Licht im Dunkel des geplagten Darms?

Diagnostik von Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten

Laktose- und Gluten-freie Lebensmittel sind wie selbstverständlich in jedem Supermarkt zu finden und werden mit Sicherheit von sehr vielen Menschen konsumiert, die reell weder eine Laktose- noch eine Gluten-Unverträglichkeit haben. Und  wer im Internet nach „Nahrungsmittel­unverträglichkeitstest“ sucht, erhält eine Vielzahl von Angeboten zum Selbsttest mit fraglicher Aussagekraft. Wer all die Nahrungsmittel vermeiden möchte, auf die er angeblich krankhaft reagiert, riskiert eine nicht ungefährliche Mangelernährung. 

Warum es so schwer ist, bei tatsächlichen oder vermeintlichen Nahrungsmittel­unverträglichkeiten (NMU) aufgrund der gastrointestinalen oder systemischen Symptome eine Ursache zu diagnostizieren und eine Therapie oder Verhaltensempfehlung zu formulieren, beweist die Vielzahl der publizierten Untersuchungsverfahren, vom Ernährungsprotokoll über spezifische Immunglobuline im Blut bis hin zur extrem aufwendigen, endoskopisch gesteuerten Applikation vermuteter Schadstoffe mit lokaler Bestimmung von Entzündungsmediatoren direkt im Darm. 

Licht ins Dunkel kann nur eine solide durchgeführte Analytik bringen, die alle denkbaren ätiologischen Aspekte berücksichtigt (Abb. 1). Die in dieser Ausgabe vertretenen Hersteller bieten durchweg Tests für den linken Ast des Schemas an, also für die Immunglobulin-vermittelten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Der diagnostische Fokus liegt hierbei auf dem Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Blut – wahlweise für große, automatisierbare Immunblot-Panels oder kleine ELISA-Profile und Einzeltests im Lateral-Flow-Format. Auch IgG-Tests werden angeboten, deren Aussagekraft allerdings kontrovers diskutiert wird [1]. IgG-Antikörper zeigen zwar möglicherweise an, dass sich das Immunsystem mit dem Antigen auseinandergesetzt hat, sind aber nicht gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Erkrankung (www.euroline-food.de).

 

In einer Doppelblindstudie wurde gezeigt, dass sich die subjektiv empfundenen Symptome fast immer besserten, wenn bestimmte Nahrungsmittel aus der Ernährung eliminiert wurden (Abb. 2). Der Unterschied zwischen einer gezielten Diät auf Basis von IgG-Bestimmungen und einer ungezielten Diät war statistisch signifikant, aber absolut gesehen nur gering [2].

Die zweite Gruppe immunologisch vermittelter NMU betrifft Autoimmunreaktionen, an erster Stelle die Zöliakie, die mit einer durch Gluten aus Weizenprodukten vermittelten Zotten­atrophie des Dünndarms einhergeht. Lange Zeit wurde diese Erkrankung durch den Nachweis von Antikörpern gegen das im Gluten enthaltene Gliadin als allergische Reak­tion fehlgedeutet. Erst mit der Entdeckung von Autoantikörpern in der indirekten Immunfluoreszenz konnte die Pathogenese aufgeklärt werden. 1997 wurde ein Komplex aus körper­eigener Transglutaminase und deamidierten Gliadinpeptiden (dGP) als das eigentliche Zielprotein der Autoimmunreaktion identifiziert. Dieser Komplex tritt interessanterweise nur bei Patienten mit dem HLA-Typ DQ2 oder DQ8 auf. Die Diagnostik besteht deshalb aus einer Kombination von immunologischen (Transglutaminase-Antikörper) und genetischen (HLA-Subtypisierung) Untersuchungen.

 

Detektivarbeit

Um zu verhindern, dass in den Befunden von Patienten mit unklaren gastrointestinalen Beschwerden allzu oft das Wort „idiopathisch“ vorkommt, ist eine wahre Detektivarbeit erforderlich. Das gilt insbesondere, wenn bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit das Immunsystem nicht offenkundig beteiligt ist (rechter Ast des Schemas in Abb. 1). Dann gilt es zu unterscheiden, ob die ursächliche Malabsorption durch Schadstoffe, Infektionen oder ein möglicherweise fehlendes Enzym bzw. Transportprotein ausgelöst wird. Eine genetisch bedingte Laktose-Unverträglichkeit lässt sich beispielsweise durch einen Test auf zwei Polymorphismen im Laktase-Gen (C/T-13910 und G/A-22018) relativ leicht abklären.

Die Unverträglichkeit gegenüber Fruktose erfordert dagegen eine Stufendiagnostik, um zwischen einer echten Fruktose-Malabsorption und einer unspezifischen Polyol-Unverträglichkeit, bedingt durch eine Fehlbesiedelung des Darms, zu unterscheiden. Die Untersuchung auf darmpathogene Erreger – gerade auch auf Parasiten oder Pilze – gehört zum Basisspektrum, während die manchmal propagierte Analyse des „Darmmikrobioms“ noch keinen großen Nutzen bringt, da der Hinweis auf eine Dysbiose keine spezifische Handlungsempfehlung nach sich zieht.

Für die Zukunft erhofft man sich von den sogenannten Omics-Techniken (Darm-Mikrobiom und -Metabolom) allerdings durchaus Erkenntnisse, die weiteres Licht ins Dunkel bringen. So weiß man, dass bei einer Dysbiose bestimmte kurzkettige Fettsäuren vermindert gebildet werden, die ihrerseits entzündungshemmend und antiallergisch wirken [3].

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Dr. Gabriele Egert
Mitglied der Redaktion