Ein internationales Expertenpanel hat im Namen des European LeukemiaNet das Fitness-Assessment von Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) unter die Lupe genommen [Venditti A et al. Blood Adv. 2025;9(9):2207-20]. Nach der Überzeugung des Panels ist die Bestimmung der körperlichen Leistungsfähigkeit entscheidend, um für jeden einzelnen Patienten die passende Therapie zu finden. Da die bisher verfügbaren Scoring-Systeme zur Einschätzung der Fitness jedoch nicht in Studien validiert seien, bestehe noch kein Konsens über die genaue Definition von Fitness oder darüber, welche spezifischen Parameter in eine Bewertung einbezogen werden sollten. Daneben wachse das Wissen über die Genetik der AML, was neue therapeutische Angriffsziele hervorbringe. Darüber hinaus seien beständig neue Medikamente verfügbar, die das Spektrum von weniger intensiven Therapiemöglichkeiten erweitern würden. Diese Entwicklung stelle den „Ja oder nein“-Ansatz (geeignet oder ungeeignet für eine Immuntherapie) infrage. Das Expertenpanel plädiert deshalb dafür, das Fitness-Assessment als nur ein Puzzleteil zu betrachten, das die Fähigkeit der Patienten umfasst, ein spezifisches Therapieprogramm durchzuhalten und davon zu profitieren. Die Panelmitglieder fordern eine umfassende Bewertung der Fitness, die über die traditionellen klinischen und biologischen Krankheitsmerkmale hinausgeht. Zudem soll sie patientenzentrierte Faktoren wie die Lebensqualität, die Vorstellungen der Patienten sowie die Selbsteinschätzung von Erkrankten zu ihrer physischen und sozialen Funktionsfähigkeit in den Bewertungsrahmen mit einschließen. Die Mehrheit des Panels sprach sich außerdem für eine frühe Integration der Palliativmedizin aus: Diese sollte bereits bei der Diagnosestellung Teil der Patientenversorgung sein und auf die Ziele, Präferenzen und Erwartungen der erkrankten Person zugeschnitten werden, wobei der Schwerpunkt auf dem Symptommanagement und der psychosozialen Unterstützung liege.
Sabrina Kempe