Diabetesdiagnostik in der Schwangerschaft

Patientennahe Tests erwünscht

Dank technologischer Fortschritte ist die Diabetesdiagnostik während der Schwangerschaft heute auch in der Arztpraxis möglich. Mehrere POCT-Geräte erfüllen die Voraussetzungen bereits.

Bei Schwangeren basiert sowohl die Diagnose eines vorbestehenden manifesten Diabetes mellitus als auch eines neu aufgetretenen Gestationsdiabetes mellitus (GDM) vorrangig auf venös bestimmten Plasmaglukosewerten. Sind die spontan gemessenen Werte bei Risiko­patientinnen nicht eindeutig als unauffällig oder manifest diabetisch interpretierbar, so wird gemäß GDM-Leitlinien und G-BA-Mutterschaftsrichtlinie[1, 2] ein oraler Glukosetoleranztests (oGTT, 75 g) empfohlen, der in der Regel zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ambulant in Arztpraxen erfolgt.
Aus praktischen Erwägungen heraus wird seit 2013 neben der Einsendung in ein Labor auch die patientenseitige Sofortmessung vor Ort empfohlen. Wenn dafür Geräte mit Unit-use-Rea­genzien (zum Beispiel Teststreifen) zum Einsatz kommen, dann sollen diese durch einen Vermerk in der Gebrauchsanweisung ausdrücklich für die ärztliche Anwendung zur Diagnostik vorgesehen sein; die Qualitätssicherung hierfür erfolgt nach der RiliBÄK (Richtlinie der Bundesärztekammer)[3]. Da nur die Venenvollblutuntersuchung zugelassen ist, muss das Ergebnis mit dem Faktor 1,11 in Plasmaäquivalente umgerechnet werden; alternativ ist auch ein entsprechend plasmakalibriertes Gerät zulässig.

Vier Gerätegruppen
Die eingesetzten Glukose-Messsysteme lassen sich in vier Gruppen einteilen:

• Gruppe 1: Kompakte Laborgeräte mit etablierten Glukosemessmethoden des klinisch-chemi­schen Labors ohne Unit-use-Reagenzien

• Gruppe 2: POCT-Systeme für die Glukosemessung mit Unit-use-Reagenzien, die gemäß Herstellerempfehlung für die ärztliche Anwendung zur Diagnostik in Deutschland zugelassen sind.

• Gruppe 3: Systeme, die die messtechnischen Anforderungen der Gruppe 2 mit der jeweils besten Teststreifencharge erfüllen, die aber bisher nicht zur Erstdiagnostik zugelassen sind.

• Gruppe 4: Geräte zur therapiebegleitenden Patientenselbstkontrolle, die für die Primärdiagnostik weder zugelassen noch geeignet sind.

Wie die Beispiele in der Tabelle zeigen, gibt es eine ganze Reihe von Systemen für den primärdiagnostischen Einsatz in der Arztpraxis. Geräte der Gruppe 1 zeichnen sich durch einfache Bedienung aus, entsprechen ansonsten aber hinsichtlich der verwendeten Reagenztechnik dem üblichen Laborstandard. Sie kommen vorwiegend in diabetologischen Schwerpunktpraxen zum Einsatz.
In die Gruppe 2 fällt ein Glukosemessgerät, das mit vorbefüllten, gebrauchsfertigen Mikro­küvetten arbeitet. Seine Sonderstellung in der Tabelle rührt daher, dass es bislang als einziges die Zulassung für die ärztliche Anwendung zur Primär­diagnostik in Deutschland besitzt. Der Hersteller hat die geforderte Empfehlung in die Gebrauchsanweisung aufgenommen.
Eine derartige Empfehlung könnte prinzipiell auch für die Geräte der Gruppe 3 gegeben werden. Bei ihnen handelt es sich um Teststreifengeräte, die bereits für die Glukose-Verlaufs­diagnostik durch medizinisches Personal zugelassen sind. Dank ihrer wissenschaftlich nachgewiesenen und publizierten Qualität erfüllen sie mit ausgewählten Teststreifenchargen  teilweise schon seit Jahren die Anforderungen einer gemeinsamen Empfehlung von DGKL und DDG[4] im Hinblick auf die Analytik und Qualitätssicherung.
Viele Ärzte setzen darüber hinaus auch Geräte zum GDM-Screening ein, die der Gruppe 4 zuzuordnen sind[5]. Auf der DDG-Jahrestagung 2009 wurde die große Verbreitung solcher „Hand-Messgeräte“ im niedergelassenen Bereich kritisch beleuchtet. Es wurde klar betont, dass die primärdiagnostische Verwendung solcher Geräte weder gemäß einer DDG-Leitlinie noch gemäß den Mutterschaftsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zugelassen ist. Viele von ihnen weisen nicht die nötige Messqualität auf, um eine zuverlässige GDM-Diagnose stellen zu können.
Insgesamt hat die Messqualität in der Spitzengruppe der POCT-Systeme für Glukosemessungen jedoch einen Stand erreicht, der die Mindestanforderungen für die GDM-Diagnostik in der Arztpraxis erfüllt. Es ist daher möglich und wünschenswert, dass die Hersteller solcher Geräte gemäß den oben genannten gemeinsamen Anforderungen von DGKL und DDG[4] entsprechende Empfehlungen formulieren, um die Zulassung zu erhalten.