Nicht zu unterschätzende Gefahr

Respiratorische Infektionen im Krankenhaus

Atemwegsinfektionen können vor allem im Krankenhaus lebensbedrohlich sein. Das gilt insbesondere für Kinder und ältere Patienten mit schweren Vor- und Begleiterkrankungen. Therapieentscheidend ist der schnelle und sichere Erregernachweis.

 

Atemwegsinfektionen, bei denen zur kausalen Abklärung eine mikrobiologische Diagnostik infrage kommt, können als Rhinitis, Pharyngitis und Laryngitis den oberen oder als Bronchitis, Bronchiolitis und Pneumonie den unteren Respirationstrakt betreffen. Lokale und systemische Komplikationen wie Pleuraerguss und -empyem oder Sepsis treten insbesondere bei tiefen Atemwegsinfektion auf und sind – vor allem, wenn sie im Krankenhaus erworben wurden – mit hoher Mortalität verbunden. In 80% der Fälle treten virale Erreger (Influenza-, Metapneu-, RS-, Adeno-, Rhino-, Enteroviren) als Verursacher auf, die aber aufgrund der aufwendigen Analytik nur selten diagnostiziert werden. Epidemio­logische Daten bakterieller, ambulant erworbener respiratorischer Infektionen, insbesondere von Pneumonien, wurden im Rahmen der CAPNetz-Initiative erhoben. Demnach stehen Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) mit bis zu 50% aller bakteriellen Infektionen des unteren Respirationstrakts als Erreger immer noch mit Abstand an der Spitze.
Bei Infektionen des oberen Respira­tionstraktes (z. B. Sinusitis, Otitis media oder Mastoiditis) kommen fortgeleitete Infektionen des Zentralnervensystems in Form von eitrigen Meningitiden vor. Str. pneumoniae bildet typische vergrünende Kolonien mit zentraler Eindellung (Autolyse), die gelegentlich, bei stark bekapselten Typen, einen schleimigen Charakter zeigen können. Der Pneumokokkennachweis mittels Antigenbestimmung aus Urinproben ist zwar zur Sofortdiagnostik geeignet, sollte aber nicht im Verlauf durchgeführt werden, da er noch Wochen nach Beendigung der Klinik positiv ausfallen kann. Bestimmungsprobleme gibt es sowohl bei der biochemischen wie auch bei der massenspektrometrischen Identifizierung, da sich Str. pneumoniae nur unwesentlich von Mitgliedern der Str. mitis-Familie unterscheidet.
Haemophilus erhielt seinen Namenszusatz influenzae fälschlicherweise, weil man ihn ursprünglich für den Erreger der Grippe (Influenza) hielt. Die Gattung umfasst kleine gram-negative Stäbchen, die bei bis zu 30% der Bevölkerung den Nasenrachenraum besiedeln. Treten Infektionen des Respirationstraktes auf, kann das Bakterium oft als Monokultur auf Kochblut­agar nachgewiesen werden; feinen Nasen gelingt das auch anhand seines typischen Geruchs. Invasive Infektionen von H. influenzae Typ B sind nach Einführung der HIB-Impfung gegen Kapselantigene selten geworden.
Keuchhusten ist eine langwierige, vor allem für Kleinstkinder schwer verlaufende Infektion des ziliaren Epithels der Bronchien. Sie beginnt mit einer etwa einwöchigen katarrhalischen Phase und geht dann in das durch einen typischen „Stakkatohusten“ geprägte Stadium convulsivum über, das bis zu drei Wochen dauern kann. Das Bakterium Bordetella pertussis lässt sich vor allem am Übergang vom ersten zum zweiten Stadium in respiratorischen Materialien nachweisen. Wesentlicher Bestandteil der Pathogenese sind Endo- und Exotoxine; letztere ähneln in ihrer Struktur dem Diphtherie-, Cholera-­ oder Shigatoxin. Eine Diagnostik mittels PCR muss schnell erfolgen, da auch Geimpfte noch Überträger sein können, wenn sie Kontakt mit infektiösen Patienten haben. Bei Personen, die mit Kleinstkindern und vor allem Neugeborenen zu tun haben, ist deshalb unabhängig vom Immunstatus eine Antibiotikaprophylaxe zu empfehlen.
In Wintermonaten erreicht Moraxella catarrhalis bei Kindern oft eine Prävalenz von mehr als 50% und kann neben Infektionen der oberen und unteren Luftwege auch Entzündungen der Bindehäute, des Mittelohrs und der Nebenhöhlen verursachen. Mikroskopisch ist der Erreger nicht von Neisserien (semmelförmige gramnegative Diplokokken) zu unterscheiden. Sein Nachweis ist nur im Zusammenhang mit einer entsprechenden Klinik bzw. bei gleichzeitigem Vorhandensein von Granulozyten von klinischer Bedeutung.
Legionella pneumophila wurde als Erreger der „Legionärskrankheit“ bekannt, nachdem in den USA bei einem Treffen von Kriegsveteranen diese an schweren Pneumonien erkrankten. Das Bakterium besitzt einige besondere Eigenschaften: Es lebt in den Zellen verschiedener, überall vorkommender Amöbenarten, bildet Biofilme, in denen es sich in Wasserleitungssystemen verbreitet, und überlebt Temperaturen von bis zu
60 °C. Durch sein Vorkommen in Trinkwasserleitungssystemen und dem damit verbundenen Infektionsrisiko ist inzwischen auch die regelmäßige Wasseruntersuchung in Mietobjekten vorgeschrieben. Infektionen durch Legionella pneumophila werden meist im ambulanten Bereich erworben. Insbesondere bei Immungeschwächten können sie einen rasch beginnenden und heftigen Verlauf nehmen, weshalb eine schnelle Diagnostik von besonderer Bedeutung ist; inzwischen sind ein Antigennachweis im Urin bzw. PCR-Untersuchungen auf dem Markt.
Mycoplasma pneumoniae kann alle drei bis fünf Jahre epidemisch auftreten und dann bis zu 20% der ambulant erworbenen Pneumonien verursachen. Die Verläufe sind meist leicht und selbstlimitierend. Wegen unsicherer serologischer Diagnostik bieten sich Nukleinsäure­amplifikationsverfahren zum Nachweis an. Eine Anzucht des Erregers ist wegen des Einsatzes von Spezialmedien kritisch und aufwendig, zumal die zellwandlosen Erreger sehr empfindlich auf suboptimale Transportbedingungen reagieren.
Die aktuelle S3-Leitlinie zur Epidemio­logie, Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie empfiehlt keine routinemäßige Untersuchung auf Chlamydophila pneumoniae. Zur Signifikanz dieses Erregers bei respiratorischen Infektionen existieren widersprüchliche Untersuchungen, die insbesondere auf den Diskrepanzen zwischen den hohen Prävalenzen bei serologischen Nachweisen (spezifische IgA, IgM, IgG) und geringer Prävalenz bei PCR-Nachweisen beruhen. Gelegentlich gehen Chlamydieninfektio­nen mit der Bildung von Autoantikörpern (Kälteagglutininen) einher, die über eine Komplementinduktion zu hämolytischen Krisen führen können.
Nukleinsäureamplifikationstechniken haben praktisch alle serologischen Nachweisverfahren bei der Diagnostik respiratorischer Viren abgelöst. Bei Kindern dominieren neben Adeno-, Corona- (Gruppe 1/2), Metapneu- und Bocaviren auch die erst in jüngster Zeit entdeckten WU/KI-Viren aus der Familie der Polyomaviren. Die Verläufe sind meist ohne therapeutische Konsequenz, sodass sich die Notwendigkeit einer Diagnostik in der Regel gar nicht stellt. Gefürchtet sind allerdings Infektionen der Bronchioli (Bronchiolitis) und schwere Pneumonien bei Kleinkindern unter zwei Jahren durch das Respiratory Syncytial Virus (RSV), die rasch zu einer lebensbedrohlichen Ateminsuffizienz führen können. Die Mortalität auf Kinderstationen liegt bei bis zu 2%.
Die etwa 100 Typen der Rhinoviren verursachen den klassischen Schnupfen, wobei die „laufende“ Nase durch Induktion von Vasokinen zustande kommt. Influenzaviren treten weltweit epidemisch auf und sind bei schweren hämorrhagischen Tracheobronchitiden und sekundären bakteriellen Pneumonien lebensbedrohlich. Inzwischen werden auch anthropozoonotische Fälle wie die „aviäre“ Influenza durch H5N1 bzw. H7N7 beschrieben. Ihrem Nachweis kommt wegen der Gefahr einer pandemischen Ausbreitung und der hohen Letalität von bis zu 50% besondere Bedeutung zu.