Immunonkologie: neue Biomarker und Resistenzüberwindung im Fokus der Forschung

Bei der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren geht der Trend klar in Richtung unterschiedlicher Kombinationstherapien. Sie sind – allerdings bei Zunahme der unerwünschten Wirkungen – den Monosubstanzen überlegen. Offene Fragen gibt es jedoch noch bei der Überwindung von Resistenzmechanismen und hinsichtlich valider Biomarker für den Erfolg einer Immuntherapie.

Beim malignen Melanom, dem ersten Anwendungsgebiet der Immunonkologie, hat sich das 10-Jahres-Gesamtüberleben selbst unter einer Monotherapie im Laufe der Jahre von 20% auf 40% verbessert. Mit Kombinationstherapien werden künftig Steigerungen auf etwa 50% erwartet, so Prof. Viktor Grünwald von der Medizinischen Hochschule Hannover. Kombinationen von Checkpoint-Inhibitoren haben sich auch bei anderen Tumoren wie dem metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC) der bisherigen Strategie mit Tyrosinkinase-Hemmern als überlegen erwiesen. Die Kombination aus Nivolumab (Opdivo®) plus Ipilimumab (Yervoy®) war hierbei dem Tyrosinkinase-Hemmer Sunitinib nicht nur hinsichtlich des Therapieansprechens (ORR) überlegen (42% vs. 27%; [1]), sondern auch in Bezug auf prognostisch bedeutsame [2] komplette Remissionen (CR; 9% vs. 1%; [1]). „Hier reden wir erstmals über eine mögliche Heilung bei diesen Patienten“, betonte Grünwald. Im Hinblick auf die deutlich erhöhte Rate unerwünschter Wirkungen einer solchen Kombinationstherapie sei es jedoch äußerst wünschenswert, Patienten zu selektieren, die hiervon auch profitieren. Ein potenzieller prädiktiver Biomarker sei die PD-L1-Expression, so Grünwald. So war das progressionsfreie Überleben (PFS) von Patienten mit mRCC unter Nivolumab plus Ipilimumab im Vergleich zu Sunitinib bei einer PD-L1-Expression > 1% si­gnifikant verlängert, unterschied sich jedoch bei einer PD-L1-Expression < 1% nicht von der TKI-Gruppe [3]. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens blieb der Vorteil für die immunonkologische Kombinationstherapie bei hoher PD-L1-Expression erhalten, allerdings profitieren weniger ausgeprägt auch Patienten mit niedriger PD-L1-Expression (< 1%) davon [4].

Tumormutationslast als neuer Biomarker

Als neuesten Trend auf der Suche nach Biomarkern nannte Grünwald die Tumormutationslast (TMB). So profitierten Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) hinsichtlich des PFS und des Therapieansprechens im Vergleich zur Chemotherapie von der Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab bei hoher TMB (> 10 Mutationen/Megabase) und einer PD-L1-Expression > 1% und auch < 1% [5].
Die TMB, also die Rate der Akkumulation von Mutationen im Tumor – oft als Folge eines Defekts im DNA-Reparatursystem – ist auch ein Indiz für das Ansprechen eines Tumors auf eine Immuntherapie, ergänzte der Pathologe Prof. Andreas Jung, Universität München. Tumoren mit hoher TMB wie Blasenkrebs, Melanome, kolorektales Karzinom oder NSCLC seien dabei aufgrund der hohen Frequenz potenziell immunogener Neoantigene vermutlich geeigneter als Tumoren mit niedriger TMB wie Weichteilsarkome, Pankreaskarzinome oder Keimbahntumoren, die über andere Treibermechanismen verfügen. „Wir müssen also sowohl auf die Expression immun-inhibitorischer Marker (Checkpoint-Moleküle) achten als auch auf die Tumorlast“, forderte Jung. Die Korrelation zwischen der Höhe der TMB als Biomarker und dem Ansprechen auf eine Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab wurde erstmals in der Phase-III-Studie CheckMate-227 [5] bei Lungenkrebs untersucht. Zwar fand sich bei 42% der Patienten kein positives Resultat, dennoch erwies sich die TMB als guter prädiktiver Biomarker sowohl beim NSCLC als auch beim SCLC.

Strategien gegen die Therapieresistenz

Eine Reihe von Tumoren spricht jedoch überhaupt nicht oder ungenügend auf die PD-1-Blockade an. Hierzu zählen metastasierte Kolonkarzinome oder Pankreastumoren mit hoher Mikrosatelliten-Stabilität (MSS), aber auch ein Teil der NSCLC und der Mammakarzinome, betonte Prof. Guy Ungerechts, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg. Mögliche Gegenstrategien sind die Kombination der Immuntherapie mit einer Zytokin-Blockade, neue Checkpoint-Inhibitoren sowie onkolytische Viren. Das von T-Zellen sezernierte Zytokin CCL5 fördert das Tumorwachstum über den CCL5/CCR5-Signalweg. Eine Kombination des CCR5-Inhibitors mit einer PD-1-Blockade führte in einer ersten Pilotstudie bei refraktärem CRC mit hoher MSS zu einem Therapieansprechen.
Der Anti-LAG-3-Antikörper Relatlimab hemmt das Lymphocyte-Activa­tion Gene 3 (LAG-3), einen Zellrezeptor, der die T-Zell-Aktivierung bremst. Immunonkologisch vorbehandelte Melanom-Patienten, die unter PD-1-/PD-L1-Blockade einen Progress hatten, sprachen in einer noch laufenden Studie zu immerhin 12,5% bei guter Verträglichkeit auf die Kombination von Relatlimab plus Nivolumab an.
Die Immun-Virotherapie bewirkt zum einen eine direkte Onkolyse durch selektive Virusreplikation in den Tumorzellen, ist aber zum anderen auch in der Lage, durch gezielte Immunmodulation in verschiedenen Phasen eine tumorspezifische Immunantwort zu induzieren oder zu unterstützen. In einer Pilotstudie [6] verbesserte die Kombination aus Immun-Virotherapie mit der PD-1-Blockade beim fortgeschrittenen Melanom die intra-tumorale Infiltration durch T-Zellen und steigerte den Effekt der Checkpoint-Inhibition.


Andreas Häckel

Satellitensymposium „Immunooncology 2018 and beyond“ beim Kongress für Cancer Immunotherapy (CIMT 2018) am 15.05.2018 in Mainz, unterstützt von Bristol-Myers Squibb, München.

Literatur

1. Motzer RJ et al. N Engl J Med 2018; 378: 1277-90.
2. Grünwald V et al.. Eur Urol 2015; 67(5):952-8
3. Escudier B et al. ESMO 2017 LBA5
4. Motzer RJ et al. SITC 2017 O38
5. Hellmann et al. N Engl J Med 2018, NEJMoa18011946.
7. Ribas A et al. Cell 2017; 179: 1109-19.