Gentherapie der Hämophilie – Ein medizinisch-technologischer Quantensprung

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2023.02.04

Für die Behandlung der Hämophilie stehen effektive und sichere Therapieverfahren zur Verfügung, die aber lebenslang eingesetzt werden müssen. Nun wurden zwei gentherapeutische Medikamente zugelassen, die ein blutungsfreies, nebenwirkungsarmes Leben ohne regelmäßige Medikamentengabe mit einer besseren Lebensqualität in Aussicht stellen. In weiteren Studien müssen aber noch Langzeitdaten zur Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität erhoben werden.

Schlüsselwörter: Hämophilie A, Hämophilie B, Valoctocogen Roxaparvovec, Etranacogen Dezaparvovec

Hämophilie A und B sind X-chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankungen. Aufgrund dieses Erbgangs werden in der Regel nur Männer klinisch auffällig. Frauen haben als Überträger (Carrier, „Konduktorin“) der Genmutation zwar eine verminderte Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Aktivität, bleiben im Alltagsleben jedoch meist asymptomatisch. Bei den betroffenen männlichen Patienten kommt es zu einem Mangel oder einer verminderten Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII (Hämophilie A) bzw. IX (Hämophilie B). Der Schweregrad der Erkrankung wird durch die laboranalytisch bestimmte Restaktivität der Faktoren definiert. Hiermit korreliert auch das klinische Bild, das sich in Form von Hämatomen, Blutungen, Langzeitfolgen etc. äußert. Bei einer residualen Aktivität des Gerinnungsfaktors von 5–40 % spricht man von einer milden Form, bei Restaktivitäten von 1–5 % von einer mittelschweren und bei weniger als 1 % der Norm von einer schweren Form der Hämophilie [1]. Ca. 80–85 % der Betroffenen haben eine Hämophilie A, wobei ungefähr die Hälfte davon eine schwere Verlaufsform hat. In Deutschland waren 2020 ca. 4.600 Patient:innen mit einer Hämophilie unterschiedlicher Schweregrade in Behandlung.

 

Konventionelle Therapie

Die Standardtherapie der Hämophilie besteht in der intravenösen Substitution des fehlenden Gerinnungsfaktors. Die Therapie, die mehrfach pro Woche bei Kindern und Erwachsenen durchgeführt wird, hat sich weitgehend von einer bedarfsbezogenen (on demand) zu einer prophylaktischen Form der Behandlung (Dauertherapie) gewandelt. Die Frequenz hängt von diversen Aspekten ab, insbesondere von der Halbwertszeit der Faktorenkonzentrate (t ½), die im Mittel bei einem Substitut des Faktors VIII bei 12 h liegt, bei Faktor IX bei ca. 18 h (standard half-life, SHL). Mittlerweile gibt es diverse Medikamente, die diese Halbwertszeit auf 18 h (Faktor VIII) bzw. 100 h (Faktor IX) verlängern (extended half-life, EHL [2]). Ziel der Therapie mit Gerinnungsfaktorenkonzentraten ist die Wahrung eines Talspiegels (trough level) von mindestens 3–5 % Restaktivität (Abb. 1).

Neben dem Ersatz des betroffenen Gerinnungsfaktors stehen weitere Behandlungsoptionen zur Verfügung. Der humanisierte, monoklonale bispezifische, modifizierte IgG4-Antikörper Emicizumab („Faktor VIII-Mimetikum“) wird bei Hämophilie-A-Patient:innen in Intervallen wöchentlich, alle zwei oder vier Wochen subkutan appliziert. Eine Seite des Antikörpers bindet dabei an den Gerinnungsfaktor IXa, die andere an den Faktor X. Damit wird die Funktion des Faktors VIIIa nachgeahmt, der in der Gerinnungskaskade die Aktivierung des Faktors X zu Xa durch den Faktor IXa katalysiert [3]. Weitere Alternativen einer langfristigen Prophylaxe befinden sich aktuell in klinischen Studien der Phase III. Zu den als Non-Factor Replacement Therapy (NFRT) bezeichneten Medikamenten zählen monoklonale Antikörper zur Blockade des Tissue Factor Pathway Inhibitors (anti-TFPI). Hier werden die natürlichen gerinnungshemmenden Mechanismen geblockt und so die Blutgerinnung selbst gefördert. Ein weiterer Ansatz ist der Einsatz einer small interfering RNA (siRNA; Fitusiran), welche die Biosynthese von Antithrombin in Hepatozyten reduzieren und dadurch eine ausreichende Thrombinbildung fördern soll, um die Hämostase wiederherzustellen und Blutungen bei Personen mit Hämophilie A oder B mit oder ohne Inhibitoren zu verhindern.

Mit den konventionellen Therapieansätzen sind signifikante Behandlungsergebnisse und -erfolge assoziiert. Sie werden daher auch weiterhin fester Bestandteil individueller Behandlungsregime bei Hämophilen bleiben. Dennoch gibt es weiteren Optimierungsbedarf insbesondere in Bezug auf die patientenrelevanten Endpunkte (patient reported outcomes). Studien zum Langzeitverlauf haben gezeigt, dass auch bei regelmäßiger und früh in der Kindheit begonnener Prophylaxe weiterhin Blutungsrisiken bestehen, die wiederum mit passageren aber auch langfristigen Nebenwirkungen assoziiert sein können. Gefürchtet sind dabei die Entwicklung einer hämophilen Arthropathie mit Gelenkschäden, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen, etc. oder intrakranielle Blutungen [4, 5]. Aufgrund körperlicher aber auch psychosozialer Belastungen ist die Lebensqualität der Betroffenen zudem oftmals beeinträchtigt.

 

Gentherapie

Mit keinem der oben aufgeführten Behandlungsansätze kann eine Heilung erreicht werden. Mit der Gentherapie steht nun eine Alternative zur Verfügung, deren Potenzial diese bisherige Limitierung grundsätzlich durchbrechen kann. Das Ziel der Behandlung ist es, den Defekt der genetisch bedingten Erkrankung zu beheben. Die Hämophilie als monogenetische Krankheit bietet sich hier in besonderem Maße an. Die Prinzipien basieren auf einem Gentransfer, einer Genkorrektur oder der Inaktivierung von Genen. Der Gentransfer ist die aktuell am weitesten fortgeschrittene Form der Gentherapie. Die Korrektur der Information des nicht funktionierenden Gens erfolgt dabei direkt in vivo mittels Applikation des gesunden Korrekturgens in den Organismus (siehe unten) oder ex vivo, z. B. durch Reparatur der fehlerhaften Erbinformation beispielsweise in autologen hämatopoietischen Stammzellen und konsekutiver Re-Transfusion dieser Zellen. Bei der Genkorrektur erfolgt die Reparatur eines defekten Genabschnitts direkt in der Zelle durch einen gezielten, punktgenauen Austausch der fehlerhaften Gensequenz, z. B. mittels des CRISPR-Cas9-Verfahrens (clustered regularly interspaced short palindromic repeats; Abb. 2.).

Bei der Inaktivierung von Genen (gen-silencing) wird die Übertragung genetischer Informationen gehemmt. Durch den Einsatz der bereits erwähnten Substanz Fitusiran kommt es z. B. durch Ausschaltung der für Antithrombin kodierenden mRNA zu einer ausreichenden Gerinnungsaktivierung.

Das erste Präparat zur Therapie der schweren Hämophilie A mit dem Wirkstoff Valoctocogen Roxaparvovec wurde im August 2022 in der EU durch den für die Bewertung von Gen-und Zelltherapien zuständigen Ausschuss für neuartige Therapien (Committee for Advanced Therapies, CAT) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) zugelassen. Die Gentherapie mit dem Wirkstoff Valoctocogen Roxaparvovec (AAV-hFVIII-SQ) für die schwere Form der Hämophilie A erfolgt durch den Transfer einer FVIII-kodierenden Sequenz in Hepatozyten unter Nutzung des rekombinanten AAV5-Vektors, um eine endogene FVIII-Produktion zu initiieren. Es handelt sich dabei um ein vermehrungsunfähiges Adeno-assoziiertes Virus. Die Therapie zielt darauf ab, nach einmaliger intravenöser Gabe das Faktor-VIII-Gen in Leberzellen der Betroffenen einzubringen, um so eine funktionsfähige Kopie des Gerinnungsfaktors zur Verfügung zu stellen [6, 7].

Bei dieser Therapie der Hämophilie handelt es sich somit um einen Gentransfer. Hierfür werden rekombinant hergestellte, nicht-pathogene Adeno-assoziierte Viren eingesetzt, welche die Kapazität haben, nach einmaliger, ca. 30- bis 60-minütiger intravenöser Infusion das Gen für den Gerinnungsfaktor in das Zielorgan zu transportieren. Die Vektoren enthalten auch die für die Expression des Gens in der Zielzelle notwendigen Kontrollelemente wie Promotor und Enhancer, die dafür verantwortlich sind, dass das Gen in die Leber gelangt. Dort wird das Gen in die Leberzelle aufgenommen. Infolgedessen wird nach einer Endozytose und Integration des genetischen Materials in den Zellkern durch diesen die Synthese des Gerinnungsfaktors gesteuert (Abb. 3).

Für die Hämophilie B erfolgte die bedingte Zulassung (CMA) für ein Medikament mit dem Wirkstoff Etranacogen Dezaparvovec im Februar 2023. Auch dieses wird als intravenöse Infusion angewendet [7]. Es besteht aus einem nicht replizierenden Adeno-assoziierten Virus des Serotyps 5, der eine Codon-optimierte DNA-Sequenz der Padua-Variante, einer Gain-of-Function-Variante des humanen Gerinnungsfaktors IX, enthält. Diese Variante liefert Faktor-IX-Proteine, die fünf- bis achtmal aktiver sind als gewöhnlich. Innerhalb des Hepatozyten formt das Transgen ein stabiles Episom, das außerhalb des Genoms vorliegt. Das Medikament ist für die Behandlung Erwachsener mit Hämophilie B zugelassen, die eine Faktor-IX-Prophylaxe-Therapie bekommen oder lebensbedrohliche Blutungen hatten oder wiederholt schwere spontane Blutungsepisoden aufweisen. In einer Studie mit 54 Teilnehmenden wiesen die behandelten Personen erhöhte Faktor-IX-Aktivitätsspiegel und eine signifikante Verringerung der ABR (annual bleeding rate) auf. Bei vielen der Patient:innen konnte zudem auf eine prophylaktische Gabe von Faktor-IX-Präparaten verzichtet werden [8].

 

Selektion, Nebenwirkungen und Nachbeobachtung

Eine AAV-Gentherapie kann nach heutigem Wissensstand nur einmalig durchgeführt werden (Entwicklung von hochtitrigen Antikörpern gegen AAV nach der Gentherapie und Kreuzreaktivität zwischen verschiedenen AAV-Serotypen). Aus diesem Grund erfolgt eine Selektion der Patient:innen, für die eine Gentherapie in Betracht kommt. Dabei werden Faktoren wie das Alter der Betroffenen (> 18 Lebensjahre), der Schweregrad der Erkrankung (bislang v. a. schwere oder in einigen Studien mittelschwere Hämophilie), Organfunktionen (Leber, Niere), Vorbehandlungen, neutralisierende Antikörper gegen Vektoren (z. B. AAV), Antikörper gegen Gerinnungsfaktoren VIII oder IX (ca. 30 % der Patient:innen mit Hämophilie A oder B), Patienten-bezogene Aspekte (Compliance etc.) und viele mehr berücksichtigt. Für die Gentherapie von Kindern sind vermutlich andere Ansätze erforderlich, da sich die Leber im Kindesalter noch im Wachstum befindet und nicht von einem konstanten Ansprechen der Gentherapie auszugehen ist [9].

Die Gentherapie selbst wird im Allgemeinen gut vertragen [9]. Die häufigsten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit einer Gentherapie waren Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Myalgien, Übelkeit, Fieber, infusionsbedingte Reaktionen, grippeähnliche Symptome und ein Anstieg der Transaminasen. Ein Anstieg der Alanin-Aminotransferase (ALT, [10]) zeigt eine Leberschädigung an – je nach Studie von 17 % (v. a. Hämophilie B) bis zu 89 % (v. a. Hämophilie A) – die mit einer Reduktion des Faktorspiegels assoziiert sein kann und eine vorübergehende Immunsuppression der T-Zell-induzierten Immunreaktion mit Kortikosteroiden erfordert. In wenigen Fällen kam es zu einer transienten Erhöhung der FVIII- und IX-Werte, die mit thromboembolischen Ereignissen einhergingen. Ein Auftreten von Hemmkörpern gegen FVIII oder FIX wurde bislang nicht berichtet.

Auch wenn es sich nur um eine einmalige venöse Therapie handelt, bedingt die Nachbeobachtung ein erhebliches Engagement der beteiligten Zentren und der Patient:innen [11]. Zudem werden Verhaltensmaßnahmen erwartet, die über eine längere Zeit nach der Therapie Selbstdisziplin erfordern (Verzicht auf Alkohol, Kontrolle des BMI usw.). Die konsequente Erfassung der Behandlungsdaten, insbesondere im post-therapeutischen Verlauf (Abb. 4), in nationale und internationale Register (z. B. Gentherapie-Register der Word Federation of Haemophilia (WFH)) ist für die Beurteilung der Langzeiteffekte und -erfolge unabdingbar [11, 12].

Klinische Ergebnisse der Gentherapie

Die Daten aus nicht-randomisierten Phase-I- bis Phase-III-Studien zeigen eine ausreichende Expression des Gerinnungsfaktors VIII beziehungsweise IX bei Personen mit überwiegend schwerer Hämophilie A bzw. B. Es zeigt sich bei den meisten Betroffenen auch eine verringerte Anzahl der Blutungen im Vergleich zur prophylaktischen Therapie (annual bleeding rate, ABR). Für die Hämophilie A sind dauerhafte Faktorspiegel bis zu sechs Jahren, bei der Hämophilie B bis zu acht Jahren beschrieben.

Phase-I-Studien dienten bislang vor allem der Dosisfindung und bildeten die Basis für die Phase-III-Studien mit einem Einschluss größerer Patientenzahlen. Bei vielen Studien war der Vergleich der primären und sekundären Endpunkte der Gentherapie mit einer im Vorfeld erfolgten Beobachtungsphase mit regulärer prophylaktischer Faktorsubstitution möglich. In den gentherapeutischen Studien bei Hämophilie A zeigte sich eine Minderung der Anzahl an Blutungen zwischen 83,8 % (Reduktion der medianen Blutungsereignisse von 2,8 auf 0) und 91,5 % (Reduktion der Blutungsereignisse im Median von 8,5 auf 0,3). Bei Gentherapie-Studien der Hämophilie B nahm die Zahl der Blutungsereignisse zwischen 64 % (Abfall der medianen Blutungsereignisse von 4,19 auf 1,51) und 96 % ab (Reduktion der media­nen Blutungsereignisse von 15,5 auf 1,5) [9]. Es bestanden jedoch inter- und intraindividuelle Variabilität der Aktivität der Gerinnungsfaktoren.

Kürzlich wurden Ergebnisse der Phase- III-Studie zur Gentherapie der Hämophilie A veröffentlicht. Bereits nach wenigen Wochen konnte ein deutlicher Anstieg der FVIII-Aktivität im Mittel um 42 % erzielt werden. Teilweise wurden sogar Faktor-VIII-Werte im Normbereich gemessen. In den Wochen 49 bis 52 nach Verabreichung ließ sich bei den 132 auswertbaren Fällen eine deutliche, im Mittel auf 41,9 IU/dl gesteigerte Faktor-VIII-Aktivität nachweisen. Bei 112 Teilnehmenden aus einer früheren Studie konnte durch die Gentherapie auf die Verabreichung von Faktor-VIII-Präparaten verzichtet werden [6]. Die Zahl der Blutungsepisoden verringerte sich unter der Therapie mit Valoctocogen Roxaparvovec um 80 %.

Auffällig ist jedoch bei der Gentherapie der Hämophilie A der post-therapeutische Abfall der Faktor-VIII-Aktivität. Aktuelle 6-Jahres-Daten zu Valoctocogen Roxaparvovec ergaben eine mittlere und mediane FVIII-Aktivität von 9,8 und 5,6 %.

Ein Nachlassen der Wirksamkeit wurde bei der Gentherapie der Hämophilie B bisher noch nicht beobachtet [12]. Erstmalige Ergebnisse zur Gentherapie der Hämophilie B wurden in den Jahren 2011 und 2014 publiziert, wo sich Jahre nach der Behandlung ein konstant um 5–7 % erhöhter FIX-Wert zeigte [13]. Auch hier nahm die Blutungsrate signifikant um 90 % ab. Der Großteil der Patient:innen konnte auf eine prophylaktische Substitution mit einem Faktorenkonzentrat verzichten.Einen Schutz vor Blutungen – auch bei Verletzungen – konnte in einer Studie mit der Padua-Variante des Faktors IX erzielt werden; hier stieg die Aktivität des Gerinnungsfaktors auf über 30 % und in der Folge konnte die Blutungsrate um über 90 % gesenkt werden [14].

Die Lebensqualität wurde an einer kleinen Anzahl von Patient:innen untersucht. Es konnte mittels Datenerhebung durch den „Haemophilia-Specific Health-Related Quality of Life“-Fragebogen (Haemo-QoL-A) bei Personen mit Hämophilie A der höchsten Dosiskohorte eine konstante Besserung aller Bereiche im Haemo-QoL-A (Instrument zur Bewertung der Lebensqualität für Kinder und Jugendliche mit Hämophilie) für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gezeigt werden [12].

Um beurteilen zu können, wie lange die Wirkung der Gentherapie tatsächlich anhält und ob zusätzliche unerwünschte Wirkungen auftreten, wurde eine weitere Nachbeobachtung der Personen über 15 Jahre festgelegt.

 

Zusammenfassung

Für die Behandlung der Hämophilie stehen mit einer prophylaktischen Substitution der Gerinnungsfaktoren VIII sowie IX und der subkutanen Gabe eines bispezifischen Antikörpers bei der Hämophilie A effektive und sichere Therapieverfahren zur Verfügung. Künftige Therapeutika und Modifikationen der Behandlungsregime (z. B. höhere Trough-Level) werden diese Optionen ergänzen und als gesamtheitliches Portfolio möglicher medikamentöser Ansätze die künftige Therapie einer Hämophilie sichern. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich. Dies ist zu berücksichtigen, wenn die Gentherapie als eine neue Behandlungsmethode für Patient:innen mit Hämophilie erwogen wird.

Die Studienergebnisse zur Gentherapie zeigen einen Anstieg der Gerinnungsfaktoren über einen langen Zeitraum. Die Gentherapie der Hämophilie stellt als medizinisch-technologischer Quantensprung somit die Chance auf ein blutungsfreies, nebenwirkungsarmes Leben ohne regelmäßige Medikamentengabe mit einer besseren Lebensqualität in Aussicht (hemophilia-free mind) [15]. Es fehlen jedoch Langzeitdaten zur Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität, die in weiteren Studien erhoben werden müssen. Aufgrund der Komplexität dieser innovativen Therapie und noch vieler offener Fragen sollte deren Durchführung unter einer zurückhaltenden, sachlichen Einschätzung in ein gut koordiniertes und abgestimmtes Versorgungsmodell („Hub-and-Spoke“-Modell) eingebunden sein, bei dem die essentielle Sammlung Patienten-und krankheitsbezogener Daten erfolgt und die Daten kontinuierlich ausgewertet werden. In jedem Fall kann die Gentherapie als vielversprechendes Initialstadium einer neuen therapeutischen Ära angesehen werden. 

Autor
Prof. Dr. med. Kai Gutensohn
Werlhof-Institut MVZ GmbH