Ein neuer Goldstandard

Gastkommentar

In den Ohren eines in der heutigen Zeit (2018) tätigen Hämatologen klingt es wie Musik, wenn ein Experte wie Prof. Tors­ten Haferlach die Arbeit am Mikroskop – und damit die phänotypische Beschreibung hämatologischer Neoplasien – weiterhin als Goldstandard darstellt. Allerdings drängt sich beim Lesen der Gedanke auf, dass man wohl bald „weiterhin“ durch „bis auf Weiteres“ ersetzen muss.
Der Artikel nähert sich dieser sehr schwierigen Thematik von zwei Seiten. Einerseits ist mit den innovativen Methoden der Molekulargenetik heute rein technisch fast alles möglich, andererseits führen die vorgestellten Analysen zwangsläufig zu einer unüberschaubaren Anhäufung von Daten, die auch der erfahrenste Hämatologe ohne Bioinformatik und womöglich „künstliche Intelligenz“ nicht verstehen und im Sinne einer für das weitere Handeln nutzbaren Diagnostik verwerten kann.
Wir alle müssen uns – und hier kann ich Herrn Haferlach nur uneingeschränkt zustimmen – dieser informationstechnischen Herausforderung stellen, um Patienten mit hämatologischen und onkologischen Systemerkrankungen auch in Zukunft immer noch ein kleines bisschen erfolgreicher behandeln zu können. Der Übersichtsartikel zeigt recht detailliert auf, in welche Richtung diese Entwicklung gehen wird, nämlich in die Richtung eines neuen Goldstandards – dann wahrscheinlich ohne Mikroskop.

Autor
Prof. Dr. med. Wolf-Karsten Hofmann
Lehrstuhl für Hämatologie und Onkologie der Medizinischen Fakultät Mannheim
Universität Heidelberg
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