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Wissenschaftliche Forschung für die klinische Praxis

Kongress der Society for Melanoma Research 2015, San Francisco

Die Society for Melanoma Research (SMR) sieht sich als Plattform der Kommunikation für Wissenschaftler, aber auch als Brücke zwischen Grundlagenforschung, translationaler und klinischer Forschung. So wurden auf der 12. Internationalen Konferenz der SMR in San Francisco neben Forschungsergebnissen zu Biologie, Genetik und Epigenetik der Tumoren auch klinisch relevante Studien und der Fortschritt auf diesem Gebiet gezeigt.

Kombinierte BRAF-/MEK-Inhibition verlängert Gesamtüberleben signifikant

Die BRAF-gerichtete Therapie hat sich bei Vorliegen einer entsprechenden Mutation als wirksame Option beim mali­gnen Melanom erwiesen. Treten unter der BRAF-Hemmung Resistenzen auf, so werden diese hauptsächlich durch weitere Modifikationen im MAPK-Signalweg hervorgerufen. In der multizentrischen, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie coBRIM wurde daher die Zugabe des MEK-Inhibitors Cobimetinib zur BRAF-Blockade mit Vemurafenib untersucht [1]. 495 Patienten mit nicht resektablem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, BRAFV600-mutiertem Melanom erhielten in der Erstlinie in einer 1 : 1-Randomisierung vierwöchige Zyklen von Cobimetinib (60 mg/d an den Tagen 1–21) plus Vemurafenib (960 mg zweimal täglich, Tag 1–28) oder Placebo plus Vemurafenib bis zu Tumorprogress oder nicht tolerierbarer Toxizität. Beim SMR-Kongress wurden die Ergebnisse zum Gesamtüberleben (OS) nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,5 Monaten präsentiert [2]. Die Zugabe von Cobimetinib zu Vemurafenib bewirkte eine signifikante und klinisch relevante Verlängerung des OS von median 17,4 auf 22,3 Monate (Hazard Ratio 0,70; p = 0,005). Der Unterschied bei den Überlebensraten blieb über zwei Jahre konsistent: Nach einem Jahr lebten 75% der Patienten im Kombinations- versus 64% im Kontrollarm, nach zwei Jahren noch 48% versus 38% der Patienten (Abb. 1). Die Überlebensverlängerung konnte in allen untersuchten Subgruppen beobachtet werden.

Da die Wirksamkeit der gegen BRAF gerichteten Therapie mit der Heterogenität der Aktivitäten in den Signalwegen der Tumoren variieren kann, wurden Biomarker-Analysen durchgeführt, nämlich die Korrelation zwischen OS und der Expression von Ki67 sowie der reduzierten Expression des Tumorsuppressor-Gens PTEN. Die exploratorische Untersuchung zeigte, dass die erhöhte Expression von Ki67 zu Beginn der Therapie keinen Einfluss auf das OS im Kombinationsarm hatte, während im Kontrollarm Patienten mit erhöhter Ki67-Aktivität weniger gut von der Therapie profitierten. Ebenso wurde für den Verlust von PTEN kein Einfluss auf die Kombinationstherapie gesehen, aber ein längeres Überleben bei höherem PTEN im Vemurafenib-Monotherapiearm.

Genexpressionsmuster in Melanom-Subgruppen korrelieren mit Therapie­erfolg

Im Rahmen der BRIM-Studien wurden genetische Analysen durchgeführt, um prädiktive Marker zu identifizieren [3]. Die retrospektive, exploratorische Analyse schloss insgesamt 621 Gewebeproben ein, die aus den Studien BRIM-2, BRIM-3, BRIM-7 und coBRIM gewonnen wurden. 232 Proben der BRIM-3-Studie wurden auf CD8-Expression untersucht, um CD8-positive Tumor-infiltrierende Lymphozyten zu identifizieren. 185 Proben der coBRIM-Studie wurden auf Ki67 geprüft, um den Proliferationsindex zu bestimmen. 198 Proben der coBRIM-Studie wurden durch RNA-Sequenzierung charakterisiert. Die Proteinexpression vor Studienmedikation wurde in 147 Formalin-fixierten Paraffinblöcken der coBRIM-Studie bestimmt. Es zeigte sich, dass die Proben hinsichtlich der Genexpressionen in immunregulatorische sowie in Zellzyklus-Cluster eingeteilt werden konnten, die mit dem progressionsfreien Überleben (PFS) assoziiert waren. Die Proben ließen sich entsprechend der Ausprägung dieser Cluster in drei Gruppen unterteilen: Patienten mit hoher Inzidenz immunregulatorischer Gene und niedrigem Zellzyklus, Proben mit geringer immunhistologischer Ausprägung und hohem Zellzyklus sowie eine Gruppe mit gemischter Ausprägung.
In allen Vemurafenib-Armen hatten Patienten des Immun-Clusters ein längeres PFS als solche des Zellzyklus-Clusters. In der coBRIM-Studie zeigte sich ein si­gnifikanter PFS-Unterschied zwischen den beiden Cluster-Subtypen im Vemurafenib/Placebo-Arm, nicht aber im Vemurafenib/Cobimetinib-Arm. Die Autoren folgerten, dass in der coBRIM-Studie die zusätzliche Gabe von Cobimetinib das Progressionsrisiko, das mit der hohen Zellzyklus-Expression einhergeht, möglicherweise überwinden kann.

Gepoolte Analyse identifiziert prognostische Charakteristika vor und während Therapie

Eine andere Herangehensweise der Patientenselektion wurde für die Kombination des BRAF-Inhibitors Dabrafenib mit dem MEK-Inhibitor Trametinib gewählt. In einer gepoolten Analyse wurden Faktoren zu Beginn und während der Behandlung untersucht, die mit einem verlängerten Ansprechen und/oder OS assoziiert waren. Zudem wurden die klinischen Bedingungen eines Tumorprogresses und der Einfluss auf das Überleben nach Rezidiv charakterisiert [4]. In den Studien COMBI-v, COMBI-d und in einer Phase-I/II-Studie wurden insgesamt 617 Therapie-naive Patienten mit Dabrafenib und Trametinib behandelt. Im Median betrug die Dauer der Nachbeobachtung 20 Monate, und 36% der Patienten waren zur Zeit der Analyse ohne Progress und am Leben. Das gepoolte OS betrug median 25,6 Monate mit einer 1-Jahres-OS-Rate von 74% und einer 2-Jahres-OS-Rate von 53%.
Laut Regressionsanalyse waren es vier Faktoren-Kombinationen zu Therapiebeginn, die das PFS beeinflussten: Hatten Patienten einen normalen Wert der Laktatdehydrogenase (LDH) plus weniger als drei Tumorlokalisationen, so betrug die 3-Jahres-PFS-Rate 42%, bei normaler LDH plus ≥ 3 Tumorlokalisationen waren es 17%. Lag die LDH zwischen ≥ 1x ULN und < 2x ULN, so wurde eine 3-Jahres-PFS-Rate von 18% und bei Patienten mit einer LDH ≥ 2 ULN von 2% gesehen. Für die Prognose des OS wurden fünf Faktorenkombinationen zu Therapiebeginn identifiziert: Die beste Prognose hatten wieder Patienten mit einer normalen LDH entsprechend der Anzahl der Tumorlokalisationen und die schlechteste Prognose Patienten mit einer LDH von
≥ 2x ULN. Bei Patienten mit einer LDH zwischen ≥ 1x ULN und < 2x ULN wurde die Prognose außerdem vom Allgemeinzustand (ECOG 0 vs. ECOG ≥ 1) mitbestimmt (Abb. 2).

Für das Überleben nach Tumorprogress spielt das Progressionsmuster die wichtigste Rolle: Patienten mit Progress innerhalb der „alten“ Läsionen und Patienten mit neuen Läsionen ohne Hirnmetastasen zeigten eine bessere Prognose gegenüber Patienten mit neuen ZNS-Läsionen oder neuen Läsionen plus Progress der „alten“ Läsionen. Zudem war die Summe der Läsions-Durchmesser bei Progress sowie der Allgemeinzustand von prognostischer Bedeutung. Nach Progress lag die 1-Jahres-OS-Rate bei 56% für Patienten mit Progress in den „alten“ Läsionen bzw. neuen Läsionen außerhalb des ZNS plus einer Summe der Läsions-Durchmesser < 42 mm bzw. bei 22%, wenn die Summe ≥ 42 mm betrug. Patienten mit neuen ZNS-Läsionen bzw. neuen Läsionen und Progress der „alten“ Läsionen zeigten im Falle eines ECOG 0 bei Tumorprogress eine 1-Jahres-OS-Rate von 26%, mit einem ECOG ≥ 1 von 7%.

Langzeitansprechen und erhaltene Lebensqualität unter Checkpoint-Blockade

Neben den zielgerichteten Therapien sind die Immuntherapien derzeit Therapieoptionen der Wahl. Die randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studie CheckMate-066 verglich Nivolumab versus Dacarbazin (DTIC) bei vorbehandelten Patienten mit inopera­blem malignem Melanom der Stadien III und IV und BRAF-Wildtyp. Die aktualisierten 2-Jahres-Ergebnisse bestätigen die gute Tolerabilität und das Erreichen eines Langzeitansprechens unter Nivolumab [5]. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,5 Monaten war das mediane OS im Nivolumab-Arm noch nicht erreicht, im DTIC-Arm betrug es 11,2 Monate (HR 0,43; p < 0,001). Nach einem Jahr lebten noch 70,7% versus 46,3% und nach zwei Jahren 57,7% versus 26,7% der Patienten. Die Expression von PD-L1 gibt Hinweise auf ein besseres Ansprechen, ist aber als prädiktiver Marker offensichtlich nicht geeignet: Unter Nivolumab wurde eine 2-Jahres-OS-Rate von 68,3% bei Patienten mit PD-L1-Expression ≥ 5% bzw. 54,2% bei Patienten mit PD-L1-Expression < 5% beobachtet. Auch das PFS war unter Nivolumab mit median 5,4 versus 2,2 Monaten signifikant länger als im Kontrollarm (HR 0,42; p < 0,0001). Die 1-Jahres-PFS-Raten für Nivolumab und DTIC betrugen 44,3% versus 7,7%. Nach zwei Jahren waren noch 39,2% der Patienten unter Nivolumab ohne Progress am Leben. Ein Ansprechen zeigten 42,9% der Patienten im Nivolumab-Arm und 14,4% der Patienten unter DTIC. 81% der Patienten mit Ansprechen im Nivolumab-Arm waren zur Zeit der präsentierten Auswertung weiterhin in Remission versus 50% der ansprechenden Patienten im Kontrollarm.
Dass die Lebensqualität der Patienten selbst bei Auftreten von Nebenwirkungen vom Grad 3/4 nicht unter der Immuntherapie leiden muss, zeigte eine Auswertung der CheckMate-067-Studie [6]. Die 3-armige Studie verglich Nivolumab versus Ipilimumab versus die Kombination der beiden Immuntherapeutika bei therapienaiven Patienten mit fortgeschrittenem Melanom. Das progressionsfreie Überleben, einer der beiden co-primären Endpunkte, war im Kombinationsarm gegenüber dem Nivolumab-Arm (HR 0,74) wie auch gegenüber dem Ipilimumab-Arm (HR 0,42) signifikant verlängert (median 11,5 vs. 6,9 vs. 2,9 Monate). Ein Ansprechen wurde bei 57,6% versus 43,7% versus 19,0% der Patienten gesehen, wobei die mediane Dauer des Ansprechens zur Zeit der Auswertung in keinem der Studienarme erreicht war.
Bei 55,0% versus 16,3% versus 27,3% der Patienten traten therapieassoziierte Nebenwirkungen von Grad 3/4 auf, und 29,4% versus 7,7% versus 14,8% der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. In CheckMate-067 wurde das Patient-Reported Outcome (PRO) als Änderung des globalen HRQoL-Scores und des Gesundheitsstatus ab Studienbeginn sowie als Änderungen in Funktions- und Symptom-Scores zu Studienbeginn und in den Wochen 13, 25 und 49 evaluiert. Die Lebensqualität der Patienten blieb laut ECOG QLQ-C30 und den EQ-5D-Skalen über einen Zeitraum von wenigstens einem Jahr innerhalb der Grenzen, in denen ein Patient eine Änderung nicht wahrnimmt. Um zu prüfen, ob Patienten mit höhergradigen Nebenwirkungen unter der Immuntherapie an Lebensqualität einbüßen, wurde die Subgruppe von Patienten mit Nebenwirkungen von Grad 3/4 in einer separaten Auswertung betrachtet. Auch hier zeigten sich keine Änderungen im EORTC QLQ-C30, die klinisch bedeutsam gewesen wären (Abb. 3).

Vielversprechende Ergebnisse mit intra­läsionaler Vakzine plus PD-1-Hemmung

Mit den meisten verfügbaren Therapien für das fortgeschrittene Melanom werden nur geringe Raten an kompletten Remissionen beobachtet. Mit der intraläsionalen Gabe von Talimogene laherparepvec (T-VEC) konnte in der 2 : 1 randomisierten Phase-III-Studie OPTiM ein dauerhaftes Ansprechen bei 16% der Patienten erreicht werden [7]. Durch die Kombination mit Pembrolizumab könnte der Therapieerfolg von T-VEC möglicherweise weiter gesteigert werden, so die Rationale für die Phase-Ib-Studie
MASTERKEY-265, deren erste Ergebnisse beim SMR präsentiert wurden [8]: In einer Phase-Ib-Studie mit T-VEC plus Ipilimumab waren ein Ansprechen bei 50% der Patienten und dauerhafte Remissionen bei 44% der Patienten beobachtet worden [9]. Pembrolizumab konnte das Risiko eines Krankheitsprogresses in der KEYNOTE-006-Studie im Vergleich zu Ipilimumab signifikant um 42% reduzieren [10]. In der MASTERKEY-265-Studie erhielten daher 21 therapienaive Patienten mit nicht resektablem Melanom im Stadium III oder IV und injizierbaren Läsionen intraläsionales T-VEC über fünf Wochen und dann zusätzlich 200 mg Pembrolizumab alle zwei Wochen bis zu Krankheitsprogress, Intoleranz gegenüber der Therapie oder über maximal zwei Jahre. Verschwanden alle injizierbaren Läsionen, so wurde T-VEC abgesetzt. Primärer Endpunkt war das Auftreten dosislimitierender Toxizitäten und sekundäre Endpunkte das Sicherheitsprofil, die Ansprechrate, die Dauer des Ansprechens, die Rate an anhaltenden Remissionen, PFS und OS.
T-VEC wurde median über 15 Wochen gegeben, Pembrolizumab über zwölf Wochen. Aufgrund von Nebenwirkungen brachen drei Patienten (14,3%) die Therapie mit T-VEC und fünf Patienten (23,8%) die Behandlung mit Pembrolizumab ab. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Fatigue (52%), Pyrexie (48%), Schüttelfrost (43%), Hautausschlag (38%), Kopfschmerzen (33%) und Übelkeit (33%). Es traten keine Grad-4-Nebenwirkungen auf, und es wurden keine dosislimitierenden Toxizitäten beobachtet. In einer sehr frühen Analyse des Ansprechens konnten 16 der Patienten ausgewertet werden: Die Ansprechrate betrug 56,3%, mit kompletter Remission bei 12,5 % und partieller Remission bei 43,8%; eine Krankheitsstabilisierung zeigten weitere 12,5% der Patienten.

Ine Schmale


Literatur
1. McArthur GA et al. Impact of baseline genetic heterogeneities on progression-free survival (PFS) in patients with advanced BRAFV600-mutated melanoma treated with cobimetinib + vemurafenib in the phase 3 coBRIM study. Eur J Cancer 2015; 51 (ESMO 2015, Abstract #25LBA).
2. Atkinson V et al. Improved overall survival with cobimetinib + vemurafenib in advanced BRAFV600-mutated melanoma and biomarker correlates of efficacy. SMR 2015, Late-Breaking Abstract
3. Wongchenko MJ et al. Gene expression profiling reveals distinct subpopulations of BRAF-mutant melanoma patients, each with different outcomes when treated with vemurafenib or combined vemurafenib and cobimetinib. Pigment Cell Melanoma Res 2015; 28: 823 (SMR 2015, Poster #225)
4. Long GV et al. Baseline and postbaseline characteristics associated with treatment benefit across dabrafenib and trametinib registration pooled data. Cell Melanoma Res 2015; 28: 793 (SMR 2015, Vortrag)
5. Atkinson V et al. Two-year survial and safety update in patients with treatment-naive advanced melanoma receiving nivolumab or dacarbazine in CheckMate 066. SMR 2015, Late-Breaking Abstract (Poster #7)
6. Schadendorf D et al. Patient reported outcomes from a phase 3 study of nivolumab alone or combined with ipilimumab vs ipilimumab in patients with advanced melanoma: CheckMate 067. Pigment Cell Melanoma Res 2015; 28: 810-1 (SMR 2015, Vortrag)
7. Arndtbacka RHI et al. Talimogene laherparepvec improves durable response rate in patients with advanced melanoma. J Clin Oncol 2015; 33: 2780-8.
8. Long GV et al. Primary analysis of MASTERKEY-265 phase 1b study of talimogene laherparepvec (T-VEC) and Pembrolizumab for unresectable stage IIIB-IV melanoma. SMR 2015, Late-Breaking Abstract.
9. Puzanov I et al. Survival, safety, and response patterns in a phase 1b multicenter trial of talimogene laherparepvec (T-VEC) and ipilimumab in previously untreated, unresected stage IIIB-IV melanoma. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): 494s (ASCO 2015, Abstract #9063).
10. Robert C et al. Pembrolizumab versus ipilimumab in advanced melanoma. N Engl J Med 2015; 372: 2521-32.
12th Congress of the Society for Melanoma Research (SMR), San Francisco, 18.–21. November 2015