Die DGfI stellt sich vor

Forschung – Nachwuchsförderung – Öffentlichkeitsarbeit

Da dies die erste Ausgabe von „Trillium Immunologie“ ist, die auch noch im 50. Jubiläumsjahr der DGfI erscheint, wollen wir die Gelegenheit nutzen, die Deutsche Gesellschaft für Immunologie und ihre Aktivitäten vorzustellen.
Seit ihrer Gründung im Jahre 1967 ist die Deutsche Gesellschaft für Immunologie stetig gewachsen: Mit knapp 2.400 Mitgliedern ist die DGfI aktuell weltweit die viertgrößte nationale Fachgesellschaft für Immunologie. DGfI-Mitglieder finden sich in 28 Ländern und sind deutschlandweit auf über 200 Städte verteilt. Auch bleibt die DGfI seit ihrer Gründung drei zentralen Hauptanliegen treu:
Förderung der immunologischen Forschung auf nationaler und internationaler Ebene,
Unterstützung des naturwissenschaftlichen und medizinischen Nachwuchses in Forschung und Weiterbildung und
Verbesserung der Sichtbarkeit des Faches Immunologie in der Bevölkerung, bei politischen Entscheidungsträgern und innerhalb anderer Forschungsdisziplinen.
Die wissenschaftlichen Tätigkeiten der DGfI sind in 13 Arbeitskreisen organisiert, die alle wichtigen Bereiche der aktuellen Immunologie abdecken (siehe nachfolgender Beitrag). Die DGfI organisiert jährliche Kongresse mit über 1.000  Teilnehmern, in Abständen auch zusammen mit einer verbundenen europäischen Gesellschaft, um die Vernetzung der Immunologen innerhalb Europas zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es kleine bilaterale Treffen, die dazu gedacht sind, gemeinsame Forschungsinitiativen mit
außereuropäischen Gesellschaften zu initiieren und zu entwickeln. Zusätzlich beteiligen wir uns an der Organisation des alle drei Jahre stattfindenden European Congress of Immunology (ECI).
Ein weiteres Ziel der DGfI besteht darin, mit der Akademie für Immunologie ein strukturiertes Ausbildungsprogramm in der Immunologie anzubieten. Die Akademie für Immunologie umfasst zurzeit drei Module (Autumn School, Spring School, Translational School), die verschiedene Ausbildungsstufen anbieten. Weitere Informationen finden Sie auf Seite 53 ff. und auf www.dgfi.org.

Karriereförderung

Neben der Aus- und Weiterbildung im Fach Immunologie bietet die DGfI jungen Mitgliedern auch Möglichkeiten an, Führungserfahrungen zu sammeln und Kontakte zu erfahrenen Immunologen im Hinblick auf karrierespezifische Fragen aufzubauen. Sowohl die Kommission Gleichstellung & Karriereförderung als auch die „Young Immunologists“ bieten eine solche Option.

Young Immunologists (YI) – junge Immunologen organisieren sich

Junge Wissenschaftler stehen vor besonderen Herausforderungen. Um sie beim Start und der Entwicklung ihrer Karriere zu unterstützen, wurde bei der DGfI-Jahrestagung 2016 in Hamburg das neue Forum DGfI Young Immunologists (YI) gegründet. Seitdem entwickelt eine Kerngruppe aus Doktoranden und PostDocs ein Konzept und eine Satzung als Basis für die zukünftige Arbeit der YI. Die Ergebnisse sollen bei der Jahrestagung im September 2017 in Erlangen diskutiert und verabschiedet werden.
Langfristiges Ziel ist es, die Lobby der jungen Immunologen durch bessere Vernetzung zu stärken, um ihnen die Möglichkeit zu geben, eigene Themen mit besonderer Relevanz für junge Wissenschaftler innerhalb der DGfI voranzutreiben. Erste Veranstaltungen hierzu sind schon in Erlangen geplant. Alle jungen DGfI-Mitglieder sind eingeladen, sich zu beteiligen und die YI aktiv mitzugestalten.

Aktuelle Kampagnen

Im März 2012 etablierte die DGfI unter dem Motto „Immunologie für Jedermann“ ein Programm, um die interessierte Öffentlichkeit und Entscheidungsträger aus Wissenschaft und Politik für die wichtige Rolle der Immunologie in der modernen Biomedizin zu sensibilisieren.
Im Rahmen dieses Programms informieren wir aktuell über Themen wie „Schutzimpfung“ und, zusammen mit der DGfI-Kommission „Artgerechte Tierversuche“, über die Bedeutung von Tierexperimenten in der Biomedizin und für die Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieverfahren in der Medizin.
Um die Wahrnehmung der Immunologie in der Öffentlichkeit zu erhöhen und um das komplexe Fachgebiet der Immunologie wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig verständlich aufbereitet zu präsentieren, wurde die Webplattform „Immunologie für Jedermann“ (www.das-immunsystem.de) erstellt. Hier kann Informationsmaterial in Form von Vorträgen und Postern, das Kinderbuch „Das faszinierende Immunsystem“ und die Zusatzbroschüre „Transplantation – rettet Leben!“ abgerufen werden.
Die DGfI-Kommission „Artgerechte Tierversuche“ möchte die breite Bevölkerung über die Bedeutung von Tierversuchen in der biomedizinischen Forschung aufklären und transparent informieren. Hierzu wurde unter anderem eine Punkt-für-Punkt-Auseinandersetzung mit den häufigsten Argumenten von Tierversuchsgegnern erarbeitet. Zudem unterstützt die Kommission die Informationsinitiative „Tierversuche verstehen“ der Allianz der Wissenschaftsorganisationen (ein Zusammenschluss der bedeutendsten Wissenschafts- und Forschungsorganisationen in Deutschland).
Darüber hinaus liegt der DGfI auch die Aufklärung zum Thema Impfung sehr am Herzen, und so werden entsprechende, für die breite Bevölkerung organisierte Aktivitäten im Rahmen der jährlich weltweit stattfindenden Veranstaltung „Tag der Immunologie“ unterstützt. Mit diesem Tag möchte die DGfI die Aufmerksamkeit auf die Immunologie als Forschungsdisziplin lenken und einer breiten Öffentlichkeit deutlich machen, welche große Bedeutung die Immunologie für die Gesundheit, aber auch zahlreiche Krankheitsprozesse des Menschen hat.

DGfI-Nachwuchspreise 2017

Neben dem Deutschen Immunologie-Preis für renommierte Wissenschaftler vergibt die DGfI jährlich fünf verschiedene Preise für herausragende wissenschaftliche Leistungen an junge Forscher in verschiedenen Phasen ihrer Karriere. Hier stellen wir Ihnen die diesjährigen Preisträger vor. Alle stellen ihre preisgekrönten Arbeiten während des President’s Symposium zu Beginn unserer diesjährigen Jahrestagung in Erlangen vor.

Den Otto-Westphal-Promotionspreis 2017 erhält Dr. rer. nat. Anna Brewitz, Institute of Experimental Immunology, Universitätsklinikum Bonn, für ihre Dissertation mit dem Thema ‘CD8 T cells orchestrate pDC – XCR1 DC spatial and functional cooperativity to optimize priming’.
Die erworbene (adaptive) zelluläre Immunität wird durch Antigen-spezifische Wechselwirkungen zwischen T-Zellen und dendritischen Zellen veranlasst. Plasmozytoide dendritische Zellen unterstützen die gegen Viren gerichtete Immunität durch die Verknüpfung angeborener und adaptiver Immunantworten. Die Arbeit von Anna Brewitz befasste sich mit der raumzeitlichen Dynamik von plasmozytoiden dendritischen Zellen im Verlauf einer Virusinfektion, um aufzudecken, wann, wo und wie diese Zellen ihre Funktionen ausüben. In ihrer Dissertation konnte Anna Brewitz zeigen, dass CD8-positive T-Zellen im Kontext ihrer Aktivierung verschiedene Botenstoffe produzieren, die andere Zellen anlocken (sog. Chemokine). Insbesondere CCL3 und XCL1 führten zur Rekrutierung von plasmozytoiden dendritischen Zellen und dendritischen Zellen mit dem Rezeptor XCR1 (bindet XCL1). Dadurch kommt es zu einer schnellen Umstrukturierung des dendritischen Zellnetzwerks im Lymphknoten, was dann eine optimale Kooperation und Interaktion dieser Zellen ermöglicht. Zudem hat Anna Brewitz an der Fragestellung gearbeitet, wann, wo und durch welchen Subtyp dendritischer Zellen eine CD4-Hilfe für CD8-positive T-Zellen vermittelt wird. Die Ergebnisse dieser Dissertation konnten hochrangig in den Fachzeitschriften Cell (2015) und Immunity (2017) veröffentlicht werden.

Den Hans-Hench-Promotionspreis für Klinische Immunologie 2017 erhält Dr. rer. nat. Annika Reinhardt, Institute of Immunology, Medizinische Hochschule Hannover, für ihre Dissertation zum Thema ‚Characterization of IL-17-producing enthesis-resident γδ T cells‘.
Die Enthesitis (Entzündungen gelenk­naher Sehnenansatzpunkte) ist ein Charakteristikum der Spondyloarthritiden, einer Gruppe von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die neben peripheren Strukturen des muskuloskelletalen Apparates vor allem die Wirbelsäule befallen. Wie bei vielen rheumatischen Erkrankungen sind die Zellen und Mechanismen, die für die Entzündung verantwortlich sind, immer noch kaum verstanden. Das gilt insbesondere auch für die Enthesitiden, die bei kaum einer anderen Gruppe von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vorkommen. Annika Reinhardt erhält den Hans-Hench-Promotionspreis für ihre Arbeit an sogenannten gamma-delta-T-Zellen (γδ-T-Zellen). Sie konnte zeigen, dass dieser Zelltyp zur IL-17-Produktion beiträgt, sich in Enthesen (Bindegewebe am Sehnenansatz) nachweisen lässt und zur Enthesitis beiträgt. Das Thema der IL-17-Produktion ist im Kontext von Autoimmunerkrankungen hochaktuell. So wurde kürzlich der zweite monoklonale Anti-IL-17-Antikörper zur Therapie der Schuppenflechte in Deutschland zugelassen. Die Beobachtungen von Annika Reinhardt lassen vermuten, dass γδ-T-Zellen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung lokaler Spondylarthropathie-assoziierter Entzündungen zukommt, und sie neue Ansatzpunkte für zukünftige Therapiemöglichkeiten bieten.
Der Fritz-und-Ursula-Melchers-Postdoktorandenpreis 2017 wird vergeben an Dr. rer. nat. Petra Bacher, Rheumatologie Forschungslabor, Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und klinische Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, für ihre Arbeiten zum Thema Rolle der Antigenspezifität von regulatorischen T-Zellen für die Kontrolle der allergischen Immunantwort.
Regulatorische T-Zellen (Tregs) gelten als die wichtigsten negativen Regulatoren des Immunsystems. Die Hemmung von Tregs könnte im Menschen – wie schon experimentell im Mausmodell gezeigt – zur Aktivierung der Immun­antwort bei Tumorabstoßung bzw. zur Bekämpfung von chronischen Infektionen beitragen. Umgekehrt würde sich eine gezielte Expansion von Tregs günstig auf die Hemmung der Immunantwort z. B. bei der Transplantatabstoßung, Allergie und bei Autoimmunkrankheiten auswirken. Neue therapeutische Möglichkeiten, humane Tregs zu beeinflussen, stellen daher ein Kerninteresse in der translationalen Forschung dar. Allerdings war bislang ungeklärt, ob Tregs eine Antigenspezifität haben müssen oder nicht. Petra Bacher hat antigen-spezifische Tregs  in Allergiepatienten charakterisiert. Sie konnte im November 2016 in der Fachzeitschrift Cell publizieren, dass die Spezifität dieser Zellen eine erhebliche Rolle für die Kontrolle der allergischen Immun­antwort spielt.
In Allergiepatienten konnten zwar intakte regulatorische T-Zell-Antworten gegen harmlose Umweltantigene nachgewiesen werden, Allergie-vermittelnde Th2-Zellen (eine Subpopulation von T-Zellen) konnten jedoch der Hemmung durch Tregs aufgrund unterschiedlicher Rezeptor-Spezifitäten entkommen. Diese Erkenntnisse haben wichtige Konsequenzen für immunmodulierende Therapieformen, da sie belegen, dass Strategien zur Expansion Antigen-spezifischer Tregs z. B. in der Lunge im Gegensatz zur Aktivierung bereits existierender Tregs einen wichtigen neuen Ansatz darstellen können.
Den Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie 2017 erhält Dr. sc. nat. Anne Buttgereit, Experimentelle Immunologie Universität Zürich, für ihre Arbeit zum Thema ‚Sall1 is a Transcriptional Regulator Defining Microglia Identity and Function‘.
Mikroglia sind Makrophagen des zentralen Nervensystems (ZNS). Sie sind die erste Verteidigungslinie der Immunabwehr gegen eindringende Krankheitserreger. Zusätzlich spielen Mikroglia eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der ZNS-Homöostase indem sie z. B. Zelltrümmer beseitigen oder durch ihren Einfluss auf die Entwicklung und Funktion des neuronalen Netzwerks. Trotz umfangreicher Forschung ist noch wenig über die genauen Funktionen der Mikroglia während der Hirnhomöostase und ihren Beitrag zur Entstehung von ZNS-Erkrankungen bekannt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass eine konditionelle gezielte Genmodifikation (conditional gene targeting) von Mikroglia oft zusätzlich zu einem unbeabsichtigten gene targeting von z. B. Monozyten und anderen Makrophagen führt. Anne Buttgereit konnte innerhalb des adulten (erwachsenen) Gehirns und des hämatopoetischen (blutbildenden) Systems den Transkriptionsregulator Sall1 als ersten hochspezifischen Marker für Mikroglia identifizieren. Sall1 definiert das Schicksal und die Funktion der Mikroglia und hält ihre physiologischen Eigenschaften während der ZNS-Homöostase aufrecht. Zudem etablierte Anne Buttgereit mittels Sall1 einen neuen experimentellen Ansatz, der es ermöglicht Mikroglia in einer bisher nie dagewesenen Tiefe zu untersuchen und diese Zellen gezielt in vivo (im lebendigen Organismus) zu manipulieren. Die neuen Untersuchungsmöglichkeiten werden wesentlich zur Entschlüsselung des Beitrags von Mikroglia zur Entstehung von ZNS-Erkrankungen beitragen und die Ergebnisse von Anne Buttgereit konnten hochrangig im Fachjournal Nature Immunology (Nov. 2016) publiziert werden.
Der Georges-Köhler-Preis 2017 wird verliehen an Prof. Dr. med. Florian Klein, Institut für Virologie, Universität Köln, für seine Arbeiten zur Isolierung und Charakterisierung von hochpotenten breit neutralisierenden HIV-I-Antikörpern.
Virale Infektionen, darunter auch die HIV-I-Infektion (ursächlich für AIDS) werden unter anderem durch von B-Zellen produzierte Antikörper abgewehrt. Bisher identifizierte Antikörper gegen HIV-I waren jedoch relativ ineffizient in Bezug auf die Virusbekämpfung. Florian Klein gelang es, eine neue Kategorie von Antikörpern zu isolieren und zu charakterisieren, die als „breit neutralisierende Antikörper“ bezeichnet werden. Diese Antikörper weisen eine hohe Anzahl somatischer Mutationen in der HIV-Antigenbindungsstelle im Antikörper auf, die für die Antikörper-Wirkung von großer Bedeutung sind. Florian Klein konnte zeigen, dass breit neutralisierende Antikörper besonders effektiv in der Lage sind, eine HIV-I-Infektion in humanisierten Mäusen einzudämmen. Das Gleiche konnte bei SHIV-infizierten Affen beobachtet werden (SHIV: ein Hybrid von HIV und SIV, dem simianen Immundefizienz-Virus, das bei Affen AIDS auslöst). Zudem konnte im Rahmen einer klinischen Studie die Viruslast von HIV-I-Patienten mithilfe dieser Anti­körper reduziert werden. Diese vielversprechenden Erkenntnisse wurden in zahlreichen hochkarätigen Zeitschriften mit Florian Klein als Erst- oder Letzt­autor publiziert (z. B. Journal of Experimental Medicine 2014, New England Journal of Medicine 2016, Nature Medicine 2017).

Dr. rer. nat. Ulrike Meltzer
Geschäftsstellenleitung
Prof. Dr. rer. nat. Carsten Watzl
Generalsekretär
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