Einsatz von WGS und WTS
Marietta Truger (Leitung der FISH Diagnostik des MLL Münchner Leukämielabors) zeigte in ihrem Vortrag den Mehrwert von Whole Genome Sequencing (WGS) und Whole Transcriptome Sequencing (WTS) für die Hämatoonkologie auf.
Mit den Standardverfahren in der genetischen Diagnostik wie der Sequenzierung einzelner Gene oder auch größerer Genpanels können bestimmte Genomregionen gezielt untersucht werden. Mit WGS und WTS hingegen können Mutationen sowie Kopienzahl- und Strukturveränderungen gleichzeitig, genomweit und in einer höheren Auflösung betrachtet werden. Die Daten des WGS sind nicht leicht zu interpretieren: Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) treten – wenn man das Genom zweier Menschen vergleicht – häufig auf, haben aber in den meisten Fällen keinerlei pathogenetische Relevanz.
Eine identifizierte Veränderung muss also unbedingt korrekt bewertet werden. Im 5K-Projekt des MLL Münchner Leukämielabors wurden mittlerweile fast 5.000 Genome von Patient:innen mit 30 unterschiedlichen hämatologischen Neoplasien sequenziert. Solche Studien ermöglichen es, Erkrankungen besser zu verstehen, die gesamte Komplexität einer Erkrankung zu erfassen, Diagnosesysteme zu verfeinern und prognostische Systeme zu verbessern sowie weitere wichtige Schritte in Richtung personalisierter Medizin und zielgerichteter Therapie zu gehen.
In die SIRIUS-Studie wurden bisher 110 Patient:innen eingeschlossen, bei denen die Goldstandarddiagnostik noch Fragen bezüglich Diagnose, Prognose oder Therapie offenließ. Durch WGS- und WTS-Analysen konnten hier bei über einem Viertel der Patient:innen noch wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden.
Durch WGS-Analysen können Single Nucleotide Variants, strukturelle Veränderungen und Kopienzahlveränderungen sowie kopienzahlneutrale Verluste der Heterozygotie identifiziert werden. Mit WTS-Daten kann man zusätzlich Genfusionen, die Expression einzelner Gene und auch Genexpressionsprofile analysieren.
Anhand mehrerer Fallbeispiele aus der Hämato(onko)logie konnte Frau Truger eindrücklich den Mehrwert von WGS- und WTS-Analysen für die Diagnosestellung, die Abschätzung der Prognose und die Therapieentscheidung aufzeigen.