Multiple Sklerose (MS): Angriff auf die Schalt- und Speicherzentrale des Gehirns

MS wurde lange Zeit als Erkrankung der weißen Hirnsubstanz angesehen. Doch viele Krankheitssymptome der MS lassen sich nicht durch eine alleinige Schädigung der weißen Hirnsubstanz erklären. Symptome, wie z. B. chronische Fatigue oder Gedächtnisstörungen, weisen auf eine Schädigung der grauen Hirnsubstanz hin.
Über die Entwicklung eines neuen Modells, mit dem sich erstmals gezielt Schädigungen in der grauen Hirnsubstanz erforschen lassen, wurde nun ein neuer Krankheitsmechanismus bei MS entdeckt. Wissenschaftler des Instituts für Neuroimmunologie und Multiple-Sklerose-Forschung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) fanden im Tiermodell heraus, wie Immunzellen die graue Hirnsubstanz, die Schaltzentrale des Gehirns, angreifen und zerstören. Immunzellen, die gegen das in Nervenzellen vorkommende Eiweiß beta-Synuclein gerichtet sind, dringen gezielt in das Steuerzentrum des Gehirns ein und lösen vor Ort eine Entzündungsreaktion aus. Dadurch werden die hochspezialisierten und zarten Nervengeflechte geschädigt. Die fatale Folge: Das Gehirn schrumpft, und es kommt zu nicht reparierbaren neurologischen Ausfällen. Die Göttinger Wissenschaftler entdeckten zudem, dass solche zerstörerischen Immunzellen vor allem im Blut von MS-Erkrankten mit einem fortschreitend-chronischen Verlauf vermehrt sind. Diese Erkenntnisse könnten für diagnostische oder therapeutische Aspekte bei der MS von Bedeutung sein. Die Ergebnisse wurden in der Februar-2019-Ausgabe von „NATURE“ veröffentlicht.

Lodygin et al., Nature. 2019, doi: 10.1038/s41586-019-1047-0.
Quelle: Pressemitteilung Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität 03/2019