HER2-positive Karzinome: Trastuzumab-Biosimilar auf dem Markt

Das erste Biosimilar des monoklonalen Antikörpers Trastuzumab ist seit Mai 2018 zur Behandlung von Patienten mit HER2-positivem frühem oder metastasiertem Mammakarzinom sowie HER2-positivem metastasiertem Magenkarzinom in Deutschland erhältlich. Damit steht eine wirtschaftliche Alternative zum Originalpräparat zur Verfügung.

Mit dem Ablauf des Patentschutzes für Original-Biologika können Biosimilars dazu beitragen, den Zugang zu biologischen Arzneimitteln zu erweitern und – speziell in der Onkologie – Einsparungen im Gesundheitssystem zu ermöglichen, so der Tenor der Referenten bei der Einführungspressekonferenz des neuen Biosimilars.
Das biosimilare Trastuzumab (Herzuma®) zeigte in einer Phase-III-Studie mit 549 Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom eine mit dem Original-Trastuzumab vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit [1]. Die randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie bewertete die Äquivalenz zwischen biosimilarem und Referenz-Trastuzumab in der neoadjuvanten Behandlung von Patientinnen mit HER2-positivem frühem Brustkrebs. Primärer Endpunkt war die Rate der pathologischen Komplettremissionen (pCR; ypT0, ypN0) in der Per-Protocol-Population auf Basis eines zentralen Reviews. Unbehandelte Patientinnen mit operablem HER2-positivem Mammakarzinom (Stadium I–IIIa) erhielten randomisiert (1 : 1) eine neoadjuvante Behandlung mit je acht Zy­klen von entweder biosimilarem Trastuzumab oder Referenz-Trastuzumab, beide i. v. und in Kombination mit einer Standard-Chemotherapie gegeben. Nach der Operation mit Bestimmung der pCR-Rate folgte eine adjuvante Therapie mit den jeweiligen Antikörpern über bis zu zehn weitere Zyklen.
Ein vergleichbarer Anteil der Patientinnen erreichte unter beiden Medikationen eine pCR: 46,8% unter Herzuma® und 50,4% unter der Referenz-Substanz. Die Differenz zwischen beiden Behandlungsarmen lag innerhalb des vordefinierten Äquivalenzbereichs, sodass das Studienziel erreicht wurde. Die Ergebnisse waren unabhängig vom Hormonrezeptor-Status der Frauen, d. h. beide Behandlungsarme hatten ähnliche pCR-Raten bei Hormonrezeptor-positiver und -negativer Erkrankung. Auch das Sicherheitsprofil inklusive der Kardiotoxizität war in beiden Gruppen ähnlich. In einer weiteren Studie mit 70 Probanden erwies sich der biosimilare Antikörper dem Referenz-Trastuzumab in den Punkten Pharmakokinetik und Pharmakodynamik als ebenbürtig [2].

Biosimilars: Umdenken beim Zulassungsprozess

Der Hauptaufwand bei der Biosimilar-Entwicklung liegt in der analytischen und funktionellen Testung, um Ähnlichkeit zwischen Original und Nachfolgeprodukt auf molekularer Ebene nachzuweisen, erklärte Prof. Diana Lüftner, Charité Universitätsmedizin Berlin. „Das Produkt muss nicht das gleiche sein, aber das gleiche machen“, verdeutlichte sie. Auch das Referenzprodukt unterliege – je nach Charge – einer gewissen Variabilität. Der Zulassungsprozess von Biosimilars durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA (European Medicines Agency) erfordere von Medizinern ein Umdenken: Das Paradigma von umfangreichen Phase-III-Studien als entscheidendem Kriterium für die Zulassung eines Arzneimittels habe hier keine Gültigkeit. Klinische Phase-III-Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit müssen zwar in mindestens einer besonders sensitiven Indikation (hier HER2-positives Mammakarzinom) erhoben werden, dienen aber eher der Bestätigung von präklinischen und Phase-I-Studiendaten. Die Erkenntnisse könnten dann auf andere Entitäten extrapoliert werden.
Dass biosimilare Antikörper im klinischen Alltag bereits eingesetzt werden, erläuterte Lüftner an einem Beispiel aus ihrem Umfeld: An der Berliner Charité haben sich alle drei Campi darauf geeinigt, neu diagnostizierte onkologische Patienten auf zugelassene Biosimilars einzustellen. Nationale und internationale onkologische Fachgesellschaften wie die European Society for Medical Oncology (ESMO) und die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) sprechen sich ebenfalls für den Einsatz von Biosimilars aus. Ein unkontrollierter Produktwechsel sollte beim einzelnen Patienten allerdings nicht erfolgen, da dies auch die Zuordnung unerwünschter Ereignisse zu einem Produkt erschwere.  
Durch den Einsatz von Biosimilars und den dadurch ausgelösten Wettbewerb eröffneten sich Einsparpotenziale, die an anderer Stelle für Innovationen eingesetzt werden können, erklärte Dr. Jörg Schilling, Gynäkologe mit onkologischer Schwerpunktpraxis, Berlin. „Sparen ist hier nicht negativ zu sehen, sondern bedeutet, Geld für andere Dinge zu haben.“

Susanne Pickl

Einführungspressekonferenz „Herzuma® – erste Markteinführung eines Trastuzumab-Biosimilars in Deutschland“ am 15.05.2018 in Berlin, veranstaltet von Mundipharma GmbH, Limburg.

Literatur

1. Stebbing J et al. Lancet Oncol 2017; 18: 917-28.
2. Esteva FJ et al. Cancer Chemother Pharmacol 2018; 81: 505-14.