Krebserkrankungen entstehen, wenn Mutationen in kritischen Genen akkumulieren, die die normalen Programme von Zellproliferation, -differenzierung und -tod stören. Im vierten Teil unserer Biomarker-Serie widmen wir uns einer weiteren dieser onkologischen Treibermutationen an zentralen Punkten in zellulären Signalübertragungswegen – den Mutationen des BRAF-Gens, den für den Nachweis notwendigen molekularpathologischen Testverfahren und den sich aus der genetischen Alteration ergebenden therapeutischen Konsequenzen. Das BRAF-Gen (proto-oncogene B-Raf oder v-Raf murine sarcoma viral oncogene homolog B1) kodiert für die Serin/Threonin-Protein-kinase B-Raf, die durch die Mutation des BRAF-Gens konstitutiv aktiviert ist. Das Protoonkogen ist in mutierter Form bei einigen malignen Tumoren nachweisbar, u. a. beim malignen Melanom, kolorektalen Karzinom (CRC), nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) sowie bei einigen glialen Hirntumoren und beim Schilddrüsenkarzinom. Bei diesen Tumoren spielt die molekularbiologische Untersuchung auf eine BRAF-Mutation eine wichtige Rolle für Diagnostik und Prognoseabschätzung sowie bei einigen Entitäten auch für die Therapieplanung. So bietet die das Tumorwachstum fördernde BRAF-V600-Mutation auch einen Angriffspunkt für eine zielgerichtete Therapie mit spezifischen Tyrosinkinase-Inhibitoren: den BRAF-Inhibitoren wie Vemurafenib, Dabrafenib und Encorafenib. Diese werden meist in Kombination mit MEK-Inhibitoren eingesetzt, die weiter "downstream" im Signalweg ansetzen. Bei Weitem am häufigsten tritt die BRAF-V600-Mutation beim Melanom auf. Hier gibt es auch die breiteste Zulassung für Therapien mit BRAF-Inhibitoren, während beim NSCLC bisher nur ein BRAF-Inhibitor für die Behandlung in der metastasierten Situation zugelassen ist. Beim CRC wurde vor Kurzem die Kombination aus BRAF- und EGFR-Inhibitor als erste zielgerichtete Therapie speziell für Patienten mit BRAF-V600E-mutiertem metastasiertem CRC zugelassen.
Mascha Pömmerl