Therapeutic Drug Monitoring von CDK4/6-Inhibitoren mittels LC-MS/MS: Auf dem Weg zur personalisierten Therapie

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2025.03.03

CDK4/6-Inhibitoren kommen in der Therapie bestimmter Formen von Brustkrebs zum Einsatz. Unerwünschte Arzneimittelinteraktionen, Polypharmazie und auch Resistenzen gegen die Wirkstoffe stellen bei der Behandlung von Mammakarzinomen eine große Herausforderung dar. Mit Therapeutic Drug Monitoring (TDM) der CDK4/6-Inhibitoren und deren Metaboliten mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie kann die Pharmakotherapie individuell an die Patient:innen angepasst werden.

Schlüsselwörter: Orale Tumortherapeutika, TDM, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik

Unter den nicht übertragbaren und chronischen Krankheiten ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die weltweit häufigste Todesursache. Die globale Krebslast lag im Jahr 2022 bei schätzungsweise 20  Millionen neuen Krebsfällen und 9,7 Millionen Todesfällen. Im Jahr 2022 wurde Brustkrebs trotz eines geschätzten Anstiegs auf über 2,3 Millionen Neuerkrankungen zur zweithäufigsten Krebsart nach Lungenkrebs. Brustkrebs bleibt jedoch die am häufigsten diagnostizierte Krebsart bei Frauen und die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen (670.000 Todesfälle im Jahr 2022). Weltweit erkrankt durchschnittlich eine von 20 Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs [1]; in Deutschland ist es auf Basis der aktuellen Inzidenzraten etwa eine von acht Frauen. Bis zum Jahr 2050 wird weltweit ein Anstieg der Brustkrebsneuerkrankungen um 38 % und der Todesfälle um 68 % prognostiziert, wobei von einer überproportional starken Belastung für Länder mit niedrigem HDI (Human Development Index) ausgegangen wird [1–5].

Unter allen Brustkrebsarten ist der Hormonrezeptor(HR)-positive, humane epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor Typ 2(HER2)-negative Subtyp mit etwa 75 % der Brustkrebserkrankungen der häufigste [6].

Aus dem wachsenden Verständnis der Biologie des Brustkrebses haben sich in den vergangenen Jahren neue Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene entwickelt. Zu den verschiedenen molekularen Signalwegen, die im Fokus der Entwicklung zielgerichteter Therapien stehen, gehören die sogenannten Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK) [7].

Die Rolle von CDK4/6 beim Brustkrebs

Der Zellzyklus ist ein streng regulierter Prozess, der das Wachstum und die Teilung von Zellen steuert. Er umfasst die G1-Phase (Wachstum), die S-Phase (DNA-Replikation), die G2-Phase (Vorbereitung auf die Mitose) und die M-Phase (Mitose/Zellteilung). Ihre Übergänge werden durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener regulatorischer Proteine kontrolliert. Eine Schlüsselrolle nehmen hier die CDK und ihre regulatorischen Partner – die Cycline – ein. Insbesondere der Übergang von der G1- in die S-Phase wird durch die Aktivierung der CDK4/6-Cyclin-D-Komplexe gesteuert. Diese phosphorylieren das Retinoblastomprotein (Rb), wodurch Zellzyklusinhibitoren deaktiviert werden und die DNA-Synthese eingeleitet wird. Eine Fehlregulation dieser Achse, beispielsweise durch Mutationen, Amplifikationen oder Deletionen in CDK4/6, kann zur unkontrollierten Zellproliferation und damit zur Tumorentstehung führen. Daher ist die gezielte Hemmung der CDK zur Unterdrückung der Zellteilung ein vielversprechender therapeutischer Ansatz bei Brustkrebs. CDK4/6-Inhibitoren werden erfolgreich zur Behandlung bestimmter Formen von HR-positivem, HER-negativem Brustkrebs eingesetzt. Der klassische Wirkmechanismus von CDK4/6-Inhibitoren beruht auf der Unterdrückung der Phosphorylierung des Tumorsuppressorproteins Rb, was in Seneszenz und Apoptose resultiert (Abb. 1) [6–10].

Klinische Studien und Zulassung

In zahlreichen klinischen Studien – PALOMA, MONALEESA und MONARCH – konnte die Wirksamkeit der CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib in Kombination mit endokriner Therapie zur Behandlung von einem HR-positiven, HER-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs belegt werden. Die Ergebnisse zeigten konsistente mediane progressionsfreie Überlebenszeiten sowie eine verlängerte mediane Gesamtüberlebenszeit [6, 9, 11].

Im Jahr 2015 führten die Ergebnisse der PALOMA-Studien in Kombination mit Letrozol (PALOMA-1, -2 und -4) oder Fulvestrant (PALOMA-3) zur Zulassung von Palbociclib durch die U.S. Food and Drug Administration (FDA) (und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) im Jahr 2016) – des ersten zugelassenen CDK4/6-Inhibitors. Die empfohlene Dosis beträgt 125 mg/Tag für 21 aufeinanderfolgende Tage, gefolgt von sieben Tagen ohne Behandlung (3/1-Schema) in Kombination mit Aromatasehemmer oder Fulvestrant [12, 13].

Ribociclib wurde 2017 von der FDA und der EMA aufgrund der Daten aus den MONALEESA-Studien zugelassen. In diesen Studien wurde die Verabreichung von Ribociclib in Kombination mit Letrozol (MONALEESA-2) und Fulvestrant (MONALEESA-3) untersucht und führte zu einem längeren medianen progressionsfreien Überleben. Die empfohlene Dosis von 600 mg einmal täglich wird ebenfalls in einem 3/1-Schema kombiniert mit einem Aromatasehemmer oder Fulvestrant eingenommen [14, 15].

Als jüngster Vertreter der CDK4/6-Inhibitoren wurde im Jahr 2017/2018 Abemaciclib von der FDA und der EMA zugelassen. Die Wirksamkeit von Abemaciclib wurde in den MONARCH-Studien untersucht. Der Wirkstoff führte sowohl in Kombination mit Fulvestrant (MONARCH-2) als auch in Kombination mit Anastrozol oder Letrozol (MONARCH-3) zu einem längeren progressionsfreien Überleben. Die Einnahme von Abemaciclib erfolgt im Gegensatz zu Palbociclib und Ribociclib kontinuierlich (Dosisempfehlung zweimal täglich 150 mg) und kann auch als Monotherapie mit zweimal 200 mg täglich nach endokriner Therapie und Chemotherapie erfolgen [16, 17].

Die adjuvante Anwendung von CDK4/6-Inhibitoren stellt einen weiteren bedeutenden Fortschritt in der Therapie des frühen HR-positiven, HER2-negativen Mammakarzinoms mit hohem Rückfallrisiko dar. Abemaciclib war der erste Vertreter dieser Substanzklasse, der auf der Grundlage der positiven Ergebnisse der monarchE-Studie 2021 für diese Indikation in Kombination mit endokriner Therapie zugelassen wurde. Im Jahr 2024 folgte Ribociclib (kombiniert mit endokriner Therapie): Die FDA und die EMA erteilten die Zulassung für den adjuvanten Einsatz basierend auf der NATALEE-Studie, die eine signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens zeigte. Palbociclib hingegen konnte sich hier nicht etablieren, da Studien wie PALLAS und PENELOPE-B keinen signifikanten Überlebensvorteil zeigten. Somit stehen derzeit zwei CDK4/6-Inhibitoren (Abemaciclib und Ribociclib) in der frühen Therapiephase zur Verfügung [6, 9, 11].

Sicherheit und Toxizität

Die CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib werden in der Leber durch das Cytochrom P450 Isoenzym 3A4 (CYP3A4) metabolisiert, wodurch insbesondere für Abemaciclib die pharmakologisch aktiven Metaboliten M20 (Hydroxy-Abemaciclib) M2 (N-Desethylabemaciclib) gebildet werden, die ähnlich wie Abemaciclib zur Wirkung beitragen. Insbesondere bei Polypharmazie besteht das Risiko von unerwünschten Arzneimittelinteraktionen. So wird für alle CDK4/6-Inhibitoren bei gleichzeitiger Gabe von starken CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Clarithromycin, Itraconazol, Ketoconazol, Lopinavir/Ritonavir, Posaconazol, Voriconazol und Grapefruit) eine Dosisanpassung empfohlen. Eine mehrstufige Dosisreduktion, -unterbrechung oder -verzögerung wird für das One-fits-all-Dosierungsschema (Einheitsdosierung für alle) auch aufgrund des zum Teil sehr starken Nebenwirkungsprofils angeraten. Hierzu zählen hämatologische und hepatobiliäre Toxizitäten, QT-Verlängerung, Pneumonitis, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Anstieg der Aminotransferasen und venöse thromboembolische Ereignisse [12, 14, 16].

Die orale Tumortherapie (OTT) mit CDK4/6-Inhibitoren erweitert die Möglichkeiten der allgemein sehr komplexen Tumortherapie und kann in der häuslichen Umgebung eine bequeme Form der Therapie bieten. Dennoch stellt die OTT eine große Herausforderung für Patient:innen, Mediziner:innen und das Gesundheitssystem dar. Das TDM (Therapeutic Drug Monitoring) von CDK4/6-Inhibitoren kann bei Polypharmazie, zur Überprüfung der Adhärenz und zur Untersuchung individueller, dosisabhängiger Nebenwirkungen die personalisierte Medizin im Hinblick auf die Patientensicherheit und den Behandlungserfolg unterstützen. 

TDM der CDK4/6-Inhibitoren

Die quantitative Bestimmung der CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib in Serum oder Plasma beruht auf der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gekoppelt mit der Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS). Bislang sind bereits einige LC-MS/MS-basierte TDM-Methoden beschrieben, die auch die pharmakologisch aktiven Metaboliten insbesondere von Abemaciclib (M20 und M2) adressieren [18].

Aufgrund der relativ langen Eliminations-Halbwertszeit sollte ein TDM im Steady State frühestens fünf bis acht Tage nach Beginn der Therapie oder nach Anpassung der Dosierung erfolgen. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass es bis dato keine ausreichenden Daten zu einer Konzentrations-/Dosis-Wirkungs-Beziehung oder zum Verhältnis von Metaboliten zur Ausgangsverbindung gibt, wie es beispielweise bei Psychopharmaka der Fall ist [19]. Pharmakokinetische Parameter wie Talspiegel (cmin), Spitzenspiegel (cmax) und Fläche unter der Konzentrations-Zeitkurve (AUC) als messbare Zielgrößen sowie therapeutische Bereiche sind daher nicht konkret definiert. In den Fachinformationen und der Literatur sind pharmakokinetische Daten zu den einzelnen CDK4/6-Inhibitoren publiziert, die orientierend zur Bewertung der Blutkonzentrationen herangezogen werden können (Tab. 1) [12, 14, 16, 20–23].

Tab. 1: Pharmakokinetische Eckdaten der von FDA und EMA zugelassenen CDK4/6-Inhibitoren zur Behandlung von Brustkrebs [12, 14, 16, 20–23]. 
po = peroral; cmin = Talspiegel; cmax = Spitzenspiegel; AUC0–24 = Area Under the Concentration-Time Curve über 24 h; tmax = Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration (Median oder Bereich); t1/2 = mittlere Eliminations-Halbwertszeit; weitere Angaben als geometrisches Mittel. (Die Daten können je nach Quelle, Studie, ethnischer Zugehörigkeit und Dosierung variieren.)

Wirkstoff

Zulassungsjahr

(FDA | EMA)

Dosierung

cmin

[ng/mL]

cmax

[ng/mL]

AUC0–24

[ng*h/mL]

tmax

[h]

t1/2

[h]

Palbociclib

2015 | 2016

125 mg po einmal täglich für

21 Tage in einem 28-Tage-Zyklus

74,8–85,71402.5016–1228,8

Ribociclib

2017 | 2017

600 mg po einmal täglich für 

21 Tage in einem 28-Tage-Zyklus

4831.82023.8001–432,0

Abemaciclib

2017 | 2018

150 mg po zweimal täglich

 

1692494.280824,8

Für den routinemäßigen Einsatz des TDM von CDK4/6-Inhibitoren mittels LC-MS/MS in klinischen Speziallaboren sind weitere pharmakokinetische und pharmakodynamische Studien sinnvoll, auf deren Grundlage eine valide Interpretation der Wirkstoffspiegel möglich ist. Studien zur Adhärenz von Patient:innen mit fortgeschrittenem Brustkrebs in Bezug auf CDK4/6-Inhibitoren zeigten, dass zwar generell ein hohes Maß an Therapietreue herrscht, jedoch insbesondere Vergesslichkeit (25,9 % Non-Adhärenz) bei der Einnahme der OTT ein Problem darstellt. Darüber hinaus zeigte sich, dass sowohl depressive Symptome als auch mangelnde Überzeugung bzw. Bedenken gegenüber der aktuellen Antitumortherapie mit einer verminderten Adhärenz einhergingen. Die gezielte Adressierung dieser Faktoren kann – in Kombination mit TDM von CDK4/6-Inhibitoren – die Therapietreue verbessern und im Vergleich zur Selbsteinschätzung der Adhärenz einen objektiveren Ansatz zur Beurteilung der Therapieeinhaltung ermöglichen [24]. Das TDM von CDK4/6-Inhibitoren dient zur Begleitung der Therapie des Mammakarzinoms und kann dabei den Behandlungserfolg, die Therapietreue (Adhärenz) und das individualisierte Dosismanagement unterstützen.

Zusammenfassung und Ausblick

CDK4/6-Inhibitoren zur Therapie des HR-positiven, HER-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinoms beziehungsweise des frühen HR-positiven, HER2-negativen Mammakarzinoms können als Gamechanger angesehen werden. Unerwünschte Arzneimittelinteraktionen, Polypharmazie und auch Resistenzen gegen CDK4/6-Inhibitoren, die nach längeren Behandlungsphasen auftreten können [6, 11], stellen eine große Herausforderung in der Therapie des Mammakarzinoms dar. Das TDM der CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib, Ribociclib, Abemaciclib und deren Metaboliten mittels LC-MS/MS kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Pharmakotherapie individuell für die Patient:innen zu optimieren. 

Autoren
PD Dr. rer. nat. Katharina Habler (korrespondierende Autorin)
Prof. Dr. med. Michael Vogeser
Prof. Dr. med. Daniel Teupser
Institut für Laboratoriumsmedizin
LMU Klinikum, München