort auszuüben. Auch im angeborenen Immunsystem gibt es lymphoide Zellen („innate lymphocytes“, ILC), die aber keine spezifischen Antigenrezeptoren aufweisen und dementsprechend über andere Rezeptoren und Zytokine aktiviert werden. Schließlich gibt es an der Schnittstelle von angeborener und spezifischer Immunität Lymphozyten, die Antigen-Rezeptoren mit stark eingeschränkter genetischer Vielfalt tragen, z. B. NKT-Zellen und γδ-T-Zellen, die zugleich aber auch Eigenschaften von Zellen des angeborenen Immunsystems haben.
Das vorliegende Schwerpunktheft beleuchtet faszinierende Aspekte von lymphoiden Zellen des angeborenen Immunsystems. Diese „innate lymphocytes (ILC)“ sind erst vor wenigen Jahren als zentrale Schaltstellen und Koordinatoren der Immunabwehr v. a. in Geweben beschrieben worden. Hier sind sie aufgrund ihrer schnellen Zytokin-Freisetzung wichtig für Sofort-Reaktionen des angeborenen Immunsystems, aber auch für die Aufrechterhaltung der Gewebehomöostase. Die Aktivität der ILC wird maßgeblich durch das umgebende Zytokin-Milieu geprägt. In diesem Heft geben Georg Gasteiger und Christin Friedrich einen aktuellen Überblick zur Bedeutung von ILC. Natürliche Killerzellen (NK)  spielen in der Virus- und Tumorabwehr eine wichtige Rolle. Obwohl schon Mitte der 1970er-Jahre entdeckt, wurden auch hier in den vergangenen Jahren neue Erkenntnisse zur molekularen Regulation der NK-Zell-Aktivierung, aber auch zu ihrem möglichen klinischen Einsatz gewonnen, wie Adelheid Cerwenka und Carsten Watzl in ihrem Beitrag ausführen. γδ-T-Zellen erkennen im Unterschied zu den CD4- und CD8-positiven T-Zellen mit einem αβ-T-Zellrezeptor keine von MHC/HLA-Molekülen präsentierten Peptide, sondern Stress- und Infektions-induzierte Moleküle wie z. B. mikrobielle Pyrophosphate. Eine der spannendsten neuen Erkenntnisse auf diesem Gebiet war die Entdeckung der essentiellen Rolle von Butyrophilin-Molekülen für die Aktivierung von menschlichen γδ-T-Zellen. Es handelt sich hierbei um ein völlig neuartiges Prinzip der Aktivierung von Immunzellen, wie Thomas Herrmann in seiner Übersicht darstellt. γδ-T-Zellen sind aufgrund ihrer HLA-Unabhängigkeit und ihrer Reaktivität gegen unterschiedliche Tumoren auch für den Einsatz in der zellbasierten Immuntherapie von Interesse. Die Herausforderungen und Perspektiven der weiteren Entwicklung diskutiert Dieter Kabelitz in seinem Übersichtsartikel.
Das vorliegende Heft gibt einen Einblick in die vielfältige Bedeutung von unkonventionellen Lymphozyten im Immunsystem, die von der Infektionsabwehr und Tumorentstehung bis hin zur Regulation der Gewebehomöostase reichen. Neben den hier beschriebenen Zellpopulationen wären noch weitere Zellen wie die Mukosa-assoziierten invarianten T-Zellen (MAIT) zu diskutieren, worauf aus Platzgründen hier leider verzichtet werden musste. Das Thema unkonventionelle Lymphozyten steht auch im Fokus von größeren Forschungsverbünden. Immo Prinz stellt als Sprecher in diesem Heft die DFG-finanzierte Forschungsgruppe FOR 2799 zu γδ-T-Zellen vor.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Autor
Dieter Kabelitz