Es gehört zu den Kernanliegen dieser Zeitschrift, die stetige Weiterentwicklung der Automation in zentralisierten und dezentralen Laboratorien auf dem jeweils neuesten Stand zu dokumentieren – und das seit unserer allerersten Ausgabe, die vor genau 20 Jahren unter dem Namen Trillium Report herauskam [1]. Damals wie heute spielte das Wort Innovation eine zentrale Rolle. Innovation ist das Lebenselixier des Fortschritts. Wer nicht innovativ ist, wird nicht überleben – so die gängige Aussage.
Wenn wir aber ehrlich sind, ist Innovation ein schwammiger Begriff, der alles Mögliche bedeuten kann. Man mag es zum Beispiel kaum glauben, dass im Jahr 2003 die Qualitätssicherung für POCT-Geräte als innovative Idee galt [1]. Heute erscheint es selbstverständlich, dass man die Qualität von Laborergebnissen sicherstellen muss, egal ob diese im Zentrallabor oder am Krankenbett erhoben wurden.
Innovativ war damals auch die Idee, klinisch-chemische und immunchemische Assays im Zentrallabor auf ein und derselben Workcell durchzuführen [2]. Wäre es nicht selbstverständlich, dass dieses erfolgreiche Prinzip auch bei POCT-Geräten verwirklicht wird, indem die Hersteller aus den großen Geräten einfach „die Luft rauslassen“? Der Labormarkt wünscht es sich seit mindestens zehn Jahren [3], aber noch sind modulare, konsolidierte POCT-Workcells nur ansatzweise verwirklicht (S. 19). Wir sehen stattdessen ein breites Spektrum von technisch anspruchsvollen, aber untereinander nicht kompatiblen Geräten, was die Arbeitsabläufe ausgerechnet da komplex und fehleranfällig macht, wo wenig geschultes Pflegepersonal Laborarbeit verrichten muss.
Aber vielleicht tun wir den Herstellern mit dieser Kritik ja Unrecht? Wäre es heute womöglich gar nicht mehr zeitgemäß, Konsolidierungsprinzipien am Point of Care umzusetzen, die sich vor 20 Jahren im Zentrallabor bewährt haben? Es könnte ja durchaus sein, dass zum Beispiel mikrofluidische Kartuschen, die mehrere Assays in einem einzigen Plastikgehäuse vereinen, die wahre Innovation darstellen. Der Markt nimmt diese Lösungen jedenfalls gerne an, weil sie praktisch und in der Gesamtrechnung sogar preisgünstig sind. Vor den dadurch erzeugten Abfallbergen schließt „der Markt“ vorläufig noch die Augen – bis die nächste Innovation auch diese Lösung ablöst.
Was also ist Innovation? In der Industrie unterscheidet man gern vier verschiedene Formen, die wie in einem Fenster angeordnet sind (Abb. 1): Auf der x-Achse ist der technische Fortschritt von alt nach neu und auf der y-Achse der Einfluss auf den Markt von etabliert nach dynamisch aufgetragen.