Durchflusszytometer für Forschung und Routine: Immunsystem unter der Lupe

Die Durchflusszytometrie ist eine Methode zur Analyse und Charakterisierung von Partikeln in Suspensionen. Sie kommt in den unterschiedlichsten Bereichen zur Anwendung, unter anderem in der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik oder in der medizinischen und biologischen Forschung. Nach einigen präanalytischen Arbeitsschritten können so Zellen z. B. in Körperflüssigkeiten wie Blut oder Liquor anhand ihrer Größe, Morphologie und weiteren Eigenschaften identifiziert, quantifiziert und charakterisiert werden. Auch intrazelluläre Partikel, z. B. Lysosomen, lassen sich analysieren, wofür allerdings weitere präanalytische Schritte erforderlich sind.

Tabelle: Durchflusszytometrische Messung und Analyse

Die Geräte

In der diesjährigen tabellarischen Produktübersicht werden sechs Durchflusszytometer von insgesamt drei Herstellern vorgestellt. Vier Geräte sind CE-IVD- bzw. CE-IVDR-zertifiziert und kommen vor allem in der Routinediagnostik zum Einsatz. Die zwei übrigen Geräte werden in der Forschung eingesetzt (RUO), wobei Forschung und Routine gerade in diesem Bereich eng verknüpft sind. Neben dem Nachweis und der Quantifizierung bestimmter Zellen und Partikel ist es mithilfe sogenannter Zellsortierer außerdem möglich, Zellen, basierend auf zuvor definierten Parametern, in separate Auffanggefäße zu sortieren. Dies geschieht in der Regel durch das Anlegen eines elektrischen oder hydraulischen Impulses, der die Zielzellen in verschiedene Auffangbehälter ablenkt, während die nicht gewünschten Zellen ihren ursprünglichen Weg fortsetzen [1]. Die sortierten Zellen finden für weitere Analysen oder Experimente Verwendung.

Die vorgestellten Geräte verfügen über einen bis maximal sechs Laser; die Anzahl der Laser kann aber noch deutlich höher sein, genau wie die Anzahl der Detektoren.

 

Die Präanalytik

Zur Präanalytik gehört zuallererst die Probenzufuhr. Diese erfolgt idealerweise vollautomatisiert über einen Autoloader oder ein Probenkarussell. Beide Ladesys­teme können direkt mit Primärproben bestückt werden. Die Primärproben liegen je nach Anwendung in Probenröhrchen oder auf Mikrotiterplatten vor.

Im nächsten Schritt werden Partikel, die nicht erfasst werden sollen, durch Lyse aus der Suspension entfernt. Wenn es sich bei dem Untersuchungsmaterial um Vollblut handelt, sind es die Erythrozyten, welche die Analyse der Leukozyten-Subpopulationen stören. Anschließend werden die verbleibenden Zellen fixiert und gefärbt. Die Färbung erfolgt mit spezifischen Antikörpern, an die Fluoreszenz-Moleküle gekoppelt sind. Ungebundene Antikörper-Komplexe müssen dann noch durch Waschen entfernt werden, bevor die eigentliche Messung erfolgen kann.

 

Das Messprinzip

Das Messprinzip beruht grundsätzlich auf der Tatsache, dass Zellen, wenn sie von einem Laser angestrahlt werden, Licht in verschiedene Richtungen streuen. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Zellen von dem Laser getroffen werden, liegen sie als Antigen-Antikörper-Komplex mit spezifischen, Fluoreszenz-markierten Antikörpern vor. Dank der Fluoreszenz-Markierung strahlen die Antigen-Antikörper-Komplexe selbst Fluoreszenz ab. Das abgestrahlte Licht wird wiederum mithilfe von hochempfindlichen Detektoren aufgezeichnet. Die Detektoren sind dabei an bestimmten Stellen platziert, um das von den Partikeln abgestrahlte Streulicht aufzufangen. Von einer der Stellen wird das Vorwärts-Streulicht (FSC = Forward Scatter) detektiert, das als Maß für die Größe herangezogen wird. Eine weitere Messstelle zeichnet das Seitwärtsstreulicht (SSC = Side Scatter) auf, das als Maß für die Granularität der Partikel gilt. Die spezifischen Antikörper binden an die Cluster of Differentiation (CD), Oberflächenmarker auf den Zellen. So gilt CD4 als Marker für T- und CD19 als Marker für B-Zellen.

Zwei Durchflusszytometer sind mit einem violetten Seitwärtsstreulicht-Detektor (VSSC) ausgestattet. Mit diesem lassen sich Nanopartikel, z. B. extrazelluläre Vesikel (EV), nachweisen. Die Signale werden mit hochempfindlichen Detektoren aufgezeichnet. Ein Signal entspricht einem Ereignis pro Sekunde (event/sec). Pro Sekunde können mehrere 10.000 Events aufgezeichnet werden (s. Tabelle).

Um den Probenstrom so zu leiten, dass die Zellen einzeln den Messpunkt passieren können, wird die Probe (Zellsuspension) in einen Hüllstrom injiziert, der eine höhere Fließgeschwindigkeit aufweist. Dadurch entsteht ein laminarer Fluss, dessen Strom auf den Durchmesser der Zellen verjüngt wird. Die Signale, die von den Partikeln beim Passieren des Lasers abgegeben werden, werden aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Auswertung

Es kann zur spektralen Überschneidung der Fluorochrome kommen, wodurch zwei oder mehrere vom gleichen Detektor erfasst werden können. Durch diese falsch erfassten Signale wird die Auswertung verfälscht. Das kann mathematisch korrigiert werden: Der Anteil der Signale, die den falschen Detektoren erreichen, wird „subtrahiert“. Diese Korrektur wird als Kompensation bezeichnet und kann teilweise automatisch ablaufen. Für die Auswertung stehen zahlreiche Formen von Plots und Diagrammen zur Verfügung. Details können Sie der Tabelle entnehmen. Oft ist es aber am besten, sich über die Auswertungsmöglichkeiten beim jeweiligen Hersteller zu informieren.

 

Anwendungsbeispiele

Typische Anwendungen finden sich beispielsweise im Bereich der Immunologie zur Analyse von T-Zellen, B-Zellen, dendritischen Zellen, Makrophagen und anderen Immunzellen. Auch in der Onkologie kommen Durchflusszytometer zum Einsatz. Beispielsweise kann dissoziiertes Tumorgewebe analysiert werden. Sie ermöglichen unter anderem die Untersuchung hochkomplexer Zellpopulationen auf Vitalität, Integrität und Apoptose und tragen damit zur Überwachung des Gesundheitszustands von Personen beispielsweise mit HIV bei.

Ein Assay, der in der Routinediagnostik eingesetzt wird, ist der TBNK-Assay, der von einigen Anbietern CE-IVD- oder CE-IVDR-zertifiziert angeboten wird. Dieser Assay bestimmt die Zellzahl für T- und B-Zellen sowie natürliche Killerzellen.

Bei einem Gerät gibt es die Möglichkeit, auf „Primäre Immundefektkrankeiten“ (PID) bei Kindern zu untersuchen [2]. Dafür stehen vorgefertigte, sogenannte dried tubes zur Verfügung, deren Wände bereits mit den erforderlichen Antikörpern beschichtet sind. Das spart Arbeitsschritte und erhöht die Haltbarkeit der Reagenzien; diese stehen auch für den Nachweis weiterer Erkrankungen zur Verfügung.

Alle CE-IVD- oder CE-IVDR-zertifizierten Assays der einzelnen Hersteller sehen Sie links.

 

Qualitätskontrolle

Für die Qualitätskontrolle stellen alle Hersteller Software und mehrere  Hersteller eigene Kontroll- und Referenzmaterialien zur Verfügung. Auch unabhängige Kontrollen sind für die Durchflusszytometrie verfügbar. Ein Hersteller bietet die Darstellung der Kontrollkarten mit den Messwerten, wie sie im medizinischen Labor seit vielen Jahrzehnten bekannt ist – die Auswertung nach Levey-Jennings – an.

Dr. Gabriele Egert
Prof. Dr. Rudolf Gruber
Mitglieder der Redaktion