Es gibt Frauen, die zwar leicht schwanger werden, aber ihr Kind in den ersten Monaten verlieren. Das gilt für fünf Prozent der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Warum sie unter immer wiederkehrenden Spontanaborten leiden, bleibt selbst nach intensiver Untersuchung oft rätselhaft. Allerdings hat ein Forscherteam vom LMU-Hormon- & Kinderwunschzentrum Großhaderns nun eine Ursache des rätselhaften Phänomens aufgeklärt: Bei manchen der Frauen produzieren die Zellen des Trophoblasten, ein Teil der Plazenta, das Protein Alpha-Enolase – und transportieren es an ihre Oberfläche. Dort erkennt es das Immunsystem versehentlich als „feindlich“ und produziert Auto-Antikörper gegen das Oberflächenprotein. Im Zellkulturmodell zeigte sich, dass dadurch die Produktion des Schwangerschaftshormons humanes Choriongonadotropin (hCG) beeinträchtigt wird. hCG wird während der Schwangerschaft von der Plazenta gebildet und trägt dazu bei, die Schwangerschaft zu erhalten, indem es die Produktion von Progesteron ankurbelt.
Die Entdeckung könnte mittel- bis langfristig zu einer neuen, gezielten Therapie führen. Das Spannende: Die Alpha-Enolase ist ein Molekül, das auch im Krankheitsgeschehen weiterer wichtiger Autoimmunerkrankungen beteiligt ist – zum Beispiel bei Rheumatoider Arthritis oder bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie der Colitis ulcerosa. In diesem Sinne gibt es bereits zahlreiche Medikamente, die diesen Prozess und seine negativen Effekte reduzieren oder stoppen.
Was betroffene Frauen jetzt machen können
Schon jetzt raten die Forscher Frauen mit mehreren Aborten in der Vergangenheit, sich bei einer erneuten Schwangerschaft etwa bei einem Rheumatologen auf Antikörper gegen die Alpha-Enolase testen zu lassen.
Darüber hinaus geben Ärzte den betroffenen Frauen seit einigen Jahren sogenannte gepoolte polyvalente Immunglobuline – gebräuchliche Gemische von Antikörpern aus Spenderinnen-Blut. Manche der behandelten Frauen gebären nach dieser unspezifischen Therapie gesunde Kinder – höchstwahrscheinlich, weil die Immunglobuline die Antikörper gegen Alpha-Enolase unschädlich machen.
Ye et al., EBioMedicine. 2019, doi: 10.1016/j.ebiom.2019.02.027.
Quelle: Pressemitteilung Klinikum der Universität München 03/2019