Molekularbiologische Assays und Schnelltests

Labordiagnostik gastrointestinaler Infektionen

Gastrointestinale Infektionen (GI) sind die weltweit achthäufigste Todesursache, noch vor Tuberkulose und Verkehrsunfällen. Besonders in Ländern mit niedrigem Hygienestandard kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Cholera und anderen schweren Durchfallerkrankungen.

In Deutschland sind laut RKI Noro-Viren, die sich wegen ihrer hohen Kontagiosität sehr rasch zu Ausbrüchen ausweiten können, die Spitzenreiter, gefolgt von Campylobacter, Rota-Viren und Salmonellen. Alle vier Erreger sind meldepflichtig, sobald sie im Labor nachgewiesen wurden. Tab. 1 führt die häufigsten relevanten Keime mit den zugehörigen diagnostischen und therapeutischen Anforderungen auf.

Erreger
Nachweis
Therapie
Bakterien

Campylobacter ssp

Anzucht, Antigen-Nachweis (POCT)

Nur bei schwerwiegenden Infekten, Gefahr des systemischen Verlaufs

Vibrio ssp, Shigella ssp

Anzucht, PCR

Antibiotika-Therapie

E. coli (EPEC)

Anzucht, molekularbiologischer Toxin-Nachweis

Selbstlimitierend

E. coli (EHEC)

i. d. R. selbstlimitierend, Antibiotika-Therapie noch umstritten, positive Wirkung in einzelnen Fällen (evtl. Stamm-abhängig bekannt)

enteritische Salmonellen

Anzucht, Serologie, PCR

Antibiotika nur bei schwerwiegenden Infekten, Gefahr des systemischen Verlaufs

Clostridium difficile

Anzucht, Antigen-Nachweis, PCR, isotherme Amplifikation

Opportunistischer Keim, je nach Verlauf AB-Therapie und/oder

Wiederherstellung des intestinalen Mikrobioms erforderlich

Yersinia entero­colitica

Anzucht, Serologie, PCR

Meist selbstlimitierend

Parasiten

Giardia lamblia

Mikroskopie, Antigen-Nachweis, PCR

Nitroimidazole; kann chronisch werden, meist nicht selbstlimitierend

Entamoeba histolytica

ggf. Antigen-Nachweis, PCR

Nitroimidazole; meist selbstlimitierend

Viren

Noro-Virus

Antigen-Nachweis, PCR

Selbstlimitierend, Nahrungskarenz,

symptomatische Therapie (Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr)

Rota-Adeno-/Astro-Viren etc

Antigen-Nachweis, PCR

Tab. 1: Nachweis und Therapie häufiger Erreger gastrointestinaler Infektionen.

Als klinische Zeichen dominieren ganz unabhängig vom Erreger Erbrechen und Diarrhö. Die damit einhergehenden Flüssigkeits- und Elektrolytverluste müssen in schweren Fällen auch ohne Ursachenabklärung sofort therapeutisch angegangen werden. Dabei kommt dem Arzt entgegen, dass sich die meisten Magen-Darm-Infektionen unter Nahrungskarenz und Flüssigkeitszufuhr selbst limitieren, sodass ein kostenintensiver Erregernachweis entfällt.

Labordiagnostik

Der spezifische Keimnachweis hilft bei ähnlicher Klinik, diejenigen Patienten zu identifizieren, die unbedingt einer Antibiotika-Therapie bedürfen. Meist werden neben der zeitlich aufwendigen Anzucht bakterieller Erreger molekularbiologische und immunologische Assays eingesetzt.

Die sensitiven molekularbiologischen Nachweistechniken können dank der Multiplex-PCR zu Panels kombiniert werden, um Mischinfektionen oder seltenere Erreger nachzuweisen. Für den niedrigen bis mittleren Durchsatz stehen System-unabhängige Testkits für einzelne Viren oder Bakterien zur Verfügung, mit denen beispielsweise das Noro-Virus direkt aus der Stuhlprobe nachgewiesen werden kann (hier). Im Hochdurchsatz verringert ein lyophilisierter Mastermix, zu dem nur noch der Probenextrakt hinzugefügt werden muss, den Arbeitsaufwand und Zeitbedarf für den PCR-Setup (S. 225).

Durch den Einsatz geschlossener Systeme, die neben der Amplifikation auch die Extraktion beinhalten, lassen sich aufwendige molekularbiologische Assays patientennah durchführen (hier). Ein geschlossenes System kann dem Anwender allerdings durchaus die Freiheit bieten, neben vorkonfektionierten Multiplex-Assays des Herstellers auch eigenentwickelte Tests zu verwenden (siehe hier).

Spezielle Herausforderungen

Die humanpathogenen Genotypen des Noro-Virus sind besonders wandlungsfähig und häufen Mutationen an, aus denen sich alle drei bis vier Jahre eine neue Driftvariante entwickelt. Alle hier vorgestellten Assays erfassen auch die 2016 erstmals beobachtete Variante GII.P16-GII.2, die sich aus den Subtypen GII.P16 und GII.2 entwickelt hat.

Zu den großen Herausforderungen im Krankenhaus gehört C. difficile, ein Toxinbildner, der den größten Teil schwerer Antibiotika-assoziierter Durchfallerkrankungen auslöst. Das Testsystem auf S. 239 beruht auf einem Amplifikationsverfahren, bei dem zusätzlich zur Polymerase eine Helikase eingesetzt wird, sodass auf den Thermocycler verzichtet werden kann.

Dr. Gabriele Egert

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Ambrosch

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