Rheuma: Mit weniger Kortison auskommen – Große multinationale Studie beurteilt frühzeitige Absetzung

Müssen Kortisonpräparate bei chronischen Entzündungskrankheiten wie Rheuma langfristig genommen werden? Oder lässt sich die Therapie frühzeitig absetzen, um typische Nebenwirkungen zu vermeiden? Und wie kann man diese Präparate absetzen, ohne dass es zu einem Entzugssyndrom kommt? Das hat ein Forschungsteam unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt in der großangelegten europäischen SEMIRA-Studie untersucht. Das Ergebnis: Die Fortsetzung der Kortisongabe zeigte zwar einen etwas besseren Behandlungserfolg, aber auch das Absetzen gelang in den meisten Fällen. So könnten langfristige Nebenwirkungen der Behandlung vermieden werden.
„Es gab bislang keine Ergebnisse aus doppelblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien, in denen ein niedrig dosiertes Prednison – das gängigste Kortisonpräparat – in einem Absetz-Schema mit gleichbleibend dosiertem Prednison verglichen wurde. In der SEMIRA-Studie haben wir dies beispielhaft bei dem Krankheitsbild der rheumatoiden Arthritis analysiert, das besonders häufig mit Glucocorticoiden behandelt wird“, erklärt der Erstautor der Studie, Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester. Er ist Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie am Campus Charité Mitte.
Bei 77 Prozent der Patientinnen und Patienten, die eine gleichbleibende Prednisondosis erhielten, gelang es, ein Wiederaufflammen der Entzündungen zu verhindern. Ein solcher Behandlungserfolg stellte sich auch bei 65 Prozent der Betroffenen ein, deren Therapie heruntergefahren wurde. Erfreulicherweise blieben beide Gruppen von klinisch relevanten Veränderungen ihrer Laborwerte, Entzugserscheinungen oder schwerwiegenden Problemen verschont. „Die Behandlungserfolgsrate von 65 Prozent beim Ausschleichen der Kortisonpräparate ist für eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Betroffenen von großer Bedeutung. Es kann nun im Einzelfall beurteilt werden, ob eine weitere Therapie mit Glucocorticoiden sinnvoll ist oder ein Absetzen versucht wird“, sagt Prof. Burmester.


Burmester et al., The Lancet. 2020. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30636-X
Quelle: Pressemitteilung Charité — Universitätsmedizin Berlin 07/2020